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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.

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Ich will ihn loben bis in Tod!
Weil ich noch Stunden auf Erden zähle,
Will ich lobsingen meinem Gott;
Der Leib und Seel' gegeben hat,
Werde gepriesen früh und spat.
Halleluja, Halleluja,
Selig, ja selig ist der zu nennen,
Deß Hülfe der Gott Jacob ist,
Der sich vom Glauben läßt gar nichts trennen
Und hofft getrost auf Jesum Christ.
Wer diesen Herrn zum Beistand hat,
Am besten findet Rath und That.
Halleluja, Halleluja.

Die Tante kam gerade zur rechten Zeit heraus,
um die letzten Strophen mit zu singen, dann aber
mußte ihr weiches Herz erst einige Freudenthränen
weinen. Und als nun Vater Buchstein drüben in sei¬
ner Hausthür erschien, ward beschlossen, augenblicklich
einige Latten vom Stacket zu nehmen und eine Oeff¬
nung zur Thür zwischen beiden Gärten zu machen.
Benjamin kam flugs herunter und brachte dem Fritz
das Handwerkszeug entgegen, und mit fröhlichen Wor¬
ten und Mienen half die ganze Gesellschaft bei der
Arbeit. Während der alte Buchstein am Krückstock
langsam herangeschlichen kam, um den sonderbaren
Lärm zu untersuchen, war die Oeffnung schon fertig,
und Fritz führte Braut und Schwiegermutter dem Va¬
ter entgegen.


Klärchen verlebte ihre Flitterwochen in ungetrüb¬
tem Vergnügen. Günther suchte ihr den ersten Tag
vergessen zu machen. Er führte sie in Kaffeegärten,

Ich will ihn loben bis in Tod!
Weil ich noch Stunden auf Erden zähle,
Will ich lobſingen meinem Gott;
Der Leib und Seel' gegeben hat,
Werde geprieſen früh und ſpat.
Halleluja, Halleluja,
Selig, ja ſelig iſt der zu nennen,
Deß Hülfe der Gott Jacob iſt,
Der ſich vom Glauben läßt gar nichts trennen
Und hofft getroſt auf Jeſum Chriſt.
Wer dieſen Herrn zum Beiſtand hat,
Am beſten findet Rath und That.
Halleluja, Halleluja.

Die Tante kam gerade zur rechten Zeit heraus,
um die letzten Strophen mit zu ſingen, dann aber
mußte ihr weiches Herz erſt einige Freudenthränen
weinen. Und als nun Vater Buchſtein drüben in ſei¬
ner Hausthür erſchien, ward beſchloſſen, augenblicklich
einige Latten vom Stacket zu nehmen und eine Oeff¬
nung zur Thür zwiſchen beiden Gärten zu machen.
Benjamin kam flugs herunter und brachte dem Fritz
das Handwerkszeug entgegen, und mit fröhlichen Wor¬
ten und Mienen half die ganze Geſellſchaft bei der
Arbeit. Während der alte Buchſtein am Krückſtock
langſam herangeſchlichen kam, um den ſonderbaren
Lärm zu unterſuchen, war die Oeffnung ſchon fertig,
und Fritz führte Braut und Schwiegermutter dem Va¬
ter entgegen.


Klärchen verlebte ihre Flitterwochen in ungetrüb¬
tem Vergnügen. Günther ſuchte ihr den erſten Tag
vergeſſen zu machen. Er führte ſie in Kaffeegärten,

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[98/0104] Ich will ihn loben bis in Tod! Weil ich noch Stunden auf Erden zähle, Will ich lobſingen meinem Gott; Der Leib und Seel' gegeben hat, Werde geprieſen früh und ſpat. Halleluja, Halleluja, Selig, ja ſelig iſt der zu nennen, Deß Hülfe der Gott Jacob iſt, Der ſich vom Glauben läßt gar nichts trennen Und hofft getroſt auf Jeſum Chriſt. Wer dieſen Herrn zum Beiſtand hat, Am beſten findet Rath und That. Halleluja, Halleluja. Die Tante kam gerade zur rechten Zeit heraus, um die letzten Strophen mit zu ſingen, dann aber mußte ihr weiches Herz erſt einige Freudenthränen weinen. Und als nun Vater Buchſtein drüben in ſei¬ ner Hausthür erſchien, ward beſchloſſen, augenblicklich einige Latten vom Stacket zu nehmen und eine Oeff¬ nung zur Thür zwiſchen beiden Gärten zu machen. Benjamin kam flugs herunter und brachte dem Fritz das Handwerkszeug entgegen, und mit fröhlichen Wor¬ ten und Mienen half die ganze Geſellſchaft bei der Arbeit. Während der alte Buchſtein am Krückſtock langſam herangeſchlichen kam, um den ſonderbaren Lärm zu unterſuchen, war die Oeffnung ſchon fertig, und Fritz führte Braut und Schwiegermutter dem Va¬ ter entgegen. Klärchen verlebte ihre Flitterwochen in ungetrüb¬ tem Vergnügen. Günther ſuchte ihr den erſten Tag vergeſſen zu machen. Er führte ſie in Kaffeegärten,

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Zitationshilfe: Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/104>, abgerufen am 22.11.2024.