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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Das 5. Capitel.
Feuchtigkeit durch die Zeitigung verzehret/ und
desto heiterer und gelber wird. Daher ist sich nicht
zu verwunderen/ daß die meisten grünen Früchte
gelbe/ etliche auch bald roth werden/ dann die un-
gewüsse Feuchtigkeit durch ihre Dunckelheit in
dem unzeitigen Obs eine Grüne bringet/ wann aber
dieselbe dann verjäsen und gnug verkochet ist/ so
vergehet die Dünckle (je nach dem derselben
Frucht Arth es mit sich bringet) und bricht das
Liecht desto heller herfür und die gelbe Farbe zu-
gleich darmit/ demnach ist auch kein Wunder/
daß die grünen Blätter der Gewächsen grün sind/
so lang sie wachsen/ wann sie aber anheben zu erster-
ben/ so gelben sie/ auß der Ursach/ weil der über-
flüssige Lufft zugleich mit dem Liecht an Statt der
wässerigen Feuchtigkeit in sie hineintringet/ und
die Farbe zeuget/ die der Weissen am nächsten.

Die gelbe Farb wird so underscheiden/ daß es
gibt Citronen-gelb/ Honig-gelb/ Roth-gelb/
Gold-gelb/ Pfriemen-gelb/ Bleich-gelb/ Feur-
gelb/ Ringelblumen-gelb/ Eyergelb u. a. m.

Es bedeutet aber die gelbe Farbe in den Ge-
wächsen ihre Zeitigung und einbrechende bäldeste
Vermoderung/ dann die ersterbende Blätter wer-
den gelbe/ weil (wie oben schon bedeutet) der
überflüssig Lufft zugleich mit dem Liecht an Statt
der wässerigen Feuchtigkeit in die Gewächse hinein-
tringet.

Also je älter die Menschen-Feißte ist/ je gelber
erscheinet sie/ und um so viel schärffer ist sie auch.
Alte Leuthe werden bleich-gelb/ da hingegen junge

Leuthe

Das 5. Capitel.
Feuchtigkeit durch die Zeitigung verzehret/ und
deſto heiterer und gelber wird. Daher iſt ſich nicht
zu verwunderen/ daß die meiſten gruͤnen Fruͤchte
gelbe/ etliche auch bald roth werden/ dann die un-
gewuͤſſe Feuchtigkeit durch ihre Dunckelheit in
dem unzeitigen Obs eine Gruͤne bringet/ wañ aber
dieſelbe dann verjaͤſen und gnug verkochet iſt/ ſo
vergehet die Duͤnckle (je nach dem derſelben
Frucht Arth es mit ſich bringet) und bricht das
Liecht deſto heller herfuͤr und die gelbe Farbe zu-
gleich darmit/ demnach iſt auch kein Wunder/
daß die gruͤnen Blaͤtter der Gewaͤchſen gruͤn ſind/
ſo lang ſie wachſen/ wañ ſie aber anheben zu erſter-
ben/ ſo gelben ſie/ auß der Urſach/ weil der uͤber-
fluͤſſige Lufft zugleich mit dem Liecht an Statt der
waͤſſerigen Feuchtigkeit in ſie hineintringet/ und
die Farbe zeuget/ die der Weiſſen am naͤchſten.

Die gelbe Farb wird ſo underſcheiden/ daß es
gibt Citronen-gelb/ Honig-gelb/ Roth-gelb/
Gold-gelb/ Pfriemen-gelb/ Bleich-gelb/ Feur-
gelb/ Ringelblumen-gelb/ Eyergelb u. a. m.

Es bedeutet aber die gelbe Farbe in den Ge-
waͤchſen ihre Zeitigung und einbrechende baͤldeſte
Vermoderung/ dann die erſterbende Blaͤtter wer-
den gelbe/ weil (wie oben ſchon bedeutet) der
uͤberfluͤſſig Lufft zugleich mit dem Liecht an Statt
der waͤſſerigen Feuchtigkeit in die Gewaͤchſe hinein-
tringet.

Alſo je aͤlter die Menſchen-Feißte iſt/ je gelber
erſcheinet ſie/ und um ſo viel ſchaͤrffer iſt ſie auch.
Alte Leuthe werden bleich-gelb/ da hingegen junge

Leuthe
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[48[46]/0078] Das 5. Capitel. Feuchtigkeit durch die Zeitigung verzehret/ und deſto heiterer und gelber wird. Daher iſt ſich nicht zu verwunderen/ daß die meiſten gruͤnen Fruͤchte gelbe/ etliche auch bald roth werden/ dann die un- gewuͤſſe Feuchtigkeit durch ihre Dunckelheit in dem unzeitigen Obs eine Gruͤne bringet/ wañ aber dieſelbe dann verjaͤſen und gnug verkochet iſt/ ſo vergehet die Duͤnckle (je nach dem derſelben Frucht Arth es mit ſich bringet) und bricht das Liecht deſto heller herfuͤr und die gelbe Farbe zu- gleich darmit/ demnach iſt auch kein Wunder/ daß die gruͤnen Blaͤtter der Gewaͤchſen gruͤn ſind/ ſo lang ſie wachſen/ wañ ſie aber anheben zu erſter- ben/ ſo gelben ſie/ auß der Urſach/ weil der uͤber- fluͤſſige Lufft zugleich mit dem Liecht an Statt der waͤſſerigen Feuchtigkeit in ſie hineintringet/ und die Farbe zeuget/ die der Weiſſen am naͤchſten. Die gelbe Farb wird ſo underſcheiden/ daß es gibt Citronen-gelb/ Honig-gelb/ Roth-gelb/ Gold-gelb/ Pfriemen-gelb/ Bleich-gelb/ Feur- gelb/ Ringelblumen-gelb/ Eyergelb u. a. m. Es bedeutet aber die gelbe Farbe in den Ge- waͤchſen ihre Zeitigung und einbrechende baͤldeſte Vermoderung/ dann die erſterbende Blaͤtter wer- den gelbe/ weil (wie oben ſchon bedeutet) der uͤberfluͤſſig Lufft zugleich mit dem Liecht an Statt der waͤſſerigen Feuchtigkeit in die Gewaͤchſe hinein- tringet. Alſo je aͤlter die Menſchen-Feißte iſt/ je gelber erſcheinet ſie/ und um ſo viel ſchaͤrffer iſt ſie auch. Alte Leuthe werden bleich-gelb/ da hingegen junge Leuthe

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 48[46]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/78>, abgerufen am 23.11.2024.