Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

verachten ist. Der Baron hat ihm unter den Fuß gegeben gehabt, einen lustigen Gedanken über die Frau v. W. mit einzumischen. Er hat es gethan; aber zum Glück hat er seinen satirischen Einfall so versteckt, daß er von wenigen bemerkt wurde. Ob ich mich gleich nicht für sonderlich scharfsinnig halte: so konnte ich doch leicht errathen, was die Eule, die Athen verehrt, zu bedeuten hatte. Die Auslegung, die der Baron über diesen dunkeln Ausdruck machte, die fernern Untersuchungen des Majors zu unterbrechen, war sehr weit hergeholt, und wollte an keinem Orte recht passen. Er sahe wohl den wahren Verstand ein: aber es war nicht rathsam, diesen Text gar zu genau zu erklären.

Aber hören Sie doch, mein liebes Fräulein, warum suchen Sie den Major immer gegen mich in Harnisch zu bringen? Sie müssen einen großen Wohlgefallen daran haben, mich einmal mit ihm zanken zu sehen, daß Sie uns immer zusammen hetzen. Nun kann

verachten ist. Der Baron hat ihm unter den Fuß gegeben gehabt, einen lustigen Gedanken über die Frau v. W. mit einzumischen. Er hat es gethan; aber zum Glück hat er seinen satirischen Einfall so versteckt, daß er von wenigen bemerkt wurde. Ob ich mich gleich nicht für sonderlich scharfsinnig halte: so konnte ich doch leicht errathen, was die Eule, die Athen verehrt, zu bedeuten hatte. Die Auslegung, die der Baron über diesen dunkeln Ausdruck machte, die fernern Untersuchungen des Majors zu unterbrechen, war sehr weit hergeholt, und wollte an keinem Orte recht passen. Er sahe wohl den wahren Verstand ein: aber es war nicht rathsam, diesen Text gar zu genau zu erklären.

Aber hören Sie doch, mein liebes Fräulein, warum suchen Sie den Major immer gegen mich in Harnisch zu bringen? Sie müssen einen großen Wohlgefallen daran haben, mich einmal mit ihm zanken zu sehen, daß Sie uns immer zusammen hetzen. Nun kann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="76"/>
verachten ist. Der Baron hat ihm unter den Fuß gegeben gehabt, einen lustigen Gedanken über die Frau v. W. mit einzumischen. Er hat es gethan; aber zum Glück hat er seinen satirischen Einfall so versteckt, daß er von wenigen bemerkt wurde. Ob ich mich gleich nicht für sonderlich scharfsinnig halte: so konnte ich doch leicht errathen, was die Eule, die Athen verehrt, zu bedeuten hatte. Die Auslegung, die der Baron über diesen dunkeln Ausdruck machte, die fernern Untersuchungen des Majors zu unterbrechen, war sehr weit hergeholt, und wollte an keinem Orte recht passen. Er sahe wohl den wahren Verstand ein: aber es war nicht rathsam, diesen Text gar zu genau zu erklären.</p>
        <p>Aber hören Sie doch, mein liebes Fräulein, warum suchen Sie den Major immer gegen mich in Harnisch zu bringen? Sie müssen einen großen Wohlgefallen daran haben, mich einmal mit ihm zanken zu sehen, daß Sie uns immer zusammen hetzen. Nun kann
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0078] verachten ist. Der Baron hat ihm unter den Fuß gegeben gehabt, einen lustigen Gedanken über die Frau v. W. mit einzumischen. Er hat es gethan; aber zum Glück hat er seinen satirischen Einfall so versteckt, daß er von wenigen bemerkt wurde. Ob ich mich gleich nicht für sonderlich scharfsinnig halte: so konnte ich doch leicht errathen, was die Eule, die Athen verehrt, zu bedeuten hatte. Die Auslegung, die der Baron über diesen dunkeln Ausdruck machte, die fernern Untersuchungen des Majors zu unterbrechen, war sehr weit hergeholt, und wollte an keinem Orte recht passen. Er sahe wohl den wahren Verstand ein: aber es war nicht rathsam, diesen Text gar zu genau zu erklären. Aber hören Sie doch, mein liebes Fräulein, warum suchen Sie den Major immer gegen mich in Harnisch zu bringen? Sie müssen einen großen Wohlgefallen daran haben, mich einmal mit ihm zanken zu sehen, daß Sie uns immer zusammen hetzen. Nun kann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/78
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/78>, abgerufen am 21.11.2024.