Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

Er dachte deswegen auf Mittel sich aus dieser Verlegenheit zu ziehen, und suchte meine Mutter durch ein höfliches Bezeigen zu gewinnen, daß sie jetzo nicht in ihn dringen möchte, ihr das Capital abzutragen. Einigermaßen hat er sie gewonnen, aber noch nicht völlig; sie verspricht ihm einige Nachsicht zu geben, wenn es ihre Umstände leiden wollten, das Geld noch eine Zeitlang zu missen. Sobald er ihr aber die geringste Gelegenheit zu einem Verdrusse giebt: so wird sie das Geld nicht eine Stunde länger entrathen können. Schreiben Sie also dieser Ursache allein alle seine Beeiferungen zu, sich ihr gefällig zu machen.

Ich muß Ihnen wegen einer kleinen Schmeichelei verbunden seyn, Sie schenken dem Major Ihre Achtung, weil er so von mir urtheilet, wie Sie glauben, daß ich es verdiene. Sie handeln sehr großmüthig; aber ich denke, er hat mir diese Ehre nicht alleine zu verdanken; Die persönlichen Eigenschaften tragen zu dem Urtheile, welches

Er dachte deswegen auf Mittel sich aus dieser Verlegenheit zu ziehen, und suchte meine Mutter durch ein höfliches Bezeigen zu gewinnen, daß sie jetzo nicht in ihn dringen möchte, ihr das Capital abzutragen. Einigermaßen hat er sie gewonnen, aber noch nicht völlig; sie verspricht ihm einige Nachsicht zu geben, wenn es ihre Umstände leiden wollten, das Geld noch eine Zeitlang zu missen. Sobald er ihr aber die geringste Gelegenheit zu einem Verdrusse giebt: so wird sie das Geld nicht eine Stunde länger entrathen können. Schreiben Sie also dieser Ursache allein alle seine Beeiferungen zu, sich ihr gefällig zu machen.

Ich muß Ihnen wegen einer kleinen Schmeichelei verbunden seyn, Sie schenken dem Major Ihre Achtung, weil er so von mir urtheilet, wie Sie glauben, daß ich es verdiene. Sie handeln sehr großmüthig; aber ich denke, er hat mir diese Ehre nicht alleine zu verdanken; Die persönlichen Eigenschaften tragen zu dem Urtheile, welches

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0075" n="73"/>
Er dachte deswegen auf Mittel sich aus dieser Verlegenheit zu ziehen, und suchte meine Mutter durch ein höfliches Bezeigen zu gewinnen, daß sie jetzo nicht in ihn dringen möchte, ihr das Capital abzutragen. Einigermaßen hat er sie gewonnen, aber noch nicht völlig; sie verspricht ihm einige Nachsicht zu geben, wenn es ihre Umstände leiden wollten, das Geld noch eine Zeitlang zu missen. Sobald er ihr aber die geringste Gelegenheit zu einem Verdrusse giebt: so wird sie das Geld nicht eine Stunde länger entrathen können. Schreiben Sie also dieser Ursache allein alle seine Beeiferungen zu, sich ihr gefällig zu machen.</p>
        <p>Ich muß Ihnen wegen einer kleinen Schmeichelei verbunden seyn, Sie schenken dem Major Ihre Achtung, weil er so von mir urtheilet, wie Sie glauben, daß ich es verdiene. Sie handeln sehr großmüthig; aber ich denke, er hat mir diese Ehre nicht alleine zu verdanken; Die persönlichen Eigenschaften tragen zu dem Urtheile, welches
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0075] Er dachte deswegen auf Mittel sich aus dieser Verlegenheit zu ziehen, und suchte meine Mutter durch ein höfliches Bezeigen zu gewinnen, daß sie jetzo nicht in ihn dringen möchte, ihr das Capital abzutragen. Einigermaßen hat er sie gewonnen, aber noch nicht völlig; sie verspricht ihm einige Nachsicht zu geben, wenn es ihre Umstände leiden wollten, das Geld noch eine Zeitlang zu missen. Sobald er ihr aber die geringste Gelegenheit zu einem Verdrusse giebt: so wird sie das Geld nicht eine Stunde länger entrathen können. Schreiben Sie also dieser Ursache allein alle seine Beeiferungen zu, sich ihr gefällig zu machen. Ich muß Ihnen wegen einer kleinen Schmeichelei verbunden seyn, Sie schenken dem Major Ihre Achtung, weil er so von mir urtheilet, wie Sie glauben, daß ich es verdiene. Sie handeln sehr großmüthig; aber ich denke, er hat mir diese Ehre nicht alleine zu verdanken; Die persönlichen Eigenschaften tragen zu dem Urtheile, welches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/75
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/75>, abgerufen am 29.03.2024.