das Spiel verdorben hätte, so wär auch son- der Zweifel alles der Familienobservanz ge- mäß zur Richtigkeit gekommen, ohne daß ich mir etwas von einer Jllegalität in der Heurathsprozedur hätte ahnden lassen. Jch verstehs und begreifs auch bis diese Stunde nicht, wie ein tugendlich und ehrlich gesinn- tes Mädchen Herzensangelegenheiten haben kan, eh und bevor sie von denen, die über sie Macht und Gewalt haben, dazu autho- risiret wird. Bekanntlich gehören die Kin- der, und folglich auch die filiae samilias unter die Sachen und nicht unter die Perso- nen, haben mithin auch kein Recht über ihr Herz zu disponiren.
Eben drum, sprach ich, zählt Jhre wer- the Gattin Lottchen unter die Mobilien, über welche sie laut Hausvertrag das do- minium directum besitzt. Diese unverse- hene Konsequenz, die ich ambulando mei- nem Begleiter queer über den Weg iagte,
schien
das Spiel verdorben haͤtte, ſo waͤr auch ſon- der Zweifel alles der Familienobſervanz ge- maͤß zur Richtigkeit gekommen, ohne daß ich mir etwas von einer Jllegalitaͤt in der Heurathsprozedur haͤtte ahnden laſſen. Jch verſtehs und begreifs auch bis dieſe Stunde nicht, wie ein tugendlich und ehrlich geſinn- tes Maͤdchen Herzensangelegenheiten haben kan, eh und bevor ſie von denen, die uͤber ſie Macht und Gewalt haben, dazu autho- riſiret wird. Bekanntlich gehoͤren die Kin- der, und folglich auch die filiae ſamilias unter die Sachen und nicht unter die Perſo- nen, haben mithin auch kein Recht uͤber ihr Herz zu diſponiren.
Eben drum, ſprach ich, zaͤhlt Jhre wer- the Gattin Lottchen unter die Mobilien, uͤber welche ſie laut Hausvertrag das do- minium directum beſitzt. Dieſe unverſe- hene Konſequenz, die ich ambulando mei- nem Begleiter queer uͤber den Weg iagte,
ſchien
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das Spiel verdorben haͤtte, ſo waͤr auch ſon-
der Zweifel alles der Familienobſervanz ge-
maͤß zur Richtigkeit gekommen, ohne daß
ich mir etwas von einer Jllegalitaͤt in der
Heurathsprozedur haͤtte ahnden laſſen. Jch
verſtehs und begreifs auch bis dieſe Stunde
nicht, wie ein tugendlich und ehrlich geſinn-
tes Maͤdchen Herzensangelegenheiten haben
kan, eh und bevor ſie von denen, die uͤber
ſie Macht und Gewalt haben, dazu autho-
riſiret wird. Bekanntlich gehoͤren die Kin-
der, und folglich auch die filiae ſamilias
unter die Sachen und nicht unter die Perſo-
nen, haben mithin auch kein Recht uͤber ihr
Herz zu diſponiren.
Eben drum, ſprach ich, zaͤhlt Jhre wer-
the Gattin Lottchen unter die Mobilien,
uͤber welche ſie laut Hausvertrag das do-
minium directum beſitzt. Dieſe unverſe-
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nem Begleiter queer uͤber den Weg iagte,
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/179>, abgerufen am 16.02.2025.
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