dadurch kämen denn diese Ding' endlich selbst in Aufnahme, weil jeder dächt, wun- der was dahinter verborgen sey. Daß hiernächst sein Freund Tellow mit Zurecht- weisen sich gegen ihn so breit mach', be- weise gar nicht, daß dieser ein größerer Schlaukopf sey als er selbst; denn das edirte Fragment sprech' ihm den Kopf rund ab, sondern beweise nur, daß er zu den Füßen Gamaliels gesessen, der ihm seine Logogryphen mit dem Kapitalschlüssel auf- geschlossen hab'. So zog der Leipziger gar säuberlich den Kopf aus der Schling'. Auf diese Red' fand ich nichts einzuwenden; denn weil ich sah, daß er kein Sohn der Kunst sey, und ich nicht bey ihm fand, was ich suchte, nocht' ich ihm nicht Widerpart halten, sondern schied in allem Guten von ihm.
Die übrigen Schöndenker und Dichter, deren Name wohl heißen möcht' Legio, da- von ich beyläufig ein Dutzend oder ein Man-
del
C 4
dadurch kaͤmen denn dieſe Ding’ endlich ſelbſt in Aufnahme, weil jeder daͤcht, wun- der was dahinter verborgen ſey. Daß hiernaͤchſt ſein Freund Tellow mit Zurecht- weiſen ſich gegen ihn ſo breit mach’, be- weiſe gar nicht, daß dieſer ein groͤßerer Schlaukopf ſey als er ſelbſt; denn das edirte Fragment ſprech’ ihm den Kopf rund ab, ſondern beweiſe nur, daß er zu den Fuͤßen Gamaliels geſeſſen, der ihm ſeine Logogryphen mit dem Kapitalſchluͤſſel auf- geſchloſſen hab’. So zog der Leipziger gar ſaͤuberlich den Kopf aus der Schling’. Auf dieſe Red’ fand ich nichts einzuwenden; denn weil ich ſah, daß er kein Sohn der Kunſt ſey, und ich nicht bey ihm fand, was ich ſuchte, nocht’ ich ihm nicht Widerpart halten, ſondern ſchied in allem Guten von ihm.
Die uͤbrigen Schoͤndenker und Dichter, deren Name wohl heißen moͤcht’ Legio, da- von ich beylaͤufig ein Dutzend oder ein Man-
del
C 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0039"n="39"/>
dadurch kaͤmen denn dieſe Ding’ endlich<lb/>ſelbſt in Aufnahme, weil jeder daͤcht, wun-<lb/>
der was dahinter verborgen ſey. Daß<lb/>
hiernaͤchſt ſein Freund Tellow mit Zurecht-<lb/>
weiſen ſich gegen ihn ſo breit mach’, be-<lb/>
weiſe gar nicht, daß dieſer ein groͤßerer<lb/>
Schlaukopf ſey als er ſelbſt; denn das<lb/>
edirte Fragment ſprech’ ihm den Kopf rund<lb/>
ab, ſondern beweiſe nur, daß er zu den<lb/>
Fuͤßen Gamaliels geſeſſen, der ihm ſeine<lb/>
Logogryphen mit dem Kapitalſchluͤſſel auf-<lb/>
geſchloſſen hab’. So zog der Leipziger gar<lb/>ſaͤuberlich den Kopf aus der Schling’. Auf<lb/>
dieſe Red’ fand ich nichts einzuwenden;<lb/>
denn weil ich ſah, daß er kein Sohn der<lb/>
Kunſt ſey, und ich nicht bey ihm fand, was<lb/>
ich ſuchte, nocht’ ich ihm nicht Widerpart<lb/>
halten, ſondern ſchied in allem Guten von ihm.</p><lb/><p>Die uͤbrigen Schoͤndenker und Dichter,<lb/>
deren Name wohl heißen moͤcht’ Legio, da-<lb/>
von ich beylaͤufig ein Dutzend oder ein Man-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">del</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[39/0039]
dadurch kaͤmen denn dieſe Ding’ endlich
ſelbſt in Aufnahme, weil jeder daͤcht, wun-
der was dahinter verborgen ſey. Daß
hiernaͤchſt ſein Freund Tellow mit Zurecht-
weiſen ſich gegen ihn ſo breit mach’, be-
weiſe gar nicht, daß dieſer ein groͤßerer
Schlaukopf ſey als er ſelbſt; denn das
edirte Fragment ſprech’ ihm den Kopf rund
ab, ſondern beweiſe nur, daß er zu den
Fuͤßen Gamaliels geſeſſen, der ihm ſeine
Logogryphen mit dem Kapitalſchluͤſſel auf-
geſchloſſen hab’. So zog der Leipziger gar
ſaͤuberlich den Kopf aus der Schling’. Auf
dieſe Red’ fand ich nichts einzuwenden;
denn weil ich ſah, daß er kein Sohn der
Kunſt ſey, und ich nicht bey ihm fand, was
ich ſuchte, nocht’ ich ihm nicht Widerpart
halten, ſondern ſchied in allem Guten von ihm.
Die uͤbrigen Schoͤndenker und Dichter,
deren Name wohl heißen moͤcht’ Legio, da-
von ich beylaͤufig ein Dutzend oder ein Man-
del
C 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/39>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.