Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

Gespräch in etwas zu verändern, gedachte der Baron, daß einer von Grandisons Jüngern zwei Frauenzimmer sehr beleidiget hätte, die deswegen auf Rache bedacht wären, und fragte mich zugleich, warum ich so roth würde, ob ich dadurch meine Rachbegierde verrathen wollte? Hierüber wurde ich in der That roth, diesen abgenutzten Spaß, die Männer auf Kosten des Frauenzimmers einmal lachen zu lassen, wendete der Baron dismal, seiner Gesellschaft zu Ehren, in dieser Absicht an. Ich wollte ihm wieder eins versetzen; doch ehe er mich zum Worte kommen lies, wendete er sich zum Major und sagte, er hätte schon in unserer Gegend einmal die gute Sache des Frauenzimmers mit Ruhme vertheidiget, worzu er sich entschlüßen wollte, wenn er hierzu nochmals aufgefodert würde? Der Herr von Ln. machte seinen besten Reverenz, er wollte gleich seinen Abschied fordern, sagte er, und aufhören, das Vaterland vertheidigen zu helfen, wenn er die Ehre haben sollte, für die Schönen zu fechten. Die Unterredung wurde über diesem

Gespräch in etwas zu verändern, gedachte der Baron, daß einer von Grandisons Jüngern zwei Frauenzimmer sehr beleidiget hätte, die deswegen auf Rache bedacht wären, und fragte mich zugleich, warum ich so roth würde, ob ich dadurch meine Rachbegierde verrathen wollte? Hierüber wurde ich in der That roth, diesen abgenutzten Spaß, die Männer auf Kosten des Frauenzimmers einmal lachen zu lassen, wendete der Baron dismal, seiner Gesellschaft zu Ehren, in dieser Absicht an. Ich wollte ihm wieder eins versetzen; doch ehe er mich zum Worte kommen lies, wendete er sich zum Major und sagte, er hätte schon in unserer Gegend einmal die gute Sache des Frauenzimmers mit Ruhme vertheidiget, worzu er sich entschlüßen wollte, wenn er hierzu nochmals aufgefodert würde? Der Herr von Ln. machte seinen besten Reverenz, er wollte gleich seinen Abschied fordern, sagte er, und aufhören, das Vaterland vertheidigen zu helfen, wenn er die Ehre haben sollte, für die Schönen zu fechten. Die Unterredung wurde über diesem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0307" n="305"/>
Gespräch in etwas zu verändern, gedachte der Baron, daß einer von Grandisons Jüngern zwei Frauenzimmer sehr beleidiget hätte, die deswegen auf Rache bedacht wären, und fragte mich zugleich, warum ich so roth würde, ob ich dadurch meine Rachbegierde verrathen wollte? Hierüber wurde ich in der That roth, diesen abgenutzten Spaß, die Männer auf Kosten des Frauenzimmers einmal lachen zu lassen, wendete der Baron dismal, seiner Gesellschaft zu Ehren, in dieser Absicht an. Ich wollte ihm wieder eins versetzen; doch ehe er mich zum Worte kommen lies, wendete er sich zum Major und sagte, er hätte schon in unserer Gegend einmal die gute Sache des Frauenzimmers mit Ruhme vertheidiget, worzu er sich entschlüßen wollte, wenn er hierzu nochmals aufgefodert würde? Der Herr von Ln. machte seinen besten Reverenz, er wollte gleich seinen Abschied fordern, sagte er, und aufhören, das Vaterland vertheidigen zu helfen, wenn er die Ehre haben sollte, für die Schönen zu fechten. Die Unterredung wurde über diesem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0307] Gespräch in etwas zu verändern, gedachte der Baron, daß einer von Grandisons Jüngern zwei Frauenzimmer sehr beleidiget hätte, die deswegen auf Rache bedacht wären, und fragte mich zugleich, warum ich so roth würde, ob ich dadurch meine Rachbegierde verrathen wollte? Hierüber wurde ich in der That roth, diesen abgenutzten Spaß, die Männer auf Kosten des Frauenzimmers einmal lachen zu lassen, wendete der Baron dismal, seiner Gesellschaft zu Ehren, in dieser Absicht an. Ich wollte ihm wieder eins versetzen; doch ehe er mich zum Worte kommen lies, wendete er sich zum Major und sagte, er hätte schon in unserer Gegend einmal die gute Sache des Frauenzimmers mit Ruhme vertheidiget, worzu er sich entschlüßen wollte, wenn er hierzu nochmals aufgefodert würde? Der Herr von Ln. machte seinen besten Reverenz, er wollte gleich seinen Abschied fordern, sagte er, und aufhören, das Vaterland vertheidigen zu helfen, wenn er die Ehre haben sollte, für die Schönen zu fechten. Die Unterredung wurde über diesem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/307
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/307>, abgerufen am 26.04.2024.