sag ich, diese herzigen Büchlein, worinn die Gerechtsame der ersten Liebe, durch ein- dringliche Exempel ins Licht gestellt werden, dergestalt, daß sich alle Eltern daran spie- geln können, die ihre Kinder, absonderlich die Töchter mit Heurathsvorschlägen tyran- nisiren. Werden daraus belehrt, wie sie's auf Seel und Gewissen haben, wenn sich ein braver frischer Junge, den sie nicht zum Schwiegersohn mögen, abzehrt, kümmer- lich zusammen schrumpft, und hinwelkt wie ein Apfelschnitt auf einen Zwirnsfaden am heißen Ofen, oder gar auf das Leib und Seel verderbliche Extremum des Selbstmor- des verfällt. Werden belehrt, wie Sie ihre lieben Kinder mit dem vierten Geboth tod- schlagen, wenn sie in Heurathsangelegen- heiten Gehorsam von ihnen verlangen. Werden belehrt, wie die fromme tugend- same Tochter ihr Leben siech und elend da- hin schleppt, wenn sie aus blinden Kloster-
ge-
ſag ich, dieſe herzigen Buͤchlein, worinn die Gerechtſame der erſten Liebe, durch ein- dringliche Exempel ins Licht geſtellt werden, dergeſtalt, daß ſich alle Eltern daran ſpie- geln koͤnnen, die ihre Kinder, abſonderlich die Toͤchter mit Heurathsvorſchlaͤgen tyran- niſiren. Werden daraus belehrt, wie ſie’s auf Seel und Gewiſſen haben, wenn ſich ein braver friſcher Junge, den ſie nicht zum Schwiegerſohn moͤgen, abzehrt, kuͤmmer- lich zuſammen ſchrumpft, und hinwelkt wie ein Apfelſchnitt auf einen Zwirnsfaden am heißen Ofen, oder gar auf das Leib und Seel verderbliche Extremum des Selbſtmor- des verfaͤllt. Werden belehrt, wie Sie ihre lieben Kinder mit dem vierten Geboth tod- ſchlagen, wenn ſie in Heurathsangelegen- heiten Gehorſam von ihnen verlangen. Werden belehrt, wie die fromme tugend- ſame Tochter ihr Leben ſiech und elend da- hin ſchleppt, wenn ſie aus blinden Kloſter-
ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0174"n="166"/>ſag ich, dieſe herzigen Buͤchlein, worinn<lb/>
die Gerechtſame der erſten Liebe, durch ein-<lb/>
dringliche Exempel ins Licht geſtellt werden,<lb/>
dergeſtalt, daß ſich alle Eltern daran ſpie-<lb/>
geln koͤnnen, die ihre Kinder, abſonderlich<lb/>
die Toͤchter mit Heurathsvorſchlaͤgen tyran-<lb/>
niſiren. Werden daraus belehrt, wie ſie’s<lb/>
auf Seel und Gewiſſen haben, wenn ſich<lb/>
ein braver friſcher Junge, den ſie nicht zum<lb/>
Schwiegerſohn moͤgen, abzehrt, kuͤmmer-<lb/>
lich zuſammen ſchrumpft, und hinwelkt wie<lb/>
ein Apfelſchnitt auf einen Zwirnsfaden am<lb/>
heißen Ofen, oder gar auf das Leib und<lb/>
Seel verderbliche Extremum des Selbſtmor-<lb/>
des verfaͤllt. Werden belehrt, wie Sie ihre<lb/>
lieben Kinder mit dem vierten Geboth tod-<lb/>ſchlagen, wenn ſie in Heurathsangelegen-<lb/>
heiten Gehorſam von ihnen verlangen.<lb/>
Werden belehrt, wie die fromme tugend-<lb/>ſame Tochter ihr Leben ſiech und elend da-<lb/>
hin ſchleppt, wenn ſie aus blinden Kloſter-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ge-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[166/0174]
ſag ich, dieſe herzigen Buͤchlein, worinn
die Gerechtſame der erſten Liebe, durch ein-
dringliche Exempel ins Licht geſtellt werden,
dergeſtalt, daß ſich alle Eltern daran ſpie-
geln koͤnnen, die ihre Kinder, abſonderlich
die Toͤchter mit Heurathsvorſchlaͤgen tyran-
niſiren. Werden daraus belehrt, wie ſie’s
auf Seel und Gewiſſen haben, wenn ſich
ein braver friſcher Junge, den ſie nicht zum
Schwiegerſohn moͤgen, abzehrt, kuͤmmer-
lich zuſammen ſchrumpft, und hinwelkt wie
ein Apfelſchnitt auf einen Zwirnsfaden am
heißen Ofen, oder gar auf das Leib und
Seel verderbliche Extremum des Selbſtmor-
des verfaͤllt. Werden belehrt, wie Sie ihre
lieben Kinder mit dem vierten Geboth tod-
ſchlagen, wenn ſie in Heurathsangelegen-
heiten Gehorſam von ihnen verlangen.
Werden belehrt, wie die fromme tugend-
ſame Tochter ihr Leben ſiech und elend da-
hin ſchleppt, wenn ſie aus blinden Kloſter-
ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/174>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.