Hoffnungen verheißungsvoll winken und so viele Ent- täuschungen des Kämpfers harren. Jeder Tag bringt neue Siege, jeder Tag bringt neue Niederlagen. Von einem Extrem geht es in das andere, rasch, unvermittelt. Wo man vor zehn Jahren davon redete, daß Japan in einem Vierteljahrhundert christlich sein werde, da ist man heute geneigt, an jedem auch bescheidenen Erfolg zu verzweifeln. Der Wind der Volksgunst wechselt wie der Wind draußen. Man weiß nie recht, woran man ist. Wo man glaubte, eine Schanze im Sturm erobert zu haben, wird man plötzlich wieder zurückgeworfen; wo man völlig sich in Sicherheit wiegte, kehrt uner- wartet der böse Geist siebenfach zurück; und umgekehrt, wo man meinte, schon weichen zu müssen, bleibt man mit einem Mal unverhofft siegreich. Ein beständig wogender Kampf, ohne Ruh, ohne Rast, wo jede Stunde neue Freuden und neue Leiden, jede Minute neue Überraschungen bringen kann. Eine fast ununterbrochene Aufregung, mehr als sonst irgendwo, und darum trage ich kein Bedenken, den Posten eines Missionars in Japan den schwersten von allen zu nennen. Mehr als sonstwo muß der Missionar in Japan eine ungemeine Spann- kraft besitzen, er muß den Gummimännchen gleichen, die man oft als Spielzeug in Schaufenstern ausgestellt sieht, welche, wenn man sie umwirft, sofort von selbst wieder aufstehen. Wer im Sturm erobern will, wer mit dem ungestümen Geist eines Franziskus Xaver an das Werk geht, wer nicht zufrieden ist, Schritt für Schritt, nein Zoll für Zoll in stiller, bescheidener, müh- seliger Arbeit voranzukommen, ist auf dem japanischen Missionsfeld, und auf jedem andern auch, nicht an seinem Platz. Es sind gewöhnlich feurige Seelen, die es hineintreibt in den Kampf der Geister; aber die Stillen taugen mehr als die Feurigen.
Hoffnungen verheißungsvoll winken und ſo viele Ent- täuſchungen des Kämpfers harren. Jeder Tag bringt neue Siege, jeder Tag bringt neue Niederlagen. Von einem Extrem geht es in das andere, raſch, unvermittelt. Wo man vor zehn Jahren davon redete, daß Japan in einem Vierteljahrhundert chriſtlich ſein werde, da iſt man heute geneigt, an jedem auch beſcheidenen Erfolg zu verzweifeln. Der Wind der Volksgunſt wechſelt wie der Wind draußen. Man weiß nie recht, woran man iſt. Wo man glaubte, eine Schanze im Sturm erobert zu haben, wird man plötzlich wieder zurückgeworfen; wo man völlig ſich in Sicherheit wiegte, kehrt uner- wartet der böſe Geiſt ſiebenfach zurück; und umgekehrt, wo man meinte, ſchon weichen zu müſſen, bleibt man mit einem Mal unverhofft ſiegreich. Ein beſtändig wogender Kampf, ohne Ruh, ohne Raſt, wo jede Stunde neue Freuden und neue Leiden, jede Minute neue Überraſchungen bringen kann. Eine faſt ununterbrochene Aufregung, mehr als ſonſt irgendwo, und darum trage ich kein Bedenken, den Poſten eines Miſſionars in Japan den ſchwerſten von allen zu nennen. Mehr als ſonſtwo muß der Miſſionar in Japan eine ungemeine Spann- kraft beſitzen, er muß den Gummimännchen gleichen, die man oft als Spielzeug in Schaufenſtern ausgeſtellt ſieht, welche, wenn man ſie umwirft, ſofort von ſelbſt wieder aufſtehen. Wer im Sturm erobern will, wer mit dem ungeſtümen Geiſt eines Franziskus Xaver an das Werk geht, wer nicht zufrieden iſt, Schritt für Schritt, nein Zoll für Zoll in ſtiller, beſcheidener, müh- ſeliger Arbeit voranzukommen, iſt auf dem japaniſchen Miſſionsfeld, und auf jedem andern auch, nicht an ſeinem Platz. Es ſind gewöhnlich feurige Seelen, die es hineintreibt in den Kampf der Geiſter; aber die Stillen taugen mehr als die Feurigen.
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Hoffnungen verheißungsvoll winken und ſo viele Ent-
täuſchungen des Kämpfers harren. Jeder Tag bringt
neue Siege, jeder Tag bringt neue Niederlagen. Von
einem Extrem geht es in das andere, raſch, unvermittelt.
Wo man vor zehn Jahren davon redete, daß Japan
in einem Vierteljahrhundert chriſtlich ſein werde, da iſt
man heute geneigt, an jedem auch beſcheidenen Erfolg
zu verzweifeln. Der Wind der Volksgunſt wechſelt wie
der Wind draußen. Man weiß nie recht, woran man
iſt. Wo man glaubte, eine Schanze im Sturm erobert
zu haben, wird man plötzlich wieder zurückgeworfen;
wo man völlig ſich in Sicherheit wiegte, kehrt uner-
wartet der böſe Geiſt ſiebenfach zurück; und umgekehrt,
wo man meinte, ſchon weichen zu müſſen, bleibt man
mit einem Mal unverhofft ſiegreich. Ein beſtändig
wogender Kampf, ohne Ruh, ohne Raſt, wo jede Stunde
neue Freuden und neue Leiden, jede Minute neue
Überraſchungen bringen kann. Eine faſt ununterbrochene
Aufregung, mehr als ſonſt irgendwo, und darum trage
ich kein Bedenken, den Poſten eines Miſſionars in Japan
den ſchwerſten von allen zu nennen. Mehr als ſonſtwo
muß der Miſſionar in Japan eine ungemeine Spann-
kraft beſitzen, er muß den Gummimännchen gleichen,
die man oft als Spielzeug in Schaufenſtern ausgeſtellt
ſieht, welche, wenn man ſie umwirft, ſofort von ſelbſt
wieder aufſtehen. Wer im Sturm erobern will, wer
mit dem ungeſtümen Geiſt eines Franziskus Xaver an
das Werk geht, wer nicht zufrieden iſt, Schritt für
Schritt, nein Zoll für Zoll in ſtiller, beſcheidener, müh-
ſeliger Arbeit voranzukommen, iſt auf dem japaniſchen
Miſſionsfeld, und auf jedem andern auch, nicht an ſeinem
Platz. Es ſind gewöhnlich feurige Seelen, die es
hineintreibt in den Kampf der Geiſter; aber die Stillen
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/37>, abgerufen am 22.11.2024.
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