so schlug er vor, man sollte einen Kranz von Tannenzweigen über den Rednerstuhl aufhängen. Dieser Vorschlag wurde angenommen, und in kurzer Zeit sahe man ein Weinzeichen, das Fräulein Julgen und ich mit verschiedenen Bändern ausgeputzt hatten, an einer seidenen Schnur über dem Lehrstuhle prangen. Herr Lampert, der die Ehre haben wollte den Cranz an die Schnure zu bevestigen, hatte aber dabei das Unglück, da er wieder vom Stuhle steigen wollte, daß er aus dem Gleichgewichte kam, und einen so gräßlichen Fall in die Stube that, daß ich glaube, man hat die Erschütterung, die dadurch verursacht wurde, auf eine Meile weit verspühret. Man machte, wie bei merkwürdigen Begebenheiten alles ominös scheinet, über diesen Zufall verschiedene Auslegungen, der Baron meinte, die Akademie würde, wenn sie auf den höchsten Gipfel ihrer Vollkommenheit gestiegen zu seyn glaubte, plötzlich in Verfall gerathen und zu Boden liegen. Andere glaubten, weil am Tage ihrer feierlichen Einweihung,
so schlug er vor, man sollte einen Kranz von Tannenzweigen über den Rednerstuhl aufhängen. Dieser Vorschlag wurde angenommen, und in kurzer Zeit sahe man ein Weinzeichen, das Fräulein Julgen und ich mit verschiedenen Bändern ausgeputzt hatten, an einer seidenen Schnur über dem Lehrstuhle prangen. Herr Lampert, der die Ehre haben wollte den Cranz an die Schnure zu bevestigen, hatte aber dabei das Unglück, da er wieder vom Stuhle steigen wollte, daß er aus dem Gleichgewichte kam, und einen so gräßlichen Fall in die Stube that, daß ich glaube, man hat die Erschütterung, die dadurch verursacht wurde, auf eine Meile weit verspühret. Man machte, wie bei merkwürdigen Begebenheiten alles ominös scheinet, über diesen Zufall verschiedene Auslegungen, der Baron meinte, die Akademie würde, wenn sie auf den höchsten Gipfel ihrer Vollkommenheit gestiegen zu seyn glaubte, plötzlich in Verfall gerathen und zu Boden liegen. Andere glaubten, weil am Tage ihrer feierlichen Einweihung,
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0201"n="199"/>
so schlug er vor, man sollte einen Kranz von Tannenzweigen über den Rednerstuhl aufhängen. Dieser Vorschlag wurde angenommen, und in kurzer Zeit sahe man ein Weinzeichen, das Fräulein Julgen und ich mit verschiedenen Bändern ausgeputzt hatten, an einer seidenen Schnur über dem Lehrstuhle prangen. Herr Lampert, der die Ehre haben wollte den Cranz an die Schnure zu bevestigen, hatte aber dabei das Unglück, da er wieder vom Stuhle steigen wollte, daß er aus dem Gleichgewichte kam, und einen so gräßlichen Fall in die Stube that, daß ich glaube, man hat die Erschütterung, die dadurch verursacht wurde, auf eine Meile weit verspühret. Man machte, wie bei merkwürdigen Begebenheiten alles ominös scheinet, über diesen Zufall verschiedene Auslegungen, der Baron meinte, die Akademie würde, wenn sie auf den höchsten Gipfel ihrer Vollkommenheit gestiegen zu seyn glaubte, plötzlich in Verfall gerathen und zu Boden liegen. Andere glaubten, weil am Tage ihrer feierlichen Einweihung,
</p></div></body></text></TEI>
[199/0201]
so schlug er vor, man sollte einen Kranz von Tannenzweigen über den Rednerstuhl aufhängen. Dieser Vorschlag wurde angenommen, und in kurzer Zeit sahe man ein Weinzeichen, das Fräulein Julgen und ich mit verschiedenen Bändern ausgeputzt hatten, an einer seidenen Schnur über dem Lehrstuhle prangen. Herr Lampert, der die Ehre haben wollte den Cranz an die Schnure zu bevestigen, hatte aber dabei das Unglück, da er wieder vom Stuhle steigen wollte, daß er aus dem Gleichgewichte kam, und einen so gräßlichen Fall in die Stube that, daß ich glaube, man hat die Erschütterung, die dadurch verursacht wurde, auf eine Meile weit verspühret. Man machte, wie bei merkwürdigen Begebenheiten alles ominös scheinet, über diesen Zufall verschiedene Auslegungen, der Baron meinte, die Akademie würde, wenn sie auf den höchsten Gipfel ihrer Vollkommenheit gestiegen zu seyn glaubte, plötzlich in Verfall gerathen und zu Boden liegen. Andere glaubten, weil am Tage ihrer feierlichen Einweihung,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T15:30:31Z)
Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/201>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.