unsichtbar gemacht? Lag mir die schlaue Dirn' deßhalb so an, bey des Gerichtshal- ters Mutter ihr Quartier in der Stadt zu besehen, daß sie sich bey dieser Gelegenheit aus'm Staub macht'? Hat keinen Fuß in der ehrbaren Matron' Haus gesezt, ist un- terwegs im Gasthaus an der Straß', von einem irrenden Ritter weggekapert, wel- ches, wie der Augenschein lehrt, ein abge- legter Handel war. Wenn sie von mor- lackischer Abkunft gewesen wär, sollt' mich die freywillige Entführung nicht Wunder nehmen, denn dort soll's Entführenlassen, nach des Abbate Fortis Bemerkung, ein Nationalfehler der iungen Dirnen seyn; aber bey uns ists, denk ich, noch zur Zeit nicht Sitt' im Lande. -- O du Schlang! Hab ich das um dich verdient? Unter den vierhundert und neun und dreißig Schlan- genpräparaten des Petersburger Natura- lienkabinets, dürfte schwerlich so eine be- trügliche Paradiesschlange, wie du, anzu- treffen seyn.
Sophie! Sophie! noch schmeichelt dein Nam meinem Ohr; -- auch du hattest also deinen Fischschwanz? Trugst den Schalk im Herzen, den der Zauberreiz deiner Ge-
stalt
unſichtbar gemacht? Lag mir die ſchlaue Dirn’ deßhalb ſo an, bey des Gerichtshal- ters Mutter ihr Quartier in der Stadt zu beſehen, daß ſie ſich bey dieſer Gelegenheit aus’m Staub macht’? Hat keinen Fuß in der ehrbaren Matron’ Haus geſezt, iſt un- terwegs im Gaſthaus an der Straß’, von einem irrenden Ritter weggekapert, wel- ches, wie der Augenſchein lehrt, ein abge- legter Handel war. Wenn ſie von mor- lackiſcher Abkunft geweſen waͤr, ſollt’ mich die freywillige Entfuͤhrung nicht Wunder nehmen, denn dort ſoll’s Entfuͤhrenlaſſen, nach des Abbate Fortis Bemerkung, ein Nationalfehler der iungen Dirnen ſeyn; aber bey uns iſts, denk ich, noch zur Zeit nicht Sitt’ im Lande. — O du Schlang! Hab ich das um dich verdient? Unter den vierhundert und neun und dreißig Schlan- genpraͤparaten des Petersburger Natura- lienkabinets, duͤrfte ſchwerlich ſo eine be- truͤgliche Paradiesſchlange, wie du, anzu- treffen ſeyn.
Sophie! Sophie! noch ſchmeichelt dein Nam meinem Ohr; — auch du hatteſt alſo deinen Fiſchſchwanz? Trugſt den Schalk im Herzen, den der Zauberreiz deiner Ge-
ſtalt
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unſichtbar gemacht? Lag mir die ſchlaue
Dirn’ deßhalb ſo an, bey des Gerichtshal-
ters Mutter ihr Quartier in der Stadt zu
beſehen, daß ſie ſich bey dieſer Gelegenheit
aus’m Staub macht’? Hat keinen Fuß in
der ehrbaren Matron’ Haus geſezt, iſt un-
terwegs im Gaſthaus an der Straß’, von
einem irrenden Ritter weggekapert, wel-
ches, wie der Augenſchein lehrt, ein abge-
legter Handel war. Wenn ſie von mor-
lackiſcher Abkunft geweſen waͤr, ſollt’ mich
die freywillige Entfuͤhrung nicht Wunder
nehmen, denn dort ſoll’s Entfuͤhrenlaſſen,
nach des Abbate Fortis Bemerkung, ein
Nationalfehler der iungen Dirnen ſeyn;
aber bey uns iſts, denk ich, noch zur Zeit
nicht Sitt’ im Lande. — O du Schlang!
Hab ich das um dich verdient? Unter den
vierhundert und neun und dreißig Schlan-
genpraͤparaten des Petersburger Natura-
lienkabinets, duͤrfte ſchwerlich ſo eine be-
truͤgliche Paradiesſchlange, wie du, anzu-
treffen ſeyn.
Sophie! Sophie! noch ſchmeichelt dein
Nam meinem Ohr; — auch du hatteſt alſo
deinen Fiſchſchwanz? Trugſt den Schalk
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/197>, abgerufen am 08.07.2024.
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