Darstellung des einförmigen Aethers raubt, und iede Gestalt demselben eindrückt die ihm gegenüber stehet: so glaub ich, daß Sie Lottchens Herzen eine Richtung geben kön- nen welche sie wollen, und es wird dem Mechanismus des Spiegels folgen. Da- mit sich aber kein unberufner Dienstbeflisse- ner diesem Geschäft unterziehe, rath ich Jhnen keine Zeit zu verliehren, und mit dem Vetter Anton Junior rasch an Lottchens Herz zu rücken, der Erfolg wird hoffentlich Jhren Wünschen entsprechen. Besser wärs, daß sich von ihrer Seite die Zuneigung zu ihm so deutlich veroffenbahrte, als von der seinigen zu ihr; aber weils ihre Familien- observanz so mit sich bringt, daß die Liebe von der weiblichen Seite in der Eh' allererst nachkommt: so könnts, dächt ich, den vor- liegenden Umständen nach beym alten Her- kommen bleiben. Jst Jhre Erfahrung ge- gründet, daß die Eheliebe dem Salpeterfraß
zu
O 5
Darſtellung des einfoͤrmigen Aethers raubt, und iede Geſtalt demſelben eindruͤckt die ihm gegenuͤber ſtehet: ſo glaub ich, daß Sie Lottchens Herzen eine Richtung geben koͤn- nen welche ſie wollen, und es wird dem Mechanismus des Spiegels folgen. Da- mit ſich aber kein unberufner Dienſtbefliſſe- ner dieſem Geſchaͤft unterziehe, rath ich Jhnen keine Zeit zu verliehren, und mit dem Vetter Anton Junior raſch an Lottchens Herz zu ruͤcken, der Erfolg wird hoffentlich Jhren Wuͤnſchen entſprechen. Beſſer waͤrs, daß ſich von ihrer Seite die Zuneigung zu ihm ſo deutlich veroffenbahrte, als von der ſeinigen zu ihr; aber weils ihre Familien- obſervanz ſo mit ſich bringt, daß die Liebe von der weiblichen Seite in der Eh’ allererſt nachkommt: ſo koͤnnts, daͤcht ich, den vor- liegenden Umſtaͤnden nach beym alten Her- kommen bleiben. Jſt Jhre Erfahrung ge- gruͤndet, daß die Eheliebe dem Salpeterfraß
zu
O 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0225"n="217"/>
Darſtellung des einfoͤrmigen Aethers raubt,<lb/>
und iede Geſtalt demſelben eindruͤckt die ihm<lb/>
gegenuͤber ſtehet: ſo glaub ich, daß Sie<lb/>
Lottchens Herzen eine Richtung geben koͤn-<lb/>
nen welche ſie wollen, und es wird dem<lb/>
Mechanismus des Spiegels folgen. Da-<lb/>
mit ſich aber kein unberufner Dienſtbefliſſe-<lb/>
ner dieſem Geſchaͤft unterziehe, rath ich<lb/>
Jhnen keine Zeit zu verliehren, und mit<lb/>
dem Vetter Anton <hirendition="#aq">Junior</hi> raſch an Lottchens<lb/>
Herz zu ruͤcken, der Erfolg wird hoffentlich<lb/>
Jhren Wuͤnſchen entſprechen. Beſſer waͤrs,<lb/>
daß ſich von ihrer Seite die Zuneigung zu<lb/>
ihm ſo deutlich veroffenbahrte, als von der<lb/>ſeinigen zu ihr; aber weils ihre Familien-<lb/>
obſervanz ſo mit ſich bringt, daß die Liebe<lb/>
von der weiblichen Seite in der Eh’ allererſt<lb/>
nachkommt: ſo koͤnnts, daͤcht ich, den vor-<lb/>
liegenden Umſtaͤnden nach beym alten Her-<lb/>
kommen bleiben. Jſt Jhre Erfahrung ge-<lb/>
gruͤndet, daß die Eheliebe dem Salpeterfraß<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">zu</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[217/0225]
Darſtellung des einfoͤrmigen Aethers raubt,
und iede Geſtalt demſelben eindruͤckt die ihm
gegenuͤber ſtehet: ſo glaub ich, daß Sie
Lottchens Herzen eine Richtung geben koͤn-
nen welche ſie wollen, und es wird dem
Mechanismus des Spiegels folgen. Da-
mit ſich aber kein unberufner Dienſtbefliſſe-
ner dieſem Geſchaͤft unterziehe, rath ich
Jhnen keine Zeit zu verliehren, und mit
dem Vetter Anton Junior raſch an Lottchens
Herz zu ruͤcken, der Erfolg wird hoffentlich
Jhren Wuͤnſchen entſprechen. Beſſer waͤrs,
daß ſich von ihrer Seite die Zuneigung zu
ihm ſo deutlich veroffenbahrte, als von der
ſeinigen zu ihr; aber weils ihre Familien-
obſervanz ſo mit ſich bringt, daß die Liebe
von der weiblichen Seite in der Eh’ allererſt
nachkommt: ſo koͤnnts, daͤcht ich, den vor-
liegenden Umſtaͤnden nach beym alten Her-
kommen bleiben. Jſt Jhre Erfahrung ge-
gruͤndet, daß die Eheliebe dem Salpeterfraß
zu
O 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/225>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.