und diejenigen, welche in ihrer Dogmatik jedes mensch- liche Verdienst strikte leugnen, pflegen es nicht zum wenigsten zu thun. In Zeiten des Erfolges überschüttet man die Arbeiter mit Lobeserhebungen; zu anderen Zeiten aber macht man die nämlichen Arbeiter verant- wortlich für Stillstand und Rückgang, trotzdem diese nicht minder treu gewesen sind. Das ist durchaus ungerecht. Treue Arbeit ist ja gewiß nicht zu unter- schätzen; und sie vermag selbst einen mehr oder minder festen Damm wider große Gegenströmungen zu schaffen. Darum ist auch das Gefühl der Resignation, welches in schweren Zeiten manchen Arbeiter zu dem Schluß treibt: "Laß es gehen, wie es geht; wider die Verhält- nisse kann ich nicht", durchaus vom Übel. Aber wahr bleibt es doch, daß der Mensch nicht alles vermag; und wenn sich die Verhältnisse gegen ihn stellen, so sollte er nicht in vermessenem Trotze meinen, daß er allein das ändern könne. Denn es ist Gott selbst, welcher in den Verhältnissen wider ihn steht und der da heißt geduldig warten, bis seine Zeit gekommen ist. Zu allen Zeiten hat Gott die Seinen geprüft; auf dem Missions- felde aber vielleicht mehr, als sonst irgendwo. Hat es aber dem Herrn in seiner Gnade einmal anders ge- fallen, so soll sein treuer Mitarbeiter auch dann demütig bleiben und sprechen: "Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, aber Gott hat das Gedeihen gegeben. So ist nun weder der da pflanzt noch der da begießt etwas, sondern allein Gott, der das Gedeihen giebt".
Es giebt freilich Ackerfeld, auf welches Regen und Sonnenschein noch so reichlich herabfallen mögen, und es sind doch nur magere Früchte, die es hervorbringt. Die Qualität des Ackerfeldes ist nicht überall gleich, noch ist sie im geringsten gleichgültig. Wenn der Säe-
und diejenigen, welche in ihrer Dogmatik jedes menſch- liche Verdienſt ſtrikte leugnen, pflegen es nicht zum wenigſten zu thun. In Zeiten des Erfolges überſchüttet man die Arbeiter mit Lobeserhebungen; zu anderen Zeiten aber macht man die nämlichen Arbeiter verant- wortlich für Stillſtand und Rückgang, trotzdem dieſe nicht minder treu geweſen ſind. Das iſt durchaus ungerecht. Treue Arbeit iſt ja gewiß nicht zu unter- ſchätzen; und ſie vermag ſelbſt einen mehr oder minder feſten Damm wider große Gegenſtrömungen zu ſchaffen. Darum iſt auch das Gefühl der Reſignation, welches in ſchweren Zeiten manchen Arbeiter zu dem Schluß treibt: „Laß es gehen, wie es geht; wider die Verhält- niſſe kann ich nicht“, durchaus vom Übel. Aber wahr bleibt es doch, daß der Menſch nicht alles vermag; und wenn ſich die Verhältniſſe gegen ihn ſtellen, ſo ſollte er nicht in vermeſſenem Trotze meinen, daß er allein das ändern könne. Denn es iſt Gott ſelbſt, welcher in den Verhältniſſen wider ihn ſteht und der da heißt geduldig warten, bis ſeine Zeit gekommen iſt. Zu allen Zeiten hat Gott die Seinen geprüft; auf dem Miſſions- felde aber vielleicht mehr, als ſonſt irgendwo. Hat es aber dem Herrn in ſeiner Gnade einmal anders ge- fallen, ſo ſoll ſein treuer Mitarbeiter auch dann demütig bleiben und ſprechen: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begoſſen, aber Gott hat das Gedeihen gegeben. So iſt nun weder der da pflanzt noch der da begießt etwas, ſondern allein Gott, der das Gedeihen giebt“.
Es giebt freilich Ackerfeld, auf welches Regen und Sonnenſchein noch ſo reichlich herabfallen mögen, und es ſind doch nur magere Früchte, die es hervorbringt. Die Qualität des Ackerfeldes iſt nicht überall gleich, noch iſt ſie im geringſten gleichgültig. Wenn der Säe-
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und diejenigen, welche in ihrer Dogmatik jedes menſch-
liche Verdienſt ſtrikte leugnen, pflegen es nicht zum
wenigſten zu thun. In Zeiten des Erfolges überſchüttet
man die Arbeiter mit Lobeserhebungen; zu anderen
Zeiten aber macht man die nämlichen Arbeiter verant-
wortlich für Stillſtand und Rückgang, trotzdem dieſe
nicht minder treu geweſen ſind. Das iſt durchaus
ungerecht. Treue Arbeit iſt ja gewiß nicht zu unter-
ſchätzen; und ſie vermag ſelbſt einen mehr oder minder
feſten Damm wider große Gegenſtrömungen zu ſchaffen.
Darum iſt auch das Gefühl der Reſignation, welches
in ſchweren Zeiten manchen Arbeiter zu dem Schluß
treibt: „Laß es gehen, wie es geht; wider die Verhält-
niſſe kann ich nicht“, durchaus vom Übel. Aber wahr
bleibt es doch, daß der Menſch nicht alles vermag; und
wenn ſich die Verhältniſſe gegen ihn ſtellen, ſo ſollte
er nicht in vermeſſenem Trotze meinen, daß er allein
das ändern könne. Denn es iſt Gott ſelbſt, welcher in
den Verhältniſſen wider ihn ſteht und der da heißt
geduldig warten, bis ſeine Zeit gekommen iſt. Zu allen
Zeiten hat Gott die Seinen geprüft; auf dem Miſſions-
felde aber vielleicht mehr, als ſonſt irgendwo. Hat es
aber dem Herrn in ſeiner Gnade einmal anders ge-
fallen, ſo ſoll ſein treuer Mitarbeiter auch dann demütig
bleiben und ſprechen: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat
begoſſen, aber Gott hat das Gedeihen gegeben. So iſt
nun weder der da pflanzt noch der da begießt etwas,
ſondern allein Gott, der das Gedeihen giebt“.
Es giebt freilich Ackerfeld, auf welches Regen und
Sonnenſchein noch ſo reichlich herabfallen mögen, und
es ſind doch nur magere Früchte, die es hervorbringt.
Die Qualität des Ackerfeldes iſt nicht überall gleich,
noch iſt ſie im geringſten gleichgültig. Wenn der Säe-
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/340>, abgerufen am 22.11.2024.
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