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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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boshaftes Mißtrauen uud Katzenartige Tü-
cke, Schlauheit und Lauersamkeit zu lesen.
Will doch Wundershalber einige dieser Va-
rianten hier aufzeichnen, um zu sehen, ob
nach einiger Zeit etwas davon stet und fix
bleibet; oder ob bey der Wiederkehr der lieb-
lichen Sonnenblicke eines heitern Gemüths,
das all' wieder verlischen und wegschmilzen
werd', wie die Figuren der gefrohrnen Dünst
an den Fensterscheiben.

Nro. 3. Ein weiblich Profil, steht in
meinem physiognomischen Manual ange-
zeichnet, mit einer Nase, die mich mit Ach-
tung, Ehrfurcht und Demuth gegen sie er-
füllt; ietzt setzt mein innres Gefühl dazu:
hervor lüsternd, Hohn sitzt auf dieser Nase,
nicht stille verschlossene friedliche Klugheit.

Nro. 4. Ein Seelenvolles Gesicht, voll
Witz, Laune, Empfindungsempfänglichkeit.
Zusatz. Sieht ins Affengeschlecht, eitel
Grimasse! Kommt mir das Männchen nicht
anders vor, als woll es eben einen krum-
men Sprung durch'n Reif machen.

Nro. 7. Fromme häusliche Tugend,
Gutmüthigkeit, Geist der Anordnung und
Geschäftigkeit in weiblichen Verrichtungen,
immer sieben stille Thaten, statt eines Worts,

im

boshaftes Mißtrauen uud Katzenartige Tuͤ-
cke, Schlauheit und Lauerſamkeit zu leſen.
Will doch Wundershalber einige dieſer Va-
rianten hier aufzeichnen, um zu ſehen, ob
nach einiger Zeit etwas davon ſtet und fix
bleibet; oder ob bey der Wiederkehr der lieb-
lichen Sonnenblicke eines heitern Gemuͤths,
das all’ wieder verliſchen und wegſchmilzen
werd’, wie die Figuren der gefrohrnen Duͤnſt
an den Fenſterſcheiben.

Nro. 3. Ein weiblich Profil, ſteht in
meinem phyſiognomiſchen Manual ange-
zeichnet, mit einer Naſe, die mich mit Ach-
tung, Ehrfurcht und Demuth gegen ſie er-
fuͤllt; ietzt ſetzt mein innres Gefuͤhl dazu:
hervor luͤſternd, Hohn ſitzt auf dieſer Naſe,
nicht ſtille verſchloſſene friedliche Klugheit.

Nro. 4. Ein Seelenvolles Geſicht, voll
Witz, Laune, Empfindungsempfaͤnglichkeit.
Zuſatz. Sieht ins Affengeſchlecht, eitel
Grimaſſe! Kommt mir das Maͤnnchen nicht
anders vor, als woll es eben einen krum-
men Sprung durch’n Reif machen.

Nro. 7. Fromme haͤusliche Tugend,
Gutmuͤthigkeit, Geiſt der Anordnung und
Geſchaͤftigkeit in weiblichen Verrichtungen,
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im
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[125/0131] boshaftes Mißtrauen uud Katzenartige Tuͤ- cke, Schlauheit und Lauerſamkeit zu leſen. Will doch Wundershalber einige dieſer Va- rianten hier aufzeichnen, um zu ſehen, ob nach einiger Zeit etwas davon ſtet und fix bleibet; oder ob bey der Wiederkehr der lieb- lichen Sonnenblicke eines heitern Gemuͤths, das all’ wieder verliſchen und wegſchmilzen werd’, wie die Figuren der gefrohrnen Duͤnſt an den Fenſterſcheiben. Nro. 3. Ein weiblich Profil, ſteht in meinem phyſiognomiſchen Manual ange- zeichnet, mit einer Naſe, die mich mit Ach- tung, Ehrfurcht und Demuth gegen ſie er- fuͤllt; ietzt ſetzt mein innres Gefuͤhl dazu: hervor luͤſternd, Hohn ſitzt auf dieſer Naſe, nicht ſtille verſchloſſene friedliche Klugheit. Nro. 4. Ein Seelenvolles Geſicht, voll Witz, Laune, Empfindungsempfaͤnglichkeit. Zuſatz. Sieht ins Affengeſchlecht, eitel Grimaſſe! Kommt mir das Maͤnnchen nicht anders vor, als woll es eben einen krum- men Sprung durch’n Reif machen. Nro. 7. Fromme haͤusliche Tugend, Gutmuͤthigkeit, Geiſt der Anordnung und Geſchaͤftigkeit in weiblichen Verrichtungen, immer ſieben ſtille Thaten, ſtatt eines Worts, im

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/131>, abgerufen am 28.04.2024.