all' Augenblick mit seinen Bemerkungen den meinigen ins Geschirr, wollt mir zeigen, wo ein iagdbarer Hirsch, ein Spiesser, ein Thier, Hirschkalb, Fuchs und Dachs ge- wechselt hatten. Das war mir zur Zeit nun eben nicht gemüthlich: Laß gut seyn Philipp, sprach ich, mit deinem Gewäsch, machst mich immer irr in meiner Medita- tion, treib dein Werk für dich in der Still', und laß mich das mein' auch ungestöhrt treiben. Mit Verlaub, sprach Philipp, lieber Herr! daß ich ein Wort reden mag; 's ist da was unterm fünften Knopfloch, das drückt gewaltig und will gern' raus. Nun so red' dann, war mein' Antwort, und her- nach schweig. Drauf spann sich folgendes Gespräch zwischen mir und meinem Philipp an; das ich um seiner Sonderlichkeit wil- len zu Papier bringen und meinem Tage- buch hab' einverleiben wollen.
Philipp. Möcht in aller Welt wis- sen, lieber Herr, wie's zugeht, daß Sie Sich in eine Kunst die Zeit her vertieft ha- ben, die keiner tauben Nuß werth ist.
Bist 'n einfältiger Tropf, guter Philipp, laß dich mit Dingen unbeworren, die dir zu hoch sind.
Phil.
all’ Augenblick mit ſeinen Bemerkungen den meinigen ins Geſchirr, wollt mir zeigen, wo ein iagdbarer Hirſch, ein Spieſſer, ein Thier, Hirſchkalb, Fuchs und Dachs ge- wechſelt hatten. Das war mir zur Zeit nun eben nicht gemuͤthlich: Laß gut ſeyn Philipp, ſprach ich, mit deinem Gewaͤſch, machſt mich immer irr in meiner Medita- tion, treib dein Werk fuͤr dich in der Still’, und laß mich das mein’ auch ungeſtoͤhrt treiben. Mit Verlaub, ſprach Philipp, lieber Herr! daß ich ein Wort reden mag; ’s iſt da was unterm fuͤnften Knopfloch, das druͤckt gewaltig und will gern’ raus. Nun ſo red’ dann, war mein’ Antwort, und her- nach ſchweig. Drauf ſpann ſich folgendes Geſpraͤch zwiſchen mir und meinem Philipp an; das ich um ſeiner Sonderlichkeit wil- len zu Papier bringen und meinem Tage- buch hab’ einverleiben wollen.
Philipp. Moͤcht in aller Welt wiſ- ſen, lieber Herr, wie’s zugeht, daß Sie Sich in eine Kunſt die Zeit her vertieft ha- ben, die keiner tauben Nuß werth iſt.
Biſt ’n einfaͤltiger Tropf, guter Philipp, laß dich mit Dingen unbeworren, die dir zu hoch ſind.
Phil.
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all’ Augenblick mit ſeinen Bemerkungen den
meinigen ins Geſchirr, wollt mir zeigen,
wo ein iagdbarer Hirſch, ein Spieſſer, ein
Thier, Hirſchkalb, Fuchs und Dachs ge-
wechſelt hatten. Das war mir zur Zeit
nun eben nicht gemuͤthlich: Laß gut ſeyn
Philipp, ſprach ich, mit deinem Gewaͤſch,
machſt mich immer irr in meiner Medita-
tion, treib dein Werk fuͤr dich in der Still’,
und laß mich das mein’ auch ungeſtoͤhrt
treiben. Mit Verlaub, ſprach Philipp,
lieber Herr! daß ich ein Wort reden mag;
’s iſt da was unterm fuͤnften Knopfloch, das
druͤckt gewaltig und will gern’ raus. Nun
ſo red’ dann, war mein’ Antwort, und her-
nach ſchweig. Drauf ſpann ſich folgendes
Geſpraͤch zwiſchen mir und meinem Philipp
an; das ich um ſeiner Sonderlichkeit wil-
len zu Papier bringen und meinem Tage-
buch hab’ einverleiben wollen.
Philipp. Moͤcht in aller Welt wiſ-
ſen, lieber Herr, wie’s zugeht, daß Sie
Sich in eine Kunſt die Zeit her vertieft ha-
ben, die keiner tauben Nuß werth iſt.
Biſt ’n einfaͤltiger Tropf, guter Philipp,
laß dich mit Dingen unbeworren, die dir
zu hoch ſind.
Phil.
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/36>, abgerufen am 08.07.2024.
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