Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

vorgegeben hat, Philipp sey ihr Vetter, der
wiß' um alles, und den möchten sie ihrent-
wegen nur befragen; (aber mit dem redt
seit dem Winter her kein Mensch aus der
Pfarr' ein Wort.) Drauf verbreitet' sich
ein Geschwätz, Philipp hab das After-
mühmchen unter der Hand hierher gebracht,
darüber hats nun, hör ich, schon manche
Schrauberey gegeben. Am Montag spricht
der Volkmar, Philipp hab' ietzt mit dem
Gott Merkur einerley Bestallung überkom-
men; sey einer so gut Pimp wie der andre,
iener bey seinem Brodherrn wie dieser beym
Sultan im Olymp. Dem Philipp schwillt
der Kamm über diese Red', faßt den Witz-
ler beym Kragen, und pimpt ihn dergestalt
mit der geballten Faust ins Gesicht, daß
ihm ein paar Schneidzähne seit dem ab-
gängig worden sind. Das gab einen Teu-
fels Lerm und Verdruß, bracht' mich vol-
lends in Harnisch, und nun griesgram ich
im Haus umher, daß mir alles aus dem
Weg' geht; bin mißmüthig und grämlich;
irrt mich iede Flieg' an der Wand, ich
mussir wie eine Champagnerflasch' die Luft
gefangen hat: der geringste Anstoß vermag
ietzt den Stöpfel zu treiben. Komm mir

drum
J 4

vorgegeben hat, Philipp ſey ihr Vetter, der
wiß’ um alles, und den moͤchten ſie ihrent-
wegen nur befragen; (aber mit dem redt
ſeit dem Winter her kein Menſch aus der
Pfarr’ ein Wort.) Drauf verbreitet’ ſich
ein Geſchwaͤtz, Philipp hab das After-
muͤhmchen unter der Hand hierher gebracht,
daruͤber hats nun, hoͤr ich, ſchon manche
Schrauberey gegeben. Am Montag ſpricht
der Volkmar, Philipp hab’ ietzt mit dem
Gott Merkur einerley Beſtallung uͤberkom-
men; ſey einer ſo gut Pimp wie der andre,
iener bey ſeinem Brodherrn wie dieſer beym
Sultan im Olymp. Dem Philipp ſchwillt
der Kamm uͤber dieſe Red’, faßt den Witz-
ler beym Kragen, und pimpt ihn dergeſtalt
mit der geballten Fauſt ins Geſicht, daß
ihm ein paar Schneidzaͤhne ſeit dem ab-
gaͤngig worden ſind. Das gab einen Teu-
fels Lerm und Verdruß, bracht’ mich vol-
lends in Harniſch, und nun griesgram ich
im Haus umher, daß mir alles aus dem
Weg’ geht; bin mißmuͤthig und graͤmlich;
irrt mich iede Flieg’ an der Wand, ich
muſſir wie eine Champagnerflaſch’ die Luft
gefangen hat: der geringſte Anſtoß vermag
ietzt den Stoͤpfel zu treiben. Komm mir

drum
J 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0141" n="135"/>
vorgegeben hat, Philipp &#x017F;ey ihr Vetter, der<lb/>
wiß&#x2019; um alles, und den mo&#x0364;chten &#x017F;ie ihrent-<lb/>
wegen nur befragen; (aber mit dem redt<lb/>
&#x017F;eit dem Winter her kein Men&#x017F;ch aus der<lb/>
Pfarr&#x2019; ein Wort.) Drauf verbreitet&#x2019; &#x017F;ich<lb/>
ein Ge&#x017F;chwa&#x0364;tz, Philipp hab das After-<lb/>
mu&#x0364;hmchen unter der Hand hierher gebracht,<lb/>
daru&#x0364;ber hats nun, ho&#x0364;r ich, &#x017F;chon manche<lb/>
Schrauberey gegeben. Am Montag &#x017F;pricht<lb/>
der Volkmar, Philipp hab&#x2019; ietzt mit dem<lb/>
Gott Merkur einerley Be&#x017F;tallung u&#x0364;berkom-<lb/>
men; &#x017F;ey einer &#x017F;o gut Pimp wie der andre,<lb/>
iener bey &#x017F;einem Brodherrn wie die&#x017F;er beym<lb/>
Sultan im Olymp. Dem Philipp &#x017F;chwillt<lb/>
der Kamm u&#x0364;ber die&#x017F;e Red&#x2019;, faßt den Witz-<lb/>
ler beym Kragen, und pimpt ihn derge&#x017F;talt<lb/>
mit der geballten Fau&#x017F;t ins Ge&#x017F;icht, daß<lb/>
ihm ein paar Schneidza&#x0364;hne &#x017F;eit dem ab-<lb/>
ga&#x0364;ngig worden &#x017F;ind. Das gab einen Teu-<lb/>
fels Lerm und Verdruß, bracht&#x2019; mich vol-<lb/>
lends in Harni&#x017F;ch, und nun griesgram ich<lb/>
im Haus umher, daß mir alles aus dem<lb/>
Weg&#x2019; geht; bin mißmu&#x0364;thig und gra&#x0364;mlich;<lb/>
irrt mich iede Flieg&#x2019; an der Wand, ich<lb/>
mu&#x017F;&#x017F;ir wie eine Champagnerfla&#x017F;ch&#x2019; die Luft<lb/>
gefangen hat: der gering&#x017F;te An&#x017F;toß vermag<lb/>
ietzt den Sto&#x0364;pfel zu treiben. Komm mir<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 4</fw><fw place="bottom" type="catch">drum</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0141] vorgegeben hat, Philipp ſey ihr Vetter, der wiß’ um alles, und den moͤchten ſie ihrent- wegen nur befragen; (aber mit dem redt ſeit dem Winter her kein Menſch aus der Pfarr’ ein Wort.) Drauf verbreitet’ ſich ein Geſchwaͤtz, Philipp hab das After- muͤhmchen unter der Hand hierher gebracht, daruͤber hats nun, hoͤr ich, ſchon manche Schrauberey gegeben. Am Montag ſpricht der Volkmar, Philipp hab’ ietzt mit dem Gott Merkur einerley Beſtallung uͤberkom- men; ſey einer ſo gut Pimp wie der andre, iener bey ſeinem Brodherrn wie dieſer beym Sultan im Olymp. Dem Philipp ſchwillt der Kamm uͤber dieſe Red’, faßt den Witz- ler beym Kragen, und pimpt ihn dergeſtalt mit der geballten Fauſt ins Geſicht, daß ihm ein paar Schneidzaͤhne ſeit dem ab- gaͤngig worden ſind. Das gab einen Teu- fels Lerm und Verdruß, bracht’ mich vol- lends in Harniſch, und nun griesgram ich im Haus umher, daß mir alles aus dem Weg’ geht; bin mißmuͤthig und graͤmlich; irrt mich iede Flieg’ an der Wand, ich muſſir wie eine Champagnerflaſch’ die Luft gefangen hat: der geringſte Anſtoß vermag ietzt den Stoͤpfel zu treiben. Komm mir drum J 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/141
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/141>, abgerufen am 27.04.2024.