mann, ungeachtet seiner großen physiogno- mischen Unwissenheit, für den glücklichsten Sterblichen diesseits des Mondes zu preis- sen: denn ein Ehemann, der nach vielen Jahren sein Liebesglück noch so lebhaft fühlt, daß er sich mit Jdealen von seiner Gattin in ihrer Abwesenheit unterhält, ist wahrlich eine seltne Erscheinung!
Endlich nutzt ich die Erfindung der Sil- houetten-Malerey auf Porzellan, weil ich mich zufälliger Weis' an Ort und Stelle befand, wo ich in der Mutterfabrik des deutschen Por- zellanwesens dergleichen Arbeit leicht konnt fertigen lassen. Säumt deshalb nicht, meine Bestellung zu machen, und erhielt zween Tage drauf den Chocolatenbecher mit der Sophie Silhouett', umschwebt von einer Guirlande von Blümlein vergiß mein nicht, alles gar natürlich und niedlich. Worauf ich zusammenpackt, und weil hier meines Blei- bens nicht länger war, von dannen zog.
Drit-
K 3
mann, ungeachtet ſeiner großen phyſiogno- miſchen Unwiſſenheit, fuͤr den gluͤcklichſten Sterblichen dieſſeits des Mondes zu preiſ- ſen: denn ein Ehemann, der nach vielen Jahren ſein Liebesgluͤck noch ſo lebhaft fuͤhlt, daß er ſich mit Jdealen von ſeiner Gattin in ihrer Abweſenheit unterhaͤlt, iſt wahrlich eine ſeltne Erſcheinung!
Endlich nutzt ich die Erfindung der Sil- houetten-Malerey auf Porzellan, weil ich mich zufaͤlliger Weiſ’ an Ort und Stelle befand, wo ich in der Mutterfabrik des deutſchen Por- zellanweſens dergleichen Arbeit leicht konnt fertigen laſſen. Saͤumt deshalb nicht, meine Beſtellung zu machen, und erhielt zween Tage drauf den Chocolatenbecher mit der Sophie Silhouett’, umſchwebt von einer Guirlande von Bluͤmlein vergiß mein nicht, alles gar natuͤrlich und niedlich. Worauf ich zuſammenpackt, und weil hier meines Blei- bens nicht laͤnger war, von dannen zog.
Drit-
K 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0149"n="149"/>
mann, ungeachtet ſeiner großen phyſiogno-<lb/>
miſchen Unwiſſenheit, fuͤr den gluͤcklichſten<lb/>
Sterblichen dieſſeits des Mondes zu preiſ-<lb/>ſen: denn ein Ehemann, der nach vielen<lb/>
Jahren ſein Liebesgluͤck noch ſo lebhaft fuͤhlt,<lb/>
daß er ſich mit Jdealen von ſeiner Gattin<lb/>
in ihrer Abweſenheit unterhaͤlt, iſt wahrlich<lb/>
eine ſeltne Erſcheinung!</p><lb/><p>Endlich nutzt ich die Erfindung der Sil-<lb/>
houetten-Malerey auf Porzellan, weil ich mich<lb/>
zufaͤlliger Weiſ’ an Ort und Stelle befand,<lb/>
wo ich in der Mutterfabrik des deutſchen Por-<lb/>
zellanweſens dergleichen Arbeit leicht konnt<lb/>
fertigen laſſen. Saͤumt deshalb nicht, meine<lb/>
Beſtellung zu machen, und erhielt zween<lb/>
Tage drauf den Chocolatenbecher mit der<lb/>
Sophie Silhouett’, umſchwebt von einer<lb/>
Guirlande von Bluͤmlein vergiß mein nicht,<lb/>
alles gar natuͤrlich und niedlich. Worauf ich<lb/>
zuſammenpackt, und weil hier meines Blei-<lb/>
bens nicht laͤnger war, von dannen zog.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 3</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Drit-</hi></fw><lb/></body></text></TEI>
[149/0149]
mann, ungeachtet ſeiner großen phyſiogno-
miſchen Unwiſſenheit, fuͤr den gluͤcklichſten
Sterblichen dieſſeits des Mondes zu preiſ-
ſen: denn ein Ehemann, der nach vielen
Jahren ſein Liebesgluͤck noch ſo lebhaft fuͤhlt,
daß er ſich mit Jdealen von ſeiner Gattin
in ihrer Abweſenheit unterhaͤlt, iſt wahrlich
eine ſeltne Erſcheinung!
Endlich nutzt ich die Erfindung der Sil-
houetten-Malerey auf Porzellan, weil ich mich
zufaͤlliger Weiſ’ an Ort und Stelle befand,
wo ich in der Mutterfabrik des deutſchen Por-
zellanweſens dergleichen Arbeit leicht konnt
fertigen laſſen. Saͤumt deshalb nicht, meine
Beſtellung zu machen, und erhielt zween
Tage drauf den Chocolatenbecher mit der
Sophie Silhouett’, umſchwebt von einer
Guirlande von Bluͤmlein vergiß mein nicht,
alles gar natuͤrlich und niedlich. Worauf ich
zuſammenpackt, und weil hier meines Blei-
bens nicht laͤnger war, von dannen zog.
Drit-
K 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/149>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.