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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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haus willkommen zu heißen". Dann beschreibt er in
rührenden Zügen das freudige Erschrecken seiner Mutter
und Schwestern und das Jauchzen seines jüngeren
Bruders, die er mit seinem Kommen überrascht hatte.
Er stürzte sich nun mit Eifer in eine doppelte Thätig-
keit, einerseits das Kunstgewerbe, andererseits die reli-
giösen Verhältnisse seiner Heimat zu studieren und da-
selbst für das Evangelium zu wirken. Nach Tokyo
zurückgekehrt, berichtete er mir, freudig bewegt, von den
Erfolgen, die er gehabt, wie er die Einwände gegen
das Christentum zerstreut und seine Schwestern zur An-
nahme desselben geneigt gemacht habe.

Es war ungefähr vier Monate später, als ich eines
Nachmittags von ihm einen tieftraurigen Brief erhielt,
worin er mir den plötzlichen Tod seiner älteren Schwester
mitteilte. Als ich wenige Stunden darauf zu ihm ins
Zimmer trat, hatte er die Offenbarung Johannis auf
geschlagen und gestand mir mit einem trotz des Schmer-
zes verklärten Antlitz: "Jetzt habe ich die Stelle erst
verstanden, auf deren Trost und Schönheit Sie uns
hinweisen, als wir die Offenbarung lasen: Gott wird
abwischen alle Thränen und kein Leid und Geschrei und
Schmerz wird mehr sein, denn das erste ist vergangen".
Und wahrlich, er hatte die Thränen schon getrocknet und
in der Bibel seinen Trost gefunden.

Nachdem er sein Examen an der Kunstschule sehr
gut bestanden, reiste er wieder nach Kyoto, (welches,
wie Tokyo die Centrale der Wissenschaft, so der Mittel-
punkt der Kunst ist) und nach seiner Heimat. Zu Weih-
nachten wollte er wieder hier sein. Aber vergeblich
warteten wir auf ihn. Erst nach Wochen brachte ein
Brief die Nachricht, daß die ganze Umgebung seiner
Vaterstadt mit zehn Fuß hohem Schnee bedeckt und

haus willkommen zu heißen“. Dann beſchreibt er in
rührenden Zügen das freudige Erſchrecken ſeiner Mutter
und Schweſtern und das Jauchzen ſeines jüngeren
Bruders, die er mit ſeinem Kommen überraſcht hatte.
Er ſtürzte ſich nun mit Eifer in eine doppelte Thätig-
keit, einerſeits das Kunſtgewerbe, andererſeits die reli-
giöſen Verhältniſſe ſeiner Heimat zu ſtudieren und da-
ſelbſt für das Evangelium zu wirken. Nach Tokyo
zurückgekehrt, berichtete er mir, freudig bewegt, von den
Erfolgen, die er gehabt, wie er die Einwände gegen
das Chriſtentum zerſtreut und ſeine Schweſtern zur An-
nahme desſelben geneigt gemacht habe.

Es war ungefähr vier Monate ſpäter, als ich eines
Nachmittags von ihm einen tieftraurigen Brief erhielt,
worin er mir den plötzlichen Tod ſeiner älteren Schweſter
mitteilte. Als ich wenige Stunden darauf zu ihm ins
Zimmer trat, hatte er die Offenbarung Johannis auf
geſchlagen und geſtand mir mit einem trotz des Schmer-
zes verklärten Antlitz: „Jetzt habe ich die Stelle erſt
verſtanden, auf deren Troſt und Schönheit Sie uns
hinweiſen, als wir die Offenbarung laſen: Gott wird
abwiſchen alle Thränen und kein Leid und Geſchrei und
Schmerz wird mehr ſein, denn das erſte iſt vergangen“.
Und wahrlich, er hatte die Thränen ſchon getrocknet und
in der Bibel ſeinen Troſt gefunden.

Nachdem er ſein Examen an der Kunſtſchule ſehr
gut beſtanden, reiſte er wieder nach Kyoto, (welches,
wie Tokyo die Centrale der Wiſſenſchaft, ſo der Mittel-
punkt der Kunſt iſt) und nach ſeiner Heimat. Zu Weih-
nachten wollte er wieder hier ſein. Aber vergeblich
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Brief die Nachricht, daß die ganze Umgebung ſeiner
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[343/0357] haus willkommen zu heißen“. Dann beſchreibt er in rührenden Zügen das freudige Erſchrecken ſeiner Mutter und Schweſtern und das Jauchzen ſeines jüngeren Bruders, die er mit ſeinem Kommen überraſcht hatte. Er ſtürzte ſich nun mit Eifer in eine doppelte Thätig- keit, einerſeits das Kunſtgewerbe, andererſeits die reli- giöſen Verhältniſſe ſeiner Heimat zu ſtudieren und da- ſelbſt für das Evangelium zu wirken. Nach Tokyo zurückgekehrt, berichtete er mir, freudig bewegt, von den Erfolgen, die er gehabt, wie er die Einwände gegen das Chriſtentum zerſtreut und ſeine Schweſtern zur An- nahme desſelben geneigt gemacht habe. Es war ungefähr vier Monate ſpäter, als ich eines Nachmittags von ihm einen tieftraurigen Brief erhielt, worin er mir den plötzlichen Tod ſeiner älteren Schweſter mitteilte. Als ich wenige Stunden darauf zu ihm ins Zimmer trat, hatte er die Offenbarung Johannis auf geſchlagen und geſtand mir mit einem trotz des Schmer- zes verklärten Antlitz: „Jetzt habe ich die Stelle erſt verſtanden, auf deren Troſt und Schönheit Sie uns hinweiſen, als wir die Offenbarung laſen: Gott wird abwiſchen alle Thränen und kein Leid und Geſchrei und Schmerz wird mehr ſein, denn das erſte iſt vergangen“. Und wahrlich, er hatte die Thränen ſchon getrocknet und in der Bibel ſeinen Troſt gefunden. Nachdem er ſein Examen an der Kunſtſchule ſehr gut beſtanden, reiſte er wieder nach Kyoto, (welches, wie Tokyo die Centrale der Wiſſenſchaft, ſo der Mittel- punkt der Kunſt iſt) und nach ſeiner Heimat. Zu Weih- nachten wollte er wieder hier ſein. Aber vergeblich warteten wir auf ihn. Erſt nach Wochen brachte ein Brief die Nachricht, daß die ganze Umgebung ſeiner Vaterſtadt mit zehn Fuß hohem Schnee bedeckt und

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/357>, abgerufen am 25.11.2024.