abspielt, und ohne die Presse wäre das Christentum jeder Verleumdung und Verdrehung hilflos preisgegeben. Hier also kommt die apologetische Aufgabe der Mission zu ihrem Recht. Hier ist der Ort, den mannigfachen Angriffen von außen zu begegnen und in den weitesten Kreisen des Volkes den Eindruck zu erwecken, daß das Christentum nicht gekommen ist, aufzulösen, sondern zu erfüllen; hier werden die gewöhnlichen Vorurteile be- kämpft, als sei es in seinem Universalismus entweder direkt und bewußt unpatriotisch, oder wenigstens in seinen Wirkungen den vaterländischen Geist zersetzend, hier wird den Gebildeten entgegnet, daß es kein System der Ignoranz ist, sondern in seinem Glauben dem Wissen versöhnt sein wolle.
So hat die christliche Presse eine hohe und verant- wortungsreiche Aufgabe. Daß aber ihre Arbeit nicht nur für die Gemeinde, sondern auch nach außen hin nicht vergebens ist, daß ihre Stimme wirklich weit reicht, das haben wir selbst mit unserer, doch nur für beschränkte Kreise bestimmten Zeitschrift "Shinri" er- fahren; denn mehr als einmal sind uns aus den ent- ferntesten Teilen des Landes Briefe zugegangen von solchen, welche "Shinri" gelesen hatten, und die nun den Wunsch nach persönlicher mündlicher Mitteilung aussprachen: Wir sollten ihnen einen japanischen Prediger schicken. So wird durch das gedruckte Wort die Sehn- sucht nach dem Christentum geweckt und schließlich drängt sie sich auf die Lippen zu dem flehenden Ruf: "Komm hernieder und hilf uns!"
Wenn aber die Mission und die japanischen Christen bewußt und methodisch in solcher Weise die Weltan- schauung der Heiden zu untergraben und die Massen des Volkes mit dem Sauerteig christlicher Gedanken zu
abſpielt, und ohne die Preſſe wäre das Chriſtentum jeder Verleumdung und Verdrehung hilflos preisgegeben. Hier alſo kommt die apologetiſche Aufgabe der Miſſion zu ihrem Recht. Hier iſt der Ort, den mannigfachen Angriffen von außen zu begegnen und in den weiteſten Kreiſen des Volkes den Eindruck zu erwecken, daß das Chriſtentum nicht gekommen iſt, aufzulöſen, ſondern zu erfüllen; hier werden die gewöhnlichen Vorurteile be- kämpft, als ſei es in ſeinem Univerſalismus entweder direkt und bewußt unpatriotiſch, oder wenigſtens in ſeinen Wirkungen den vaterländiſchen Geiſt zerſetzend, hier wird den Gebildeten entgegnet, daß es kein Syſtem der Ignoranz iſt, ſondern in ſeinem Glauben dem Wiſſen verſöhnt ſein wolle.
So hat die chriſtliche Preſſe eine hohe und verant- wortungsreiche Aufgabe. Daß aber ihre Arbeit nicht nur für die Gemeinde, ſondern auch nach außen hin nicht vergebens iſt, daß ihre Stimme wirklich weit reicht, das haben wir ſelbſt mit unſerer, doch nur für beſchränkte Kreiſe beſtimmten Zeitſchrift „Shinri“ er- fahren; denn mehr als einmal ſind uns aus den ent- fernteſten Teilen des Landes Briefe zugegangen von ſolchen, welche „Shinri“ geleſen hatten, und die nun den Wunſch nach perſönlicher mündlicher Mitteilung ausſprachen: Wir ſollten ihnen einen japaniſchen Prediger ſchicken. So wird durch das gedruckte Wort die Sehn- ſucht nach dem Chriſtentum geweckt und ſchließlich drängt ſie ſich auf die Lippen zu dem flehenden Ruf: „Komm hernieder und hilf uns!“
Wenn aber die Miſſion und die japaniſchen Chriſten bewußt und methodiſch in ſolcher Weiſe die Weltan- ſchauung der Heiden zu untergraben und die Maſſen des Volkes mit dem Sauerteig chriſtlicher Gedanken zu
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[406/0420]
abſpielt, und ohne die Preſſe wäre das Chriſtentum
jeder Verleumdung und Verdrehung hilflos preisgegeben.
Hier alſo kommt die apologetiſche Aufgabe der Miſſion
zu ihrem Recht. Hier iſt der Ort, den mannigfachen
Angriffen von außen zu begegnen und in den weiteſten
Kreiſen des Volkes den Eindruck zu erwecken, daß das
Chriſtentum nicht gekommen iſt, aufzulöſen, ſondern zu
erfüllen; hier werden die gewöhnlichen Vorurteile be-
kämpft, als ſei es in ſeinem Univerſalismus entweder
direkt und bewußt unpatriotiſch, oder wenigſtens in
ſeinen Wirkungen den vaterländiſchen Geiſt zerſetzend,
hier wird den Gebildeten entgegnet, daß es kein Syſtem
der Ignoranz iſt, ſondern in ſeinem Glauben dem Wiſſen
verſöhnt ſein wolle.
So hat die chriſtliche Preſſe eine hohe und verant-
wortungsreiche Aufgabe. Daß aber ihre Arbeit nicht
nur für die Gemeinde, ſondern auch nach außen hin
nicht vergebens iſt, daß ihre Stimme wirklich weit
reicht, das haben wir ſelbſt mit unſerer, doch nur für
beſchränkte Kreiſe beſtimmten Zeitſchrift „Shinri“ er-
fahren; denn mehr als einmal ſind uns aus den ent-
fernteſten Teilen des Landes Briefe zugegangen von
ſolchen, welche „Shinri“ geleſen hatten, und die nun
den Wunſch nach perſönlicher mündlicher Mitteilung
ausſprachen: Wir ſollten ihnen einen japaniſchen Prediger
ſchicken. So wird durch das gedruckte Wort die Sehn-
ſucht nach dem Chriſtentum geweckt und ſchließlich
drängt ſie ſich auf die Lippen zu dem flehenden Ruf:
„Komm hernieder und hilf uns!“
Wenn aber die Miſſion und die japaniſchen Chriſten
bewußt und methodiſch in ſolcher Weiſe die Weltan-
ſchauung der Heiden zu untergraben und die Maſſen
des Volkes mit dem Sauerteig chriſtlicher Gedanken zu
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/420>, abgerufen am 24.11.2024.
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