Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 3. Capitel.
butericht/ eckel-süß (darab man leicht einen Eckel
bekommet) oder süßholtzig oder gleichet dem Ho-
nig oder dem Zucker. Die süssen Dinge sind von
einanderen underscheiden/ dann das ein ist lieb-
lich/ und gleichet dem Geschmack der Milch/ des
Butters/ oder der Feißte/ und hat die Kraffe zu
stopffen. Ein anders ist ekelig/ und gleichet dem
Süßholtz von Geschmack/ und ist darneben einer
so durchdringenden Süssigkeit daß es alles in sich
begriffenes/ saltzichtes oder bitteres Wessen ver-
süsset.

Die ungeschmachten Dinge bestehen in einer
nicht gar rauchen Fläche/ sonder sind gleichsam
geschliffen und glatt/ wie an den schleimerichten
Gummi zu sehen. Der Fettgeschmack bestehet in
kugelichten/ anhangenden Theilen/ die sich in die
Lufft- und Schweißlöchlein hinein schwingen Und
der süß Geschmack hat auch kugelichte und bieg-
same linde spitzige Theile/ welche mit einem kitz-
lichten Jucken die Zunge erfreuen.

Und nun sind diese die einfachen und gemein-
sten Geschmäcke der Gewächsen/ nach welchen von
deren Arth und Würkung zu urtheilen ist/ son-
derlich wo die Geschmäck unvermischet bleiben.
Werden sie aber vermischet/ wie gar vielfaltig ge-
schihet/ so ist zu schliessen/ sie seyen von vermisch-
ter Krafft/ und daher darvon schwer zu urtheieen/
zumal die eine Matery werden/ die von ungleichen
Theilen zusammen gesetzet. Als zum Beyspiele:
der Wermuth hat einen bitteren und harben Ge-
schmack; der bitter Geschmak daran hat die Krafft

zu rei-

Das 3. Capitel.
butericht/ eckel-ſuͤß (darab man leicht einen Eckel
bekommet) oder ſuͤßholtzig oder gleichet dem Ho-
nig oder dem Zucker. Die ſuͤſſen Dinge ſind von
einanderen underſcheiden/ dann das ein iſt lieb-
lich/ und gleichet dem Geſchmack der Milch/ des
Butters/ oder der Feißte/ und hat die Kraffe zu
ſtopffen. Ein anders iſt ekelig/ und gleichet dem
Suͤßholtz von Geſchmack/ und iſt darneben einer
ſo durchdringenden Suͤſſigkeit daß es alles in ſich
begriffenes/ ſaltzichtes oder bitteres Weſſen ver-
ſuͤſſet.

Die ungeſchmachten Dinge beſtehen in einer
nicht gar rauchen Flaͤche/ ſonder ſind gleichſam
geſchliffen und glatt/ wie an den ſchleimerichten
Gummi zu ſehen. Der Fettgeſchmack beſtehet in
kugelichten/ anhangenden Theilen/ die ſich in die
Lufft- und Schweißloͤchlein hinein ſchwingen Und
der ſuͤß Geſchmack hat auch kugelichte und bieg-
ſame linde ſpitzige Theile/ welche mit einem kitz-
lichten Jucken die Zunge erfreuen.

Und nun ſind dieſe die einfachen und gemein-
ſten Geſchmaͤcke der Gewaͤchſen/ nach welchen von
deren Arth und Wuͤrkung zu urtheilen iſt/ ſon-
derlich wo die Geſchmaͤck unvermiſchet bleiben.
Werden ſie aber vermiſchet/ wie gar vielfaltig ge-
ſchihet/ ſo iſt zu ſchlieſſen/ ſie ſeyen von vermiſch-
ter Krafft/ und daher darvon ſchwer zu urtheieen/
zumal die eine Matery werden/ die von ungleichen
Theilen zuſammen geſetzet. Als zum Beyſpiele:
der Wermuth hat einen bitteren und harben Ge-
ſchmack; der bitter Geſchmak daran hat die Krafft

