wußte sie keinen Bescheid, wovon beykom- mende Probe, die mir von ihrer Vorlesung im Gedächtniß ist hangen blieben, das mehrere besagt.
Es ist doch zum Erstaunen, sprach sie, wie weit die Aehnlichkeit zwischen Menschen und Thieren zuweilen geht. Jch kenne einen Cavalier, der dem Mann dort mit dem Hirschgeweih -- war die Geschichte des Aktäons auf einer Schilderey, die im Zimmer hing, -- so gleich sieht, daß, wenn man diesem das Geweyh nähm, oder es sich bey jenem hinzudenken wollte, jeder- mann glauben sollte, der Kavalier sey hier gemahlt; dennoch ist auf dem Bilde ein Hirschkopf zu sehen und kein Menschenkopf. Gleicherweise find ich den hier in der Schluß- Vignette abgebildeten Dey aus Algier, dem sitzenden Leoparden so gleich, daß, wenn die Abbildung des Einen verloren gegangen wäre, sie aus dem Konterfey des Andern
voll-
L 2
wußte ſie keinen Beſcheid, wovon beykom- mende Probe, die mir von ihrer Vorleſung im Gedaͤchtniß iſt hangen blieben, das mehrere beſagt.
Es iſt doch zum Erſtaunen, ſprach ſie, wie weit die Aehnlichkeit zwiſchen Menſchen und Thieren zuweilen geht. Jch kenne einen Cavalier, der dem Mann dort mit dem Hirſchgeweih — war die Geſchichte des Aktaͤons auf einer Schilderey, die im Zimmer hing, — ſo gleich ſieht, daß, wenn man dieſem das Geweyh naͤhm, oder es ſich bey jenem hinzudenken wollte, jeder- mann glauben ſollte, der Kavalier ſey hier gemahlt; dennoch iſt auf dem Bilde ein Hirſchkopf zu ſehen und kein Menſchenkopf. Gleicherweiſe find ich den hier in der Schluß- Vignette abgebildeten Dey aus Algier, dem ſitzenden Leoparden ſo gleich, daß, wenn die Abbildung des Einen verloren gegangen waͤre, ſie aus dem Konterfey des Andern
voll-
L 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0163"n="163"/>
wußte ſie keinen Beſcheid, wovon beykom-<lb/>
mende Probe, die mir von ihrer Vorleſung<lb/>
im Gedaͤchtniß iſt hangen blieben, das<lb/>
mehrere beſagt.</p><lb/><p>Es iſt doch zum Erſtaunen, ſprach ſie,<lb/>
wie weit die Aehnlichkeit zwiſchen Menſchen<lb/>
und Thieren zuweilen geht. Jch kenne<lb/>
einen Cavalier, der dem Mann dort mit<lb/>
dem Hirſchgeweih — war die Geſchichte<lb/>
des Aktaͤons auf einer Schilderey, die im<lb/>
Zimmer hing, —ſo gleich ſieht, daß,<lb/>
wenn man dieſem das Geweyh naͤhm, oder<lb/>
es ſich bey jenem hinzudenken wollte, jeder-<lb/>
mann glauben ſollte, der Kavalier ſey hier<lb/>
gemahlt; dennoch iſt auf dem Bilde ein<lb/>
Hirſchkopf zu ſehen und kein Menſchenkopf.<lb/>
Gleicherweiſe find ich den hier in der Schluß-<lb/>
Vignette abgebildeten Dey aus Algier, dem<lb/>ſitzenden Leoparden ſo gleich, daß, wenn<lb/>
die Abbildung des Einen verloren gegangen<lb/>
waͤre, ſie aus dem Konterfey des Andern<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">voll-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[163/0163]
wußte ſie keinen Beſcheid, wovon beykom-
mende Probe, die mir von ihrer Vorleſung
im Gedaͤchtniß iſt hangen blieben, das
mehrere beſagt.
Es iſt doch zum Erſtaunen, ſprach ſie,
wie weit die Aehnlichkeit zwiſchen Menſchen
und Thieren zuweilen geht. Jch kenne
einen Cavalier, der dem Mann dort mit
dem Hirſchgeweih — war die Geſchichte
des Aktaͤons auf einer Schilderey, die im
Zimmer hing, — ſo gleich ſieht, daß,
wenn man dieſem das Geweyh naͤhm, oder
es ſich bey jenem hinzudenken wollte, jeder-
mann glauben ſollte, der Kavalier ſey hier
gemahlt; dennoch iſt auf dem Bilde ein
Hirſchkopf zu ſehen und kein Menſchenkopf.
Gleicherweiſe find ich den hier in der Schluß-
Vignette abgebildeten Dey aus Algier, dem
ſitzenden Leoparden ſo gleich, daß, wenn
die Abbildung des Einen verloren gegangen
waͤre, ſie aus dem Konterfey des Andern
voll-
L 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/163>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.