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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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werden Sie die Folgerungen des Vergleichs
ganz gleichförmig finden. Eingestehen
müssen Sie mir, daß das kostbare physio-
gnomische Opus, nachdem es beendiget
worden ist, vollkommen die Physiognomie
des Babilonischen Thurms hat, wie er
pflegt in dem Kupferbilde abgebildet zu
werden: die Zinne fehlt daran, und so ist
das Ganze nichts als eine prächtige Rui-
ne, die man anstaunen und begaffen, nicht
aber gebrauchen und nutzen kan. Es liegt
ein Hause Werkstücke bey einander, da
man nicht durch noch drüber kan, zum
Theil prächtige Rudera, wie die zu Pal-
myra; hier ein Säulenknauf, dort ein
Stück vom Gebälke, da ein Triglyph und
so ferner; will mans aber vermauren,
giebts eitel Flickwerk, denn es paßt kein
Stück zum andern.

Er. Ganz Recht! Wer heißt Jhnen
auch diese Bruchstücke vermauren, die Jh-

nen

werden Sie die Folgerungen des Vergleichs
ganz gleichfoͤrmig finden. Eingeſtehen
muͤſſen Sie mir, daß das koſtbare phyſio-
gnomiſche Opus, nachdem es beendiget
worden iſt, vollkommen die Phyſiognomie
des Babiloniſchen Thurms hat, wie er
pflegt in dem Kupferbilde abgebildet zu
werden: die Zinne fehlt daran, und ſo iſt
das Ganze nichts als eine praͤchtige Rui-
ne, die man anſtaunen und begaffen, nicht
aber gebrauchen und nutzen kan. Es liegt
ein Hauſe Werkſtuͤcke bey einander, da
man nicht durch noch druͤber kan, zum
Theil praͤchtige Rudera, wie die zu Pal-
myra; hier ein Saͤulenknauf, dort ein
Stuͤck vom Gebaͤlke, da ein Triglyph und
ſo ferner; will mans aber vermauren,
giebts eitel Flickwerk, denn es paßt kein
Stuͤck zum andern.

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auch dieſe Bruchſtuͤcke vermauren, die Jh-

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[212/0212] werden Sie die Folgerungen des Vergleichs ganz gleichfoͤrmig finden. Eingeſtehen muͤſſen Sie mir, daß das koſtbare phyſio- gnomiſche Opus, nachdem es beendiget worden iſt, vollkommen die Phyſiognomie des Babiloniſchen Thurms hat, wie er pflegt in dem Kupferbilde abgebildet zu werden: die Zinne fehlt daran, und ſo iſt das Ganze nichts als eine praͤchtige Rui- ne, die man anſtaunen und begaffen, nicht aber gebrauchen und nutzen kan. Es liegt ein Hauſe Werkſtuͤcke bey einander, da man nicht durch noch druͤber kan, zum Theil praͤchtige Rudera, wie die zu Pal- myra; hier ein Saͤulenknauf, dort ein Stuͤck vom Gebaͤlke, da ein Triglyph und ſo ferner; will mans aber vermauren, giebts eitel Flickwerk, denn es paßt kein Stuͤck zum andern. Er. Ganz Recht! Wer heißt Jhnen auch dieſe Bruchſtuͤcke vermauren, die Jh- nen

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/212>, abgerufen am 02.05.2024.