zu rei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="32"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 3. Capitel.</hi></fw><lb/>
butericht/ eckel-&#x017F;u&#x0364;ß (darab man leicht einen Eckel<lb/>
bekommet) oder &#x017F;u&#x0364;ßholtzig oder gleichet dem Ho-<lb/>
nig oder dem Zucker. Die &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Dinge &#x017F;ind von<lb/>
einanderen under&#x017F;cheiden/ dann das ein i&#x017F;t lieb-<lb/>
lich/ und gleichet dem Ge&#x017F;chmack der Milch/ des<lb/>
Butters/ oder der Feißte/ und hat die Kraffe zu<lb/>
&#x017F;topffen. Ein anders i&#x017F;t ekelig/ und gleichet dem<lb/>
Su&#x0364;ßholtz von Ge&#x017F;chmack/ und i&#x017F;t darneben einer<lb/>
&#x017F;o durchdringenden Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit daß es alles in &#x017F;ich<lb/>
begriffenes/ &#x017F;altzichtes oder bitteres We&#x017F;&#x017F;en ver-<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;et.</p><lb/>
        <p>Die unge&#x017F;chmachten Dinge be&#x017F;tehen in einer<lb/>
nicht gar rauchen Fla&#x0364;che/ &#x017F;onder &#x017F;ind gleich&#x017F;am<lb/>
ge&#x017F;chliffen und glatt/ wie an den &#x017F;chleimerichten<lb/>
Gummi zu &#x017F;ehen. Der Fettge&#x017F;chmack be&#x017F;tehet in<lb/>
kugelichten/ anhangenden Theilen/ die &#x017F;ich in die<lb/>
Lufft- und Schweißlo&#x0364;chlein hinein &#x017F;chwingen Und<lb/>
der &#x017F;u&#x0364;ß Ge&#x017F;chmack hat auch kugelichte und bieg-<lb/>
&#x017F;ame linde &#x017F;pitzige Theile/ welche mit einem kitz-<lb/>
lichten Jucken die Zunge erfreuen.</p><lb/>
        <p>Und nun &#x017F;ind die&#x017F;e die einfachen und gemein-<lb/>
&#x017F;ten Ge&#x017F;chma&#x0364;cke der Gewa&#x0364;ch&#x017F;en/ nach welchen von<lb/>
deren Arth und Wu&#x0364;rkung zu urtheilen i&#x017F;t/ &#x017F;on-<lb/>
derlich wo die Ge&#x017F;chma&#x0364;ck unvermi&#x017F;chet bleiben.<lb/>
Werden &#x017F;ie aber vermi&#x017F;chet/ wie gar vielfaltig ge-<lb/>
&#x017F;chihet/ &#x017F;o i&#x017F;t zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ie &#x017F;eyen von vermi&#x017F;ch-<lb/>
ter Krafft/ und daher darvon &#x017F;chwer zu urtheieen/<lb/>
zumal die eine Matery werden/ die von ungleichen<lb/>
Theilen zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzet. Als zum Bey&#x017F;piele:<lb/>
der Wermuth hat einen bitteren und harben Ge-<lb/>
&#x017F;chmack; der bitter Ge&#x017F;chmak daran hat die Krafft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu rei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0064] Das 3. Capitel. butericht/ eckel-ſuͤß (darab man leicht einen Eckel bekommet) oder ſuͤßholtzig oder gleichet dem Ho- nig oder dem Zucker. Die ſuͤſſen Dinge ſind von einanderen underſcheiden/ dann das ein iſt lieb- lich/ und gleichet dem Geſchmack der Milch/ des Butters/ oder der Feißte/ und hat die Kraffe zu ſtopffen. Ein anders iſt ekelig/ und gleichet dem Suͤßholtz von Geſchmack/ und iſt darneben einer ſo durchdringenden Suͤſſigkeit daß es alles in ſich begriffenes/ ſaltzichtes oder bitteres Weſſen ver- ſuͤſſet. Die ungeſchmachten Dinge beſtehen in einer nicht gar rauchen Flaͤche/ ſonder ſind gleichſam geſchliffen und glatt/ wie an den ſchleimerichten Gummi zu ſehen. Der Fettgeſchmack beſtehet in kugelichten/ anhangenden Theilen/ die ſich in die Lufft- und Schweißloͤchlein hinein ſchwingen Und der ſuͤß Geſchmack hat auch kugelichte und bieg- ſame linde ſpitzige Theile/ welche mit einem kitz- lichten Jucken die Zunge erfreuen. Und nun ſind dieſe die einfachen und gemein- ſten Geſchmaͤcke der Gewaͤchſen/ nach welchen von deren Arth und Wuͤrkung zu urtheilen iſt/ ſon- derlich wo die Geſchmaͤck unvermiſchet bleiben. Werden ſie aber vermiſchet/ wie gar vielfaltig ge- ſchihet/ ſo iſt zu ſchlieſſen/ ſie ſeyen von vermiſch- ter Krafft/ und daher darvon ſchwer zu urtheieen/ zumal die eine Matery werden/ die von ungleichen Theilen zuſammen geſetzet. Als zum Beyſpiele: der Wermuth hat einen bitteren und harben Ge- ſchmack; der bitter Geſchmak daran hat die Krafft zu rei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/64
Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/64>, abgerufen am 24.11.2024.