Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.heiligen Kelch der Natur! daß ihr glaubt Mag dabey sein Bewenden haben, möch- Konter-
heiligen Kelch der Natur! daß ihr glaubt Mag dabey ſein Bewenden haben, moͤch- Konter-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0140" n="140"/> heiligen Kelch der Natur! daß ihr glaubt<lb/> und ſelig ſeyd wie ich, und wir mit einan-<lb/> der anbeten im Mondſchein.“</p><lb/> <p>Mag dabey ſein Bewenden haben, moͤch-<lb/> ten ſonſt der Gloͤßlein zu viel werden. Durch<lb/> den Mondſchein glauben und ſelig werden<lb/> dazu gehoͤrt freilich viel. Denn es kans<lb/> nicht iedweder praktiziren wie durch den<lb/> Glauben: drum iſts traun ein ſtarkes Stuͤck.<lb/> Doch etwas Unſinn, oder wies der Fran-<lb/> zoß nennt, <hi rendition="#aq">Galimatias,</hi> der die empfind-<lb/> ſamen Peroranten leicht anwandelt, muß<lb/> man ihnen verzeihen; waͤr auch ungerecht,<lb/> ein Ding mit dem Mikroſkop des Verſtan-<lb/> des zu betrachten, was eigentlich fuͤr das<lb/> Fuͤhlhorn der Empfindſamkeit gehoͤret. Wahr<lb/> iſt es, daß ein ſolcher geſchraubter Vortrag,<lb/> ſo volltoͤnend ins Ohr rauſcht, wie eine<lb/> Opernarie im neuen italiaͤniſchen Geſchmack,<lb/> wo man um der ſchmeichelhaften Paſſagen<lb/> willen, auf eine Zeitlang vergißt, daß ein<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Konter-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0140]
heiligen Kelch der Natur! daß ihr glaubt
und ſelig ſeyd wie ich, und wir mit einan-
der anbeten im Mondſchein.“
Mag dabey ſein Bewenden haben, moͤch-
ten ſonſt der Gloͤßlein zu viel werden. Durch
den Mondſchein glauben und ſelig werden
dazu gehoͤrt freilich viel. Denn es kans
nicht iedweder praktiziren wie durch den
Glauben: drum iſts traun ein ſtarkes Stuͤck.
Doch etwas Unſinn, oder wies der Fran-
zoß nennt, Galimatias, der die empfind-
ſamen Peroranten leicht anwandelt, muß
man ihnen verzeihen; waͤr auch ungerecht,
ein Ding mit dem Mikroſkop des Verſtan-
des zu betrachten, was eigentlich fuͤr das
Fuͤhlhorn der Empfindſamkeit gehoͤret. Wahr
iſt es, daß ein ſolcher geſchraubter Vortrag,
ſo volltoͤnend ins Ohr rauſcht, wie eine
Opernarie im neuen italiaͤniſchen Geſchmack,
wo man um der ſchmeichelhaften Paſſagen
willen, auf eine Zeitlang vergißt, daß ein
Konter-
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