Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

doch nicht vergeblich gewesen. Und wenn auch den we-
nigsten früheren Besuchern der Sonntagsschulen also
geschehen mag, so wissen sie doch alle und können es
später bezeugen, daß man dort nichts Schlechtes lernt.
Aus den christlichen Hospitälern wird kaum einer ent-
lassen, der nicht immer mit Dankbarkeit gedächte, was
ihm dort widerfahren ist, und der nicht seinen heid-
nischen Landsleuten gegenüber davon zu rühmen wüßte;
und durch alle die andern Veranstaltungen der inneren
Mission, durch Waisenhäuser, Rettungshäuser und Heime
aller Art, wird das Hohelied christlicher selbstloser Liebe
in mächtigen Tönen in Ohren und Herzen aller Heiden
hineingetragen.

Das sind Sprachen, die nicht ungehört verhallen
können. Es ist unmöglich, daß diese gewaltigen Mächte
ohne Eindruck bleiben. Mag auch ihr Einfluß gegen-
wärtig in den hochgehenden Wogen der Reaktion nicht
sichtbar sein, unter den Wogen wirkt er fort als eine
Unterströmung, welche zu ihrer Zeit mächtig zur Geltung
kommen wird.

Wenn aber die meisten der eben erwähnten Massen-
wirkungen vielleicht nur zufällige Begleiterscheinungen der
Mission sein mögen, so giebt es doch auch Wege, auf
welchen man vollbedacht und zielbewußt auf derartige
Wirkungen ausgeht und in systematischer Weise die
Volksbekehrung vorzubereiten sucht. Man kann es dem
japanischen Christentum nicht zum Tadel nachsagen, daß
es sein Licht unter den Scheffel stelle. Es macht sich
bemerkbar und thut das mit Absicht. Es lebt nicht
weniger in dem Geräusch der Öffentlichkeit als in der
Tiefe des Herzens und in der Stille des Kämmerleins.
Es handelt nicht nach dem Satze, daß der beste der ist,
von dem nicht geredet wird; es will von sich reden

doch nicht vergeblich geweſen. Und wenn auch den we-
nigſten früheren Beſuchern der Sonntagsſchulen alſo
geſchehen mag, ſo wiſſen ſie doch alle und können es
ſpäter bezeugen, daß man dort nichts Schlechtes lernt.
Aus den chriſtlichen Hoſpitälern wird kaum einer ent-
laſſen, der nicht immer mit Dankbarkeit gedächte, was
ihm dort widerfahren iſt, und der nicht ſeinen heid-
niſchen Landsleuten gegenüber davon zu rühmen wüßte;
und durch alle die andern Veranſtaltungen der inneren
Miſſion, durch Waiſenhäuſer, Rettungshäuſer und Heime
aller Art, wird das Hohelied chriſtlicher ſelbſtloſer Liebe
in mächtigen Tönen in Ohren und Herzen aller Heiden
hineingetragen.

Das ſind Sprachen, die nicht ungehört verhallen
können. Es iſt unmöglich, daß dieſe gewaltigen Mächte
ohne Eindruck bleiben. Mag auch ihr Einfluß gegen-
wärtig in den hochgehenden Wogen der Reaktion nicht
ſichtbar ſein, unter den Wogen wirkt er fort als eine
Unterſtrömung, welche zu ihrer Zeit mächtig zur Geltung
kommen wird.

