zarten guten Seele, im Munde ruhig lä- chelnder Witz, mit etwas süßlicher Bonhom- mie tingirt. Der Variant setzt hinzu: ia wohl süß; aber wie schlechter gezuckerter Wein, der auf Eßig sticht. Aus dem nied- lichen Lärvchen guckt Weiblichkeit, Ziererey und Kocketterie heraus, aber unter'n Schley- er kindlicher Unschuld versteckt. Medisirt das Mädchen schon frisch weg, und sieht so naiv dazu aus, als könnt' sie kein Wasser trüben; stößt mit ihrem Stutzköpfgen dem- ungeachtet um sich, wie die iährigen Läm- mer pflegen wenns wittern will, oder ein Platzregen bevorsteht.
Bin's müde mehr aufzuzeichnen, wollen sehen, ob von diesem Unkraut, das die bö- se Laun zwischen den guten Physiognomi- schen Waitzen gesäet hat, was aufkeimen; oder ob Letzterer auf dem guten Acker mei- nes Herzens die Oberhand gewinnen, und das Lolch oder Tollkorn wieder verdrücken werd. Kein Wunder, daß mir die Origi- nale, wenn sie höchstalbern auf mich die Nasen rümpfen, noch viel widerwärtiger und Frazzenmäßiger vorkommen, als diese Kopien, mit ihren ruhig hinstarrenden Schattennasen, Tret ich ietzt in den Zir-
kel
zarten guten Seele, im Munde ruhig laͤ- chelnder Witz, mit etwas ſuͤßlicher Bonhom- mie tingirt. Der Variant ſetzt hinzu: ia wohl ſuͤß; aber wie ſchlechter gezuckerter Wein, der auf Eßig ſticht. Aus dem nied- lichen Laͤrvchen guckt Weiblichkeit, Ziererey und Kocketterie heraus, aber unter’n Schley- er kindlicher Unſchuld verſteckt. Mediſirt das Maͤdchen ſchon friſch weg, und ſieht ſo naiv dazu aus, als koͤnnt’ ſie kein Waſſer truͤben; ſtoͤßt mit ihrem Stutzkoͤpfgen dem- ungeachtet um ſich, wie die iaͤhrigen Laͤm- mer pflegen wenns wittern will, oder ein Platzregen bevorſteht.
Bin’s muͤde mehr aufzuzeichnen, wollen ſehen, ob von dieſem Unkraut, das die boͤ- ſe Laun zwiſchen den guten Phyſiognomi- ſchen Waitzen geſaͤet hat, was aufkeimen; oder ob Letzterer auf dem guten Acker mei- nes Herzens die Oberhand gewinnen, und das Lolch oder Tollkorn wieder verdruͤcken werd. Kein Wunder, daß mir die Origi- nale, wenn ſie hoͤchſtalbern auf mich die Naſen ruͤmpfen, noch viel widerwaͤrtiger und Frazzenmaͤßiger vorkommen, als dieſe Kopien, mit ihren ruhig hinſtarrenden Schattennaſen, Tret ich ietzt in den Zir-
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zarten guten Seele, im Munde ruhig laͤ-
chelnder Witz, mit etwas ſuͤßlicher Bonhom-
mie tingirt. Der Variant ſetzt hinzu: ia
wohl ſuͤß; aber wie ſchlechter gezuckerter
Wein, der auf Eßig ſticht. Aus dem nied-
lichen Laͤrvchen guckt Weiblichkeit, Ziererey
und Kocketterie heraus, aber unter’n Schley-
er kindlicher Unſchuld verſteckt. Mediſirt
das Maͤdchen ſchon friſch weg, und ſieht ſo
naiv dazu aus, als koͤnnt’ ſie kein Waſſer
truͤben; ſtoͤßt mit ihrem Stutzkoͤpfgen dem-
ungeachtet um ſich, wie die iaͤhrigen Laͤm-
mer pflegen wenns wittern will, oder ein
Platzregen bevorſteht.
Bin’s muͤde mehr aufzuzeichnen, wollen
ſehen, ob von dieſem Unkraut, das die boͤ-
ſe Laun zwiſchen den guten Phyſiognomi-
ſchen Waitzen geſaͤet hat, was aufkeimen;
oder ob Letzterer auf dem guten Acker mei-
nes Herzens die Oberhand gewinnen, und
das Lolch oder Tollkorn wieder verdruͤcken
werd. Kein Wunder, daß mir die Origi-
nale, wenn ſie hoͤchſtalbern auf mich die
Naſen ruͤmpfen, noch viel widerwaͤrtiger
und Frazzenmaͤßiger vorkommen, als dieſe
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/133>, abgerufen am 27.07.2024.
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