chen, um bey ienen das Schrällein oder die Trudt, und bey diesen Gefröhrnisse, Aufbäumungen und durch Malefiz verur- sachte Hindernisse der Eheleute zu vertreiben, wiewohl Gevatter Rambold darüber keine Klag zu haben vermeinte. Sie verehrt's dern Kinde mit dem Beyfügen: man pfleg zwar hier zu Land' auf dergleichen Ding nicht zu achten; inzwischen wenn's nicht helfe, könnt's auch nicht schaden. Doch die gute Tante hätt' viel drum gegeben, daß sie ihr Wort wieder gehabt hätt: das Ungethüm, Dr. Baldrian rümpfte seine hippokratische Nase, und fuhr ihr an den Hals wie 'n wilder Kater, sah das als ei- nen Eingriff in sein medicinisch Forum an, erklärt' die Segensformel für Kontreband, und rollt's Papier als einen Fidibus zusam- men; würd auch sonder Zweifel der alten Dame, ohne Rücksicht auf die geistliche Verwandtschafft, noch einen langen Ver- balprozeß gemacht haben, wenn sich nicht der Hauswirth dazwischen gelegt und sie auseinander geschieden hätt'.
Die Herren Geistlichen saßen zusammen in ihrem eignen Zirkel, führten allerley er- baulich Gespräch unter einander, dolirten
heftig
chen, um bey ienen das Schraͤllein oder die Trudt, und bey dieſen Gefroͤhrniſſe, Aufbaͤumungen und durch Malefiz verur- ſachte Hinderniſſe der Eheleute zu vertreiben, wiewohl Gevatter Rambold daruͤber keine Klag zu haben vermeinte. Sie verehrt’s dern Kinde mit dem Beyfuͤgen: man pfleg zwar hier zu Land’ auf dergleichen Ding nicht zu achten; inzwiſchen wenn’s nicht helfe, koͤnnt’s auch nicht ſchaden. Doch die gute Tante haͤtt’ viel drum gegeben, daß ſie ihr Wort wieder gehabt haͤtt: das Ungethuͤm, Dr. Baldrian ruͤmpfte ſeine hippokratiſche Naſe, und fuhr ihr an den Hals wie ’n wilder Kater, ſah das als ei- nen Eingriff in ſein mediciniſch Forum an, erklaͤrt’ die Segensformel fuͤr Kontreband, und rollt’s Papier als einen Fidibus zuſam- men; wuͤrd auch ſonder Zweifel der alten Dame, ohne Ruͤckſicht auf die geiſtliche Verwandtſchafft, noch einen langen Ver- balprozeß gemacht haben, wenn ſich nicht der Hauswirth dazwiſchen gelegt und ſie auseinander geſchieden haͤtt’.
Die Herren Geiſtlichen ſaßen zuſammen in ihrem eignen Zirkel, fuͤhrten allerley er- baulich Geſpraͤch unter einander, dolirten
heftig
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chen, um bey ienen das Schraͤllein oder
die Trudt, und bey dieſen Gefroͤhrniſſe,
Aufbaͤumungen und durch Malefiz verur-
ſachte Hinderniſſe der Eheleute zu vertreiben,
wiewohl Gevatter Rambold daruͤber keine
Klag zu haben vermeinte. Sie verehrt’s
dern Kinde mit dem Beyfuͤgen: man pfleg
zwar hier zu Land’ auf dergleichen Ding
nicht zu achten; inzwiſchen wenn’s nicht
helfe, koͤnnt’s auch nicht ſchaden. Doch
die gute Tante haͤtt’ viel drum gegeben,
daß ſie ihr Wort wieder gehabt haͤtt: das
Ungethuͤm, Dr. Baldrian ruͤmpfte ſeine
hippokratiſche Naſe, und fuhr ihr an den
Hals wie ’n wilder Kater, ſah das als ei-
nen Eingriff in ſein mediciniſch Forum an,
erklaͤrt’ die Segensformel fuͤr Kontreband,
und rollt’s Papier als einen Fidibus zuſam-
men; wuͤrd auch ſonder Zweifel der alten
Dame, ohne Ruͤckſicht auf die geiſtliche
Verwandtſchafft, noch einen langen Ver-
balprozeß gemacht haben, wenn ſich nicht
der Hauswirth dazwiſchen gelegt und ſie
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Die Herren Geiſtlichen ſaßen zuſammen
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/113>, abgerufen am 27.07.2024.
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