Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

Um mich völlig zu überzeugen, daß er mir die Wahrheit gesagt hätte, brachte er mir einen Brief, in welchen die zwei an uns waren eingeschlossen gewesen. Sie finden das Original selbst in meinem Briefe. Ich las solchen mit großer Aufmerksamkeit; thun Sie es ja auch, und fand in jeder Zeile für den Major eine Vertheidigung. Wozu dienet die große Sorgfalt, dachte ich, um nicht entdeckt zu werden, die er ganz vergebens anwenden würde, da er sich in den Briefen an uns genennet hat? Es könnte seyn, daß es wegen der Frau v. W. geschehen wäre, damit Bornseil nichts ausschwatzen möchte, daß er von dem Major Briefe an uns zu bestellen hätte. Das ließe sich zwar einiger maßen hören: aber im Grunde ist es nichts. Da der Verfasser der Briefe sich schmeichelt, daß wir uns mit ihm in einen Briefwechsel einlassen würden; so konnte es geschehen, daß die Frau v. W. einen Brief auffing. Würde sie nicht, wenn sie den alten Verwalter in ihrem Hause oft hätte ein und ausgehen sehen, auf seine Verrichtungen

Um mich völlig zu überzeugen, daß er mir die Wahrheit gesagt hätte, brachte er mir einen Brief, in welchen die zwei an uns waren eingeschlossen gewesen. Sie finden das Original selbst in meinem Briefe. Ich las solchen mit großer Aufmerksamkeit; thun Sie es ja auch, und fand in jeder Zeile für den Major eine Vertheidigung. Wozu dienet die große Sorgfalt, dachte ich, um nicht entdeckt zu werden, die er ganz vergebens anwenden würde, da er sich in den Briefen an uns genennet hat? Es könnte seyn, daß es wegen der Frau v. W. geschehen wäre, damit Bornseil nichts ausschwatzen möchte, daß er von dem Major Briefe an uns zu bestellen hätte. Das ließe sich zwar einiger maßen hören: aber im Grunde ist es nichts. Da der Verfasser der Briefe sich schmeichelt, daß wir uns mit ihm in einen Briefwechsel einlassen würden; so konnte es geschehen, daß die Frau v. W. einen Brief auffing. Würde sie nicht, wenn sie den alten Verwalter in ihrem Hause oft hätte ein und ausgehen sehen, auf seine Verrichtungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0279" n="277"/>
Um mich völlig zu überzeugen, daß er mir die Wahrheit gesagt hätte, brachte er mir einen Brief, in welchen die zwei an uns waren eingeschlossen gewesen. Sie finden das Original selbst in meinem Briefe. Ich las solchen mit großer Aufmerksamkeit; thun Sie es ja auch, und fand in jeder Zeile für den Major eine Vertheidigung. Wozu dienet die große Sorgfalt, dachte ich, um nicht entdeckt zu werden, die er ganz vergebens anwenden würde, da er sich in den Briefen an uns genennet hat? Es könnte seyn, daß es wegen der Frau v. W. geschehen wäre, damit Bornseil nichts ausschwatzen möchte, daß er von dem Major Briefe an uns zu bestellen hätte. Das ließe sich zwar einiger maßen hören: aber im Grunde ist es nichts. Da der Verfasser der Briefe sich schmeichelt, daß wir uns mit ihm in einen Briefwechsel einlassen würden; so konnte es geschehen, daß die Frau v. W. einen Brief auffing. Würde sie nicht, wenn sie den alten Verwalter in ihrem Hause oft hätte ein und ausgehen sehen, auf seine Verrichtungen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0279] Um mich völlig zu überzeugen, daß er mir die Wahrheit gesagt hätte, brachte er mir einen Brief, in welchen die zwei an uns waren eingeschlossen gewesen. Sie finden das Original selbst in meinem Briefe. Ich las solchen mit großer Aufmerksamkeit; thun Sie es ja auch, und fand in jeder Zeile für den Major eine Vertheidigung. Wozu dienet die große Sorgfalt, dachte ich, um nicht entdeckt zu werden, die er ganz vergebens anwenden würde, da er sich in den Briefen an uns genennet hat? Es könnte seyn, daß es wegen der Frau v. W. geschehen wäre, damit Bornseil nichts ausschwatzen möchte, daß er von dem Major Briefe an uns zu bestellen hätte. Das ließe sich zwar einiger maßen hören: aber im Grunde ist es nichts. Da der Verfasser der Briefe sich schmeichelt, daß wir uns mit ihm in einen Briefwechsel einlassen würden; so konnte es geschehen, daß die Frau v. W. einen Brief auffing. Würde sie nicht, wenn sie den alten Verwalter in ihrem Hause oft hätte ein und ausgehen sehen, auf seine Verrichtungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/279
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/279>, abgerufen am 07.05.2024.