Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

einschlage, der bleibe ein Stümper in Ewig-
keit. Darauf beziehe sich auch Lavaters
Klage, daß es ihm in der Seel kränke, von
seinen Bemühungen so selten den Gebrauch,
den er sich geschmeichelt habe, wahrzuneh-
men, denn das hab er nicht vorgesehen,
daß sogar sehr wenige seiner Jünger in den
Geist der Sache, und Jnteresse der Mensch-
heit einzudringen, stark, weise und gut gnug
wären.

Also Freund, antwortet' ich, glauben
Sie, daß ich als ein A B C Schütz die
Physiognomik studirt hab'?

Er. Ja, noch zur Zeit sind wir das Alle;
aber es ist ein mächtiger Unterschied unter
den mancherley Methoden, das A B C zu
studiren. Daß hierauf sehr viel ankomme,
beweißt nicht nur der kritische Fleiß der Ge-
lehrten, das A B C Buch zu mehren und
zu bessern; sondern auch der große Bauren-
tumult, der vor einiger Zeit draussen im

Reich

einſchlage, der bleibe ein Stuͤmper in Ewig-
keit. Darauf beziehe ſich auch Lavaters
Klage, daß es ihm in der Seel kraͤnke, von
ſeinen Bemuͤhungen ſo ſelten den Gebrauch,
den er ſich geſchmeichelt habe, wahrzuneh-
men, denn das hab er nicht vorgeſehen,
daß ſogar ſehr wenige ſeiner Juͤnger in den
Geiſt der Sache, und Jntereſſe der Menſch-
heit einzudringen, ſtark, weiſe und gut gnug
waͤren.

Alſo Freund, antwortet’ ich, glauben
Sie, daß ich als ein A B C Schuͤtz die
Phyſiognomik ſtudirt hab’?

Er. Ja, noch zur Zeit ſind wir das Alle;
aber es iſt ein maͤchtiger Unterſchied unter
den mancherley Methoden, das A B C zu
ſtudiren. Daß hierauf ſehr viel ankomme,
beweißt nicht nur der kritiſche Fleiß der Ge-
lehrten, das A B C Buch zu mehren und
zu beſſern; ſondern auch der große Bauren-
tumult, der vor einiger Zeit drauſſen im

Reich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="207"/>
ein&#x017F;chlage, der bleibe ein Stu&#x0364;mper in Ewig-<lb/>
keit. Darauf beziehe &#x017F;ich auch Lavaters<lb/>
Klage, daß es ihm in der Seel kra&#x0364;nke, von<lb/>
&#x017F;einen Bemu&#x0364;hungen &#x017F;o &#x017F;elten den Gebrauch,<lb/>
den er &#x017F;ich ge&#x017F;chmeichelt habe, wahrzuneh-<lb/>
men, denn das hab er nicht vorge&#x017F;ehen,<lb/>
daß &#x017F;ogar &#x017F;ehr wenige &#x017F;einer Ju&#x0364;nger in den<lb/>
Gei&#x017F;t der Sache, und Jntere&#x017F;&#x017F;e der Men&#x017F;ch-<lb/>
heit einzudringen, &#x017F;tark, wei&#x017F;e und gut gnug<lb/>
wa&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o Freund, antwortet&#x2019; ich, glauben<lb/>
Sie, daß ich als ein A B C Schu&#x0364;tz die<lb/>
Phy&#x017F;iognomik &#x017F;tudirt hab&#x2019;?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Er.</hi> Ja, noch zur Zeit &#x017F;ind wir das Alle;<lb/>
aber es i&#x017F;t ein ma&#x0364;chtiger Unter&#x017F;chied unter<lb/>
den mancherley Methoden, das A B C zu<lb/>
&#x017F;tudiren. Daß hierauf &#x017F;ehr viel ankomme,<lb/>
beweißt nicht nur der kriti&#x017F;che Fleiß der Ge-<lb/>
lehrten, das A B C Buch zu mehren und<lb/>
zu be&#x017F;&#x017F;ern; &#x017F;ondern auch der große Bauren-<lb/>
tumult, der vor einiger Zeit drau&#x017F;&#x017F;en im<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Reich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0207] einſchlage, der bleibe ein Stuͤmper in Ewig- keit. Darauf beziehe ſich auch Lavaters Klage, daß es ihm in der Seel kraͤnke, von ſeinen Bemuͤhungen ſo ſelten den Gebrauch, den er ſich geſchmeichelt habe, wahrzuneh- men, denn das hab er nicht vorgeſehen, daß ſogar ſehr wenige ſeiner Juͤnger in den Geiſt der Sache, und Jntereſſe der Menſch- heit einzudringen, ſtark, weiſe und gut gnug waͤren. Alſo Freund, antwortet’ ich, glauben Sie, daß ich als ein A B C Schuͤtz die Phyſiognomik ſtudirt hab’? Er. Ja, noch zur Zeit ſind wir das Alle; aber es iſt ein maͤchtiger Unterſchied unter den mancherley Methoden, das A B C zu ſtudiren. Daß hierauf ſehr viel ankomme, beweißt nicht nur der kritiſche Fleiß der Ge- lehrten, das A B C Buch zu mehren und zu beſſern; ſondern auch der große Bauren- tumult, der vor einiger Zeit drauſſen im Reich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/207
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/207>, abgerufen am 19.12.2024.