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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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verliebt' verschlingend, als es der Text
charakterisirt?

Sie. Das alles; aber ich kan die ver-
liebten Verschlinger nicht ausstehn, darum
bin ich dem Raphael gram.

Jch. Jn gewissem Verstande mögen Sie
wohl Recht haben; aber im Künstlersinn
sind die verliebten Verschlinger nicht so
widerlich wie im sentimentalischen. Hier
deutet das Wort auf Künstlerenthusiasmus,
und erklärt sich aus dem Beysatz: trunken
im Sehen und Fühlen.

Sie. Mir kommt das Gesicht sehr nüch-
tern vor, es hat meiner Empfindung nach
ein süßlich fades Ansehen, dadurch mirs
zuwider wird. Doch kanns seyn, daß ich
mit den Augen der Liliputianer sehe, denen
das viereckig war, was die Hofparthey
rund erblickte.

Jch. Wunderbar! Ein physiognomi-
scher Kunstrichter hat diese Abkonterfeyung

gerad
N 4

verliebt’ verſchlingend, als es der Text
charakteriſirt?

Sie. Das alles; aber ich kan die ver-
liebten Verſchlinger nicht ausſtehn, darum
bin ich dem Raphael gram.

Jch. Jn gewiſſem Verſtande moͤgen Sie
wohl Recht haben; aber im Kuͤnſtlerſinn
ſind die verliebten Verſchlinger nicht ſo
widerlich wie im ſentimentaliſchen. Hier
deutet das Wort auf Kuͤnſtlerenthuſiaſmus,
und erklaͤrt ſich aus dem Beyſatz: trunken
im Sehen und Fuͤhlen.

Sie. Mir kommt das Geſicht ſehr nuͤch-
tern vor, es hat meiner Empfindung nach
ein ſuͤßlich fades Anſehen, dadurch mirs
zuwider wird. Doch kanns ſeyn, daß ich
mit den Augen der Liliputianer ſehe, denen
das viereckig war, was die Hofparthey
rund erblickte.

Jch. Wunderbar! Ein phyſiognomi-
ſcher Kunſtrichter hat dieſe Abkonterfeyung

gerad
N 4
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[199/0207] verliebt’ verſchlingend, als es der Text charakteriſirt? Sie. Das alles; aber ich kan die ver- liebten Verſchlinger nicht ausſtehn, darum bin ich dem Raphael gram. Jch. Jn gewiſſem Verſtande moͤgen Sie wohl Recht haben; aber im Kuͤnſtlerſinn ſind die verliebten Verſchlinger nicht ſo widerlich wie im ſentimentaliſchen. Hier deutet das Wort auf Kuͤnſtlerenthuſiaſmus, und erklaͤrt ſich aus dem Beyſatz: trunken im Sehen und Fuͤhlen. Sie. Mir kommt das Geſicht ſehr nuͤch- tern vor, es hat meiner Empfindung nach ein ſuͤßlich fades Anſehen, dadurch mirs zuwider wird. Doch kanns ſeyn, daß ich mit den Augen der Liliputianer ſehe, denen das viereckig war, was die Hofparthey rund erblickte. Jch. Wunderbar! Ein phyſiognomi- ſcher Kunſtrichter hat dieſe Abkonterfeyung gerad N 4

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/207>, abgerufen am 23.11.2024.