Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Verwünscht! Diese Antwort war wieder
ein Riegel vor die Thür des iüngferlichen
Herzens, und mein Spähungsgeist, als ichs
genau besah, fand sich exmittirt; ob ich
gleich wähnt, es stünden mir beyde Flügel-
thüren offen, und ich könnt' mich gemäch-
lich drinn besehen. Weil ich nun nicht so
leer wollte mich abweisen lassen, versucht
ichs auf ein' andre Manier, vermeint'
durchs Fenster einzusteigen, sah ihr scharf
in die Augen und sprach: so belehren Sie
mich doch, wo Sie die gerühmte Ueberein-
stimmung beyder Physiognomien wahrzu-
nehmen glauben?

Sie. Das weiß ich Jhnen aus den Ge-
sichtszügen nicht zu sagen. Aber Herrn La-
vaters Urtheil über Wests Profil, dünkt mich
so gut auf den Herrn Drüschling als auf den
Vetter Anton anwendbar zu seyn, und dar-
aus vermuthete ich, daß auch die Gesichter
harmoniren müßten.

Das
O

Verwuͤnſcht! Dieſe Antwort war wieder
ein Riegel vor die Thuͤr des iuͤngferlichen
Herzens, und mein Spaͤhungsgeiſt, als ichs
genau beſah, fand ſich exmittirt; ob ich
gleich waͤhnt, es ſtuͤnden mir beyde Fluͤgel-
thuͤren offen, und ich koͤnnt’ mich gemaͤch-
lich drinn beſehen. Weil ich nun nicht ſo
leer wollte mich abweiſen laſſen, verſucht
ichs auf ein’ andre Manier, vermeint’
durchs Fenſter einzuſteigen, ſah ihr ſcharf
in die Augen und ſprach: ſo belehren Sie
mich doch, wo Sie die geruͤhmte Ueberein-
ſtimmung beyder Phyſiognomien wahrzu-
nehmen glauben?

Sie. Das weiß ich Jhnen aus den Ge-
ſichtszuͤgen nicht zu ſagen. Aber Herrn La-
vaters Urtheil uͤber Weſts Profil, duͤnkt mich
ſo gut auf den Herrn Druͤſchling als auf den
Vetter Anton anwendbar zu ſeyn, und dar-
aus vermuthete ich, daß auch die Geſichter
harmoniren muͤßten.

Das
O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0217" n="209"/>
          <p>Verwu&#x0364;n&#x017F;cht! Die&#x017F;e Antwort war wieder<lb/>
ein Riegel vor die Thu&#x0364;r des iu&#x0364;ngferlichen<lb/>
Herzens, und mein Spa&#x0364;hungsgei&#x017F;t, als ichs<lb/>
genau be&#x017F;ah, fand &#x017F;ich exmittirt; ob ich<lb/>
gleich wa&#x0364;hnt, es &#x017F;tu&#x0364;nden mir beyde Flu&#x0364;gel-<lb/>
thu&#x0364;ren offen, und ich ko&#x0364;nnt&#x2019; mich gema&#x0364;ch-<lb/>
lich drinn be&#x017F;ehen. Weil ich nun nicht &#x017F;o<lb/>
leer wollte mich abwei&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, ver&#x017F;ucht<lb/>
ichs auf ein&#x2019; andre Manier, vermeint&#x2019;<lb/>
durchs Fen&#x017F;ter einzu&#x017F;teigen, &#x017F;ah ihr &#x017F;charf<lb/>
in die Augen und &#x017F;prach: &#x017F;o belehren Sie<lb/>
mich doch, wo Sie die geru&#x0364;hmte Ueberein-<lb/>
&#x017F;timmung beyder Phy&#x017F;iognomien wahrzu-<lb/>
nehmen glauben?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Sie</hi>. Das weiß ich Jhnen aus den Ge-<lb/>
&#x017F;ichtszu&#x0364;gen nicht zu &#x017F;agen. Aber Herrn La-<lb/>
vaters Urtheil u&#x0364;ber We&#x017F;ts Profil, du&#x0364;nkt mich<lb/>
&#x017F;o gut auf den Herrn Dru&#x0364;&#x017F;chling als auf den<lb/>
Vetter Anton anwendbar zu &#x017F;eyn, und dar-<lb/>
aus vermuthete ich, daß auch die Ge&#x017F;ichter<lb/>
harmoniren mu&#x0364;ßten.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">O</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0217] Verwuͤnſcht! Dieſe Antwort war wieder ein Riegel vor die Thuͤr des iuͤngferlichen Herzens, und mein Spaͤhungsgeiſt, als ichs genau beſah, fand ſich exmittirt; ob ich gleich waͤhnt, es ſtuͤnden mir beyde Fluͤgel- thuͤren offen, und ich koͤnnt’ mich gemaͤch- lich drinn beſehen. Weil ich nun nicht ſo leer wollte mich abweiſen laſſen, verſucht ichs auf ein’ andre Manier, vermeint’ durchs Fenſter einzuſteigen, ſah ihr ſcharf in die Augen und ſprach: ſo belehren Sie mich doch, wo Sie die geruͤhmte Ueberein- ſtimmung beyder Phyſiognomien wahrzu- nehmen glauben? Sie. Das weiß ich Jhnen aus den Ge- ſichtszuͤgen nicht zu ſagen. Aber Herrn La- vaters Urtheil uͤber Weſts Profil, duͤnkt mich ſo gut auf den Herrn Druͤſchling als auf den Vetter Anton anwendbar zu ſeyn, und dar- aus vermuthete ich, daß auch die Geſichter harmoniren muͤßten. Das O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/217
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/217>, abgerufen am 28.11.2024.