Wenn aber die meiſten der eben erwähnten Maſſen-
wirkungen vielleicht nur zufällige Begleiterſcheinungen der
Miſſion ſein mögen, ſo giebt es doch auch Wege, auf
welchen man vollbedacht und zielbewußt auf derartige
Wirkungen ausgeht und in ſyſtematiſcher Weiſe die
Volksbekehrung vorzubereiten ſucht. Man kann es dem
japaniſchen Chriſtentum nicht zum Tadel nachſagen, daß
es ſein Licht unter den Scheffel ſtelle. Es macht ſich
bemerkbar und thut das mit Abſicht. Es lebt nicht
weniger in dem Geräuſch der Öffentlichkeit als in der
Tiefe des Herzens und in der Stille des Kämmerleins.
Es handelt nicht nach dem Satze, daß der beſte der iſt,
von dem nicht geredet wird; es will von ſich reden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0411" n="397"/>
doch nicht vergeblich gewe&#x017F;en. Und wenn auch den we-<lb/>
nig&#x017F;ten früheren Be&#x017F;uchern der Sonntags&#x017F;chulen al&#x017F;o<lb/>
ge&#x017F;chehen mag, &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie doch alle und können es<lb/>
&#x017F;päter bezeugen, daß man dort nichts Schlechtes lernt.<lb/>
Aus den chri&#x017F;tlichen Ho&#x017F;pitälern wird kaum einer ent-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, der nicht immer mit Dankbarkeit gedächte, was<lb/>
ihm dort widerfahren i&#x017F;t, und der nicht &#x017F;einen heid-<lb/>
ni&#x017F;chen Landsleuten gegenüber davon zu rühmen wüßte;<lb/>
und durch alle die andern Veran&#x017F;taltungen der inneren<lb/>
Mi&#x017F;&#x017F;ion, durch Wai&#x017F;enhäu&#x017F;er, Rettungshäu&#x017F;er und Heime<lb/>
aller Art, wird das Hohelied chri&#x017F;tlicher &#x017F;elb&#x017F;tlo&#x017F;er Liebe<lb/>
in mächtigen Tönen in Ohren und Herzen aller Heiden<lb/>
hineingetragen.</p><lb/>
        <p>Das &#x017F;ind Sprachen, die nicht ungehört verhallen<lb/>
können. Es i&#x017F;t unmöglich, daß die&#x017F;e gewaltigen Mächte<lb/>
ohne Eindruck bleiben. Mag auch ihr Einfluß gegen-<lb/>
wärtig in den hochgehenden Wogen der Reaktion nicht<lb/>
&#x017F;ichtbar &#x017F;ein, unter den Wogen wirkt er fort als eine<lb/>
Unter&#x017F;trömung, welche zu ihrer Zeit mächtig zur Geltung<lb/>
kommen wird.</p><lb/>
        <p>Wenn aber die mei&#x017F;ten der eben erwähnten Ma&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
wirkungen vielleicht nur zufällige Begleiter&#x017F;cheinungen der<lb/>
Mi&#x017F;&#x017F;ion &#x017F;ein mögen, &#x017F;o giebt es doch auch Wege, auf<lb/>
welchen man vollbedacht und zielbewußt auf derartige<lb/>
Wirkungen ausgeht und in &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;cher Wei&#x017F;e die<lb/>
Volksbekehrung vorzubereiten &#x017F;ucht. Man kann es dem<lb/>
japani&#x017F;chen Chri&#x017F;tentum nicht zum Tadel nach&#x017F;agen, daß<lb/>
es &#x017F;ein Licht unter den Scheffel &#x017F;telle. Es macht &#x017F;ich<lb/>
bemerkbar und thut das mit Ab&#x017F;icht. Es lebt nicht<lb/>
weniger in dem Geräu&#x017F;ch der Öffentlichkeit als in der<lb/>
Tiefe des Herzens und in der Stille des Kämmerleins.<lb/>
Es handelt nicht nach dem Satze, daß der be&#x017F;te der i&#x017F;t,<lb/>
von dem nicht geredet wird; es will von &#x017F;ich reden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0411] doch nicht vergeblich geweſen. Und wenn auch den we- nigſten früheren Beſuchern der Sonntagsſchulen alſo geſchehen mag, ſo wiſſen ſie doch alle und können es ſpäter bezeugen, daß man dort nichts Schlechtes lernt. Aus den chriſtlichen Hoſpitälern wird kaum einer ent- laſſen, der nicht immer mit Dankbarkeit gedächte, was ihm dort widerfahren iſt, und der nicht ſeinen heid- niſchen Landsleuten gegenüber davon zu rühmen wüßte; und durch alle die andern Veranſtaltungen der inneren Miſſion, durch Waiſenhäuſer, Rettungshäuſer und Heime aller Art, wird das Hohelied chriſtlicher ſelbſtloſer Liebe in mächtigen Tönen in Ohren und Herzen aller Heiden hineingetragen. Das ſind Sprachen, die nicht ungehört verhallen können. Es iſt unmöglich, daß dieſe gewaltigen Mächte ohne Eindruck bleiben. Mag auch ihr Einfluß gegen- wärtig in den hochgehenden Wogen der Reaktion nicht ſichtbar ſein, unter den Wogen wirkt er fort als eine Unterſtrömung, welche zu ihrer Zeit mächtig zur Geltung kommen wird. Wenn aber die meiſten der eben erwähnten Maſſen- wirkungen vielleicht nur zufällige Begleiterſcheinungen der Miſſion ſein mögen, ſo giebt es doch auch Wege, auf welchen man vollbedacht und zielbewußt auf derartige Wirkungen ausgeht und in ſyſtematiſcher Weiſe die Volksbekehrung vorzubereiten ſucht. Man kann es dem japaniſchen Chriſtentum nicht zum Tadel nachſagen, daß es ſein Licht unter den Scheffel ſtelle. Es macht ſich bemerkbar und thut das mit Abſicht. Es lebt nicht weniger in dem Geräuſch der Öffentlichkeit als in der Tiefe des Herzens und in der Stille des Kämmerleins. Es handelt nicht nach dem Satze, daß der beſte der iſt, von dem nicht geredet wird; es will von ſich reden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/411
Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/411>, abgerufen am 17.05.2024.