flucht seyn. Den fragt' ich, weil die Pa- storen, die mit mir aßen, mit einer theo- logischen Dispüte mir eben den Kopf warm gemacht hatten, wes Glaubens er sey? Sah mir der Kerl starr unter die Augen, und antwortet mit vollem trotzigen Ton, der eine Ausforderung galt: er sey ein rö- mischkatholischer Christ, scheue sich nicht, dies Bekenntniß vor jedermann abzulegen und mit seinem Blut zu besiegeln. Ver- meint der Tropf, die Ketzer würden als- bald über ihn herfallen und ihn proselitiren wollen, und freut' sich schon, das Ver- dienst des Märtyrerthums wenigstens mit einer Tracht Schläge zu erkaufen. Doch darinn irrt' er sich gewaltig; ich sprach, das sey wohl geredet, bey dem Glauben soll' er bleiben, reicht' ihm ein Glas Wein und ließ ihn in Frieden von mir ziehn.
Alldieweil nun die gelehrten Jnnungs- verwandten meiner Erwartung nicht entspra-
chen,
flucht ſeyn. Den fragt’ ich, weil die Pa- ſtoren, die mit mir aßen, mit einer theo- logiſchen Diſpuͤte mir eben den Kopf warm gemacht hatten, wes Glaubens er ſey? Sah mir der Kerl ſtarr unter die Augen, und antwortet mit vollem trotzigen Ton, der eine Ausforderung galt: er ſey ein roͤ- miſchkatholiſcher Chriſt, ſcheue ſich nicht, dies Bekenntniß vor jedermann abzulegen und mit ſeinem Blut zu beſiegeln. Ver- meint der Tropf, die Ketzer wuͤrden als- bald uͤber ihn herfallen und ihn proſelitiren wollen, und freut’ ſich ſchon, das Ver- dienſt des Maͤrtyrerthums wenigſtens mit einer Tracht Schlaͤge zu erkaufen. Doch darinn irrt’ er ſich gewaltig; ich ſprach, das ſey wohl geredet, bey dem Glauben ſoll’ er bleiben, reicht’ ihm ein Glas Wein und ließ ihn in Frieden von mir ziehn.
Alldieweil nun die gelehrten Jnnungs- verwandten meiner Erwartung nicht entſpra-
chen,
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flucht ſeyn. Den fragt’ ich, weil die Pa-
ſtoren, die mit mir aßen, mit einer theo-
logiſchen Diſpuͤte mir eben den Kopf warm
gemacht hatten, wes Glaubens er ſey?
Sah mir der Kerl ſtarr unter die Augen,
und antwortet mit vollem trotzigen Ton,
der eine Ausforderung galt: er ſey ein roͤ-
miſchkatholiſcher Chriſt, ſcheue ſich nicht,
dies Bekenntniß vor jedermann abzulegen
und mit ſeinem Blut zu beſiegeln. Ver-
meint der Tropf, die Ketzer wuͤrden als-
bald uͤber ihn herfallen und ihn proſelitiren
wollen, und freut’ ſich ſchon, das Ver-
dienſt des Maͤrtyrerthums wenigſtens mit
einer Tracht Schlaͤge zu erkaufen. Doch
darinn irrt’ er ſich gewaltig; ich ſprach,
das ſey wohl geredet, bey dem Glauben
ſoll’ er bleiben, reicht’ ihm ein Glas Wein
und ließ ihn in Frieden von mir ziehn.
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/34>, abgerufen am 03.07.2024.
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