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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Viel Hilff in weitem Rund geschafft/ ja
gar der Kräutern Macht
Jn seiner freyen Hand gehabt: dann ihr
habt nachgetracht/
Was Machaon, was Hypocras, was Avicenna
lehrte/
Und was des weisen b Abderits Schneidmesser
dort erklährte/
So daß Jhr kennt die kleine Welt im inner-
sten Gebäu/
Und auch die grosse durch und durch/ und
wäs drinnen immer sey?
Da war Euch ja kein Berg zu hoch/ den Jhr
nicht habt bestigen/
Kein Thal zu tief um da zu sehn/ was drinnen
möchte ligen;
Die Schneegebirge/ welche gar den Himmel
rühren an/
Und ihre stoltze Glätscher selbs Euch waren
underthan/
Nur daß Jhr möchtet von daher erforschen/ was
verborgen/
Und doch in diesem Siechenhauß außhilfet vielen
Sorgen/
Die d Pandora von ihrer Büchs in dessen
Kammern streut;
Die Erze habt ihr aufgesucht/ die Steine
nicht verspeut/
c.
Nur
b Der Weltweis Democritus, der ein fürtreflicher Ana-
tomicus
gewesen.
d Unter dem Gedichte der Pandora haben
die Heiden den Fahl der Eva vorgestellt/ dardurch alles Un-
glück in die Welt kommen ist.
c. Also wird die Welt einem Siechenhauß
verglichen/ weilalle darinn siech sind/ entweders am Leib oder
am Gemüthe.
Viel Hilff in weitem Rund geſchafft/ ja
gar der Kraͤutern Macht
Jn ſeiner freyen Hand gehabt: dann ihr
habt nachgetracht/
Was Machaon, was Hypocras, was Avicenna
lehrte/
Und was des weiſen b Abderits Schneidmeſſer
dort erklaͤhrte/
So daß Jhr kennt die kleine Welt im inner-
ſten Gebaͤu/
Und auch die groſſe durch und durch/ und
waͤs drinnen immer ſey?
Da war Euch ja kein Berg zu hoch/ den Jhr
nicht habt beſtigen/
Kein Thal zu tief um da zu ſehn/ was drinnen
moͤchte ligen;
Die Schneegebirge/ welche gar den Him̃el
ruͤhren an/
Und ihre ſtoltze Glaͤtſcher ſelbs Euch waren
underthan/
Nur daß Jhr moͤchtet von daher erforſchen/ was
verborgen/
Und doch in dieſem Siechenhauß außhilfet vielen
Sorgen/
Die d Pandora von ihrer Buͤchs in deſſen
Kammern ſtreut;
Die Erze habt ihr aufgeſucht/ die Steine
nicht verſpeut/
c.
Nur
b Der Weltweis Democritus, der ein fuͤrtreflicher Ana-
tomicus
geweſen.
d Unter dem Gedichte der Pandora haben
die Heiden den Fahl der Eva vorgeſtellt/ dardurch alles Un-
gluͤck in die Welt kommen iſt.
c. Alſo wird die Welt einem Siechenhauß
verglichen/ weilalle darinn ſiech ſind/ entweders am Leib oder
am Gemuͤthe.
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[0030] Viel Hilff in weitem Rund geſchafft/ ja gar der Kraͤutern Macht Jn ſeiner freyen Hand gehabt: dann ihr habt nachgetracht/ Was Machaon, was Hypocras, was Avicenna lehrte/ Und was des weiſen b Abderits Schneidmeſſer dort erklaͤhrte/ So daß Jhr kennt die kleine Welt im inner- ſten Gebaͤu/ Und auch die groſſe durch und durch/ und waͤs drinnen immer ſey? Da war Euch ja kein Berg zu hoch/ den Jhr nicht habt beſtigen/ Kein Thal zu tief um da zu ſehn/ was drinnen moͤchte ligen; Die Schneegebirge/ welche gar den Him̃el ruͤhren an/ Und ihre ſtoltze Glaͤtſcher ſelbs Euch waren underthan/ Nur daß Jhr moͤchtet von daher erforſchen/ was verborgen/ Und doch in dieſem Siechenhauß außhilfet vielen Sorgen/ Die d Pandora von ihrer Buͤchs in deſſen Kammern ſtreut; Die Erze habt ihr aufgeſucht/ die Steine nicht verſpeut/ Nur c. b Der Weltweis Democritus, der ein fuͤrtreflicher Ana- tomicus geweſen. d Unter dem Gedichte der Pandora haben die Heiden den Fahl der Eva vorgeſtellt/ dardurch alles Un- gluͤck in die Welt kommen iſt. c. Alſo wird die Welt einem Siechenhauß verglichen/ weilalle darinn ſiech ſind/ entweders am Leib oder am Gemuͤthe.

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/30>, abgerufen am 27.04.2024.