Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht Rüdgerodt. -- Mußt wissen, daß der-
selb ein Scheusal und Auswurf menschlicher
Natur war, so ungefehr wie Pape Döne,
den du aus dem Hübner kennst. Drauf ver-
glich ich den Markusschatten mit dem Rüd-
gerodt'schen aus den Fragmenten, fand daß
beyde sich glichen wie 'n Ey dem andern.
Nun sag. was soll mir der Kerl mit der
Schandphysiognomie, vor den ich zurück
schauder' wenn er mir unter die Augen kommt?

Phil. Aber steht das auch im Buch,
wenn einer einem Schelmen gleich sieht,
daß er stracks einer ist?

Ob ers ist? -- Nein. Kan ihm zur Schel-
merey an Gelegenheit gebrechen. Daß er
aber einen mächtigen Hang hat einer zu wer-
den, wenn er noch keiner ist, das ist unbe-
zweifelt; sonst stünd's schlecht um die Phy-
siognomik, wenn man nicht drauf fußen könnt'.

Phil. Darum laß ich mich unbeküm-
mert, weiß nur so viel, daß Markus ein
Schalk ist, aber kein Bösewicht.

Ein Schalk? -- Bravo Philipp! das
freut mich, hast physiognomischen Sinn;
aber nur für's Gute, wie der herzaute Va-
ter aller Physiognomen in der Schweiz.
Schalkheit ist des Markus beßre Aussenseite,

so
C 2

nicht Ruͤdgerodt. — Mußt wiſſen, daß der-
ſelb ein Scheuſal und Auswurf menſchlicher
Natur war, ſo ungefehr wie Pape Doͤne,
den du aus dem Huͤbner kennſt. Drauf ver-
glich ich den Markusſchatten mit dem Ruͤd-
gerodt’ſchen aus den Fragmenten, fand daß
beyde ſich glichen wie ’n Ey dem andern.
Nun ſag. was ſoll mir der Kerl mit der
Schandphyſiognomie, vor den ich zuruͤck
ſchauder’ wenn er mir unter die Augen kommt?

Phil. Aber ſteht das auch im Buch,
wenn einer einem Schelmen gleich ſieht,
daß er ſtracks einer iſt?

Ob ers iſt? — Nein. Kan ihm zur Schel-
merey an Gelegenheit gebrechen. Daß er
aber einen maͤchtigen Hang hat einer zu wer-
den, wenn er noch keiner iſt, das iſt unbe-
zweifelt; ſonſt ſtuͤnd’s ſchlecht um die Phy-
ſiognomik, wenn man nicht drauf fußen koͤnnt’.

Phil. Darum laß ich mich unbekuͤm-
mert, weiß nur ſo viel, daß Markus ein
Schalk iſt, aber kein Boͤſewicht.

Ein Schalk? — Bravo Philipp! das
freut mich, haſt phyſiognomiſchen Sinn;
aber nur fuͤr’s Gute, wie der herzaute Va-
ter aller Phyſiognomen in der Schweiz.
Schalkheit iſt des Markus beßre Auſſenſeite,

ſo
C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0041" n="35"/>
nicht Ru&#x0364;dgerodt. &#x2014; Mußt wi&#x017F;&#x017F;en, daß der-<lb/>
&#x017F;elb ein Scheu&#x017F;al und Auswurf men&#x017F;chlicher<lb/>
Natur war, &#x017F;o ungefehr wie Pape Do&#x0364;ne,<lb/>
den du aus dem Hu&#x0364;bner kenn&#x017F;t. Drauf ver-<lb/>
glich ich den Markus&#x017F;chatten mit dem Ru&#x0364;d-<lb/>
gerodt&#x2019;&#x017F;chen aus den Fragmenten, fand daß<lb/>
beyde &#x017F;ich glichen wie &#x2019;n Ey dem andern.<lb/>
Nun &#x017F;ag. was &#x017F;oll mir der Kerl mit der<lb/>
Schandphy&#x017F;iognomie, vor den ich zuru&#x0364;ck<lb/>
&#x017F;chauder&#x2019; wenn er mir unter die Augen kommt?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Phil.</hi> Aber &#x017F;teht das auch im Buch,<lb/>
wenn einer einem Schelmen gleich &#x017F;ieht,<lb/>
daß er &#x017F;tracks einer i&#x017F;t?</p><lb/>
          <p>Ob ers i&#x017F;t? &#x2014; Nein. Kan ihm zur Schel-<lb/>
merey an Gelegenheit gebrechen. Daß er<lb/>
aber einen ma&#x0364;chtigen Hang hat einer zu wer-<lb/>
den, wenn er noch keiner i&#x017F;t, das i&#x017F;t unbe-<lb/>
zweifelt; &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;tu&#x0364;nd&#x2019;s &#x017F;chlecht um die Phy-<lb/>
&#x017F;iognomik, wenn man nicht drauf fußen ko&#x0364;nnt&#x2019;.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Phil.</hi> Darum laß ich mich unbeku&#x0364;m-<lb/>
mert, weiß nur &#x017F;o viel, daß Markus ein<lb/>
Schalk i&#x017F;t, aber kein Bo&#x0364;&#x017F;ewicht.</p><lb/>
          <p>Ein Schalk? &#x2014; Bravo Philipp! das<lb/>
freut mich, ha&#x017F;t phy&#x017F;iognomi&#x017F;chen Sinn;<lb/>
aber nur fu&#x0364;r&#x2019;s Gute, wie der herzaute Va-<lb/>
ter aller Phy&#x017F;iognomen in der Schweiz.<lb/>
Schalkheit i&#x017F;t des Markus beßre Au&#x017F;&#x017F;en&#x017F;eite,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0041] nicht Ruͤdgerodt. — Mußt wiſſen, daß der- ſelb ein Scheuſal und Auswurf menſchlicher Natur war, ſo ungefehr wie Pape Doͤne, den du aus dem Huͤbner kennſt. Drauf ver- glich ich den Markusſchatten mit dem Ruͤd- gerodt’ſchen aus den Fragmenten, fand daß beyde ſich glichen wie ’n Ey dem andern. Nun ſag. was ſoll mir der Kerl mit der Schandphyſiognomie, vor den ich zuruͤck ſchauder’ wenn er mir unter die Augen kommt? Phil. Aber ſteht das auch im Buch, wenn einer einem Schelmen gleich ſieht, daß er ſtracks einer iſt? Ob ers iſt? — Nein. Kan ihm zur Schel- merey an Gelegenheit gebrechen. Daß er aber einen maͤchtigen Hang hat einer zu wer- den, wenn er noch keiner iſt, das iſt unbe- zweifelt; ſonſt ſtuͤnd’s ſchlecht um die Phy- ſiognomik, wenn man nicht drauf fußen koͤnnt’. Phil. Darum laß ich mich unbekuͤm- mert, weiß nur ſo viel, daß Markus ein Schalk iſt, aber kein Boͤſewicht. Ein Schalk? — Bravo Philipp! das freut mich, haſt phyſiognomiſchen Sinn; aber nur fuͤr’s Gute, wie der herzaute Va- ter aller Phyſiognomen in der Schweiz. Schalkheit iſt des Markus beßre Auſſenſeite, ſo C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/41
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/41>, abgerufen am 19.04.2024.