stoßen war, das auch nur aufs Theater in der Emilia Galotti zum Banditen getaugt hätt'. Der Wandersmann, als ich ihn ge- nau ins Auge faßt', sah einem Spizbuben so wenig gleich, als Onkel Toby nach Cho- dowiecki einem Genie, und wenn er einer gewesen wär, so müßt's ein Reguluskopf unter dem Diebsgelichter gewesen seyn. Er hatt' ein braves biederes Gesicht, nichts schiefes, hämisches, gleisnerisches, auch nichts leopardenähnliches, der Blick des Auges fortgehend durch Schaal' und Hülle auf den Kern. Die Kinnlade, wenn solche nicht durch magre Lebensart verlängert war, zeigte Männlichkeit an, die sich der Rohig- keit näherte. Auf der Stirn, vom Plinius der Aushängschild der Freude und Traurig- keit genannt, war mit leserlichen Buchsta- ben Trübsinn und übler Humor angeschrie- ben. Uebrigens ließ die Physiognomie der Kleidung, Wäsche, und des körperlichen
Anstan-
ſtoßen war, das auch nur aufs Theater in der Emilia Galotti zum Banditen getaugt haͤtt’. Der Wandersmann, als ich ihn ge- nau ins Auge faßt’, ſah einem Spizbuben ſo wenig gleich, als Onkel Toby nach Cho- dowiecki einem Genie, und wenn er einer geweſen waͤr, ſo muͤßt’s ein Reguluskopf unter dem Diebsgelichter geweſen ſeyn. Er hatt’ ein braves biederes Geſicht, nichts ſchiefes, haͤmiſches, gleisneriſches, auch nichts leopardenaͤhnliches, der Blick des Auges fortgehend durch Schaal’ und Huͤlle auf den Kern. Die Kinnlade, wenn ſolche nicht durch magre Lebensart verlaͤngert war, zeigte Maͤnnlichkeit an, die ſich der Rohig- keit naͤherte. Auf der Stirn, vom Plinius der Aushaͤngſchild der Freude und Traurig- keit genannt, war mit leſerlichen Buchſta- ben Truͤbſinn und uͤbler Humor angeſchrie- ben. Uebrigens ließ die Phyſiognomie der Kleidung, Waͤſche, und des koͤrperlichen
Anſtan-
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ſtoßen war, das auch nur aufs Theater in
der Emilia Galotti zum Banditen getaugt
haͤtt’. Der Wandersmann, als ich ihn ge-
nau ins Auge faßt’, ſah einem Spizbuben ſo
wenig gleich, als Onkel Toby nach Cho-
dowiecki einem Genie, und wenn er einer
geweſen waͤr, ſo muͤßt’s ein Reguluskopf
unter dem Diebsgelichter geweſen ſeyn. Er
hatt’ ein braves biederes Geſicht, nichts
ſchiefes, haͤmiſches, gleisneriſches, auch
nichts leopardenaͤhnliches, der Blick des
Auges fortgehend durch Schaal’ und Huͤlle
auf den Kern. Die Kinnlade, wenn ſolche
nicht durch magre Lebensart verlaͤngert war,
zeigte Maͤnnlichkeit an, die ſich der Rohig-
keit naͤherte. Auf der Stirn, vom Plinius
der Aushaͤngſchild der Freude und Traurig-
keit genannt, war mit leſerlichen Buchſta-
ben Truͤbſinn und uͤbler Humor angeſchrie-
ben. Uebrigens ließ die Phyſiognomie der
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/178>, abgerufen am 05.07.2024.
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