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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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sag ich, diese herzigen Büchlein, worinn
die Gerechtsame der ersten Liebe, durch ein-
dringliche Exempel ins Licht gestellt werden,
dergestalt, daß sich alle Eltern daran spie-
geln können, die ihre Kinder, absonderlich
die Töchter mit Heurathsvorschlägen tyran-
nisiren. Werden daraus belehrt, wie sie's
auf Seel und Gewissen haben, wenn sich
ein braver frischer Junge, den sie nicht zum
Schwiegersohn mögen, abzehrt, kümmer-
lich zusammen schrumpft, und hinwelkt wie
ein Apfelschnitt auf einen Zwirnsfaden am
heißen Ofen, oder gar auf das Leib und
Seel verderbliche Extremum des Selbstmor-
des verfällt. Werden belehrt, wie Sie ihre
lieben Kinder mit dem vierten Geboth tod-
schlagen, wenn sie in Heurathsangelegen-
heiten Gehorsam von ihnen verlangen.
Werden belehrt, wie die fromme tugend-
same Tochter ihr Leben siech und elend da-
hin schleppt, wenn sie aus blinden Kloster-

ge-

ſag ich, dieſe herzigen Buͤchlein, worinn
die Gerechtſame der erſten Liebe, durch ein-
dringliche Exempel ins Licht geſtellt werden,
dergeſtalt, daß ſich alle Eltern daran ſpie-
geln koͤnnen, die ihre Kinder, abſonderlich
die Toͤchter mit Heurathsvorſchlaͤgen tyran-
niſiren. Werden daraus belehrt, wie ſie’s
auf Seel und Gewiſſen haben, wenn ſich
ein braver friſcher Junge, den ſie nicht zum
Schwiegerſohn moͤgen, abzehrt, kuͤmmer-
lich zuſammen ſchrumpft, und hinwelkt wie
ein Apfelſchnitt auf einen Zwirnsfaden am
heißen Ofen, oder gar auf das Leib und
Seel verderbliche Extremum des Selbſtmor-
des verfaͤllt. Werden belehrt, wie Sie ihre
lieben Kinder mit dem vierten Geboth tod-
ſchlagen, wenn ſie in Heurathsangelegen-
heiten Gehorſam von ihnen verlangen.
Werden belehrt, wie die fromme tugend-
ſame Tochter ihr Leben ſiech und elend da-
hin ſchleppt, wenn ſie aus blinden Kloſter-

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[166/0174] ſag ich, dieſe herzigen Buͤchlein, worinn die Gerechtſame der erſten Liebe, durch ein- dringliche Exempel ins Licht geſtellt werden, dergeſtalt, daß ſich alle Eltern daran ſpie- geln koͤnnen, die ihre Kinder, abſonderlich die Toͤchter mit Heurathsvorſchlaͤgen tyran- niſiren. Werden daraus belehrt, wie ſie’s auf Seel und Gewiſſen haben, wenn ſich ein braver friſcher Junge, den ſie nicht zum Schwiegerſohn moͤgen, abzehrt, kuͤmmer- lich zuſammen ſchrumpft, und hinwelkt wie ein Apfelſchnitt auf einen Zwirnsfaden am heißen Ofen, oder gar auf das Leib und Seel verderbliche Extremum des Selbſtmor- des verfaͤllt. Werden belehrt, wie Sie ihre lieben Kinder mit dem vierten Geboth tod- ſchlagen, wenn ſie in Heurathsangelegen- heiten Gehorſam von ihnen verlangen. Werden belehrt, wie die fromme tugend- ſame Tochter ihr Leben ſiech und elend da- hin ſchleppt, wenn ſie aus blinden Kloſter- ge-

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/174>, abgerufen am 25.04.2024.