sympathisieren. Denn diese Dinge gehören zur Fassung, zur äußeren Form, und den Japanern ist es nicht zu- zumuten, daß sie sich in Ewigkeit in dem Durcheinander von episkopal, presbyterianisch und kongregationalistisch hinwinden sollen, nur darum, weil ihnen einst das Christentum zufällig in diesen verschiedenen Formen gebracht worden ist. Aber die Japaner gehen weiter. Sie greifen kühn hinüber in das Gebiet der christlichen Lehre und behaupten, daß auch die Kirchenlehre nichts anderes sei als eine menschlich-zeitliche Fassung des göttlich-biblischen Lehrgehalts. Auch die Dogmen sind ihnen Formen, nämlich Denkformen aus längst ent- schwundener Zeit, und wenn sich dieselben schon bei uns der Erfassung der einfachen Schriftwahrheiten mehr hinderlich als förderlich erweisen, so sind sie auf dem völlig anders gearteten Boden eines Antipodenvolks erst recht fremd und unverständlich. In ihnen haben die Griechen und Römer den religiösen Gehalt der heiligen Schriften zu kodifizieren gesucht, und die Be- kenntnisschriften der evangelischen Kirchen haben diese Kodifikationen in die Sprache des sechzehnten Jahr- hunderts interpretiert; die Japaner aber haben es in- stinktiv herausgefühlt, daß die Menschen, welche diese Formen geschaffen haben, nicht Fleisch von ihrem Fleisch, noch Blut von ihrem Blute waren.
Schon frühe, lange bevor liberale Missionare nach Japan kamen, haben Japaner, und zwar die tüchtigsten und glaubenseifrigsten Pastoren, gegen Dogma und Bekenntnisschriften zu protestieren begonnen. Bereits im Jahre 1881 "stellte auf der Synode der "Kirche Christi" (Vereinigte Presbyterianer) der Prediger Ibuka (nunmehr seit lange schon Präsident der Meiji Gaku-in) den Antrag, in der Kirchenverfassung die ausführlichen
ſympathiſieren. Denn dieſe Dinge gehören zur Faſſung, zur äußeren Form, und den Japanern iſt es nicht zu- zumuten, daß ſie ſich in Ewigkeit in dem Durcheinander von episkopal, presbyterianiſch und kongregationaliſtiſch hinwinden ſollen, nur darum, weil ihnen einſt das Chriſtentum zufällig in dieſen verſchiedenen Formen gebracht worden iſt. Aber die Japaner gehen weiter. Sie greifen kühn hinüber in das Gebiet der chriſtlichen Lehre und behaupten, daß auch die Kirchenlehre nichts anderes ſei als eine menſchlich-zeitliche Faſſung des göttlich-bibliſchen Lehrgehalts. Auch die Dogmen ſind ihnen Formen, nämlich Denkformen aus längſt ent- ſchwundener Zeit, und wenn ſich dieſelben ſchon bei uns der Erfaſſung der einfachen Schriftwahrheiten mehr hinderlich als förderlich erweiſen, ſo ſind ſie auf dem völlig anders gearteten Boden eines Antipodenvolks erſt recht fremd und unverſtändlich. In ihnen haben die Griechen und Römer den religiöſen Gehalt der heiligen Schriften zu kodifizieren geſucht, und die Be- kenntnisſchriften der evangeliſchen Kirchen haben dieſe Kodifikationen in die Sprache des ſechzehnten Jahr- hunderts interpretiert; die Japaner aber haben es in- ſtinktiv herausgefühlt, daß die Menſchen, welche dieſe Formen geſchaffen haben, nicht Fleiſch von ihrem Fleiſch, noch Blut von ihrem Blute waren.
Schon frühe, lange bevor liberale Miſſionare nach Japan kamen, haben Japaner, und zwar die tüchtigſten und glaubenseifrigſten Paſtoren, gegen Dogma und Bekenntnisſchriften zu proteſtieren begonnen. Bereits im Jahre 1881 „ſtellte auf der Synode der „Kirche Chriſti“ (Vereinigte Presbyterianer) der Prediger Ibuka (nunmehr ſeit lange ſchon Präſident der Meiji Gaku-in) den Antrag, in der Kirchenverfaſſung die ausführlichen
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ſympathiſieren. Denn dieſe Dinge gehören zur Faſſung,
zur äußeren Form, und den Japanern iſt es nicht zu-
zumuten, daß ſie ſich in Ewigkeit in dem Durcheinander
von episkopal, presbyterianiſch und kongregationaliſtiſch
hinwinden ſollen, nur darum, weil ihnen einſt das
Chriſtentum zufällig in dieſen verſchiedenen Formen
gebracht worden iſt. Aber die Japaner gehen weiter.
Sie greifen kühn hinüber in das Gebiet der chriſtlichen
Lehre und behaupten, daß auch die Kirchenlehre nichts
anderes ſei als eine menſchlich-zeitliche Faſſung des
göttlich-bibliſchen Lehrgehalts. Auch die Dogmen ſind
ihnen Formen, nämlich Denkformen aus längſt ent-
ſchwundener Zeit, und wenn ſich dieſelben ſchon bei
uns der Erfaſſung der einfachen Schriftwahrheiten mehr
hinderlich als förderlich erweiſen, ſo ſind ſie auf dem
völlig anders gearteten Boden eines Antipodenvolks
erſt recht fremd und unverſtändlich. In ihnen haben
die Griechen und Römer den religiöſen Gehalt der
heiligen Schriften zu kodifizieren geſucht, und die Be-
kenntnisſchriften der evangeliſchen Kirchen haben dieſe
Kodifikationen in die Sprache des ſechzehnten Jahr-
hunderts interpretiert; die Japaner aber haben es in-
ſtinktiv herausgefühlt, daß die Menſchen, welche dieſe
Formen geſchaffen haben, nicht Fleiſch von ihrem Fleiſch,
noch Blut von ihrem Blute waren.
Schon frühe, lange bevor liberale Miſſionare nach
Japan kamen, haben Japaner, und zwar die tüchtigſten
und glaubenseifrigſten Paſtoren, gegen Dogma und
Bekenntnisſchriften zu proteſtieren begonnen. Bereits
im Jahre 1881 „ſtellte auf der Synode der „Kirche
Chriſti“ (Vereinigte Presbyterianer) der Prediger Ibuka
(nunmehr ſeit lange ſchon Präſident der Meiji Gaku-in)
den Antrag, in der Kirchenverfaſſung die ausführlichen
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/397>, abgerufen am 25.11.2024.
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