seelsorgerisch unversorgt gewesen waren, belief sich am Schlusse unseres Zeitraums auf 145.
Überaus groß ist die Zahl der sich selbst erhaltenden Gemeinden. Am Schlusse des Jahres 1888 erhielten sich von 249 Gemeinden 92 (also über 1/3 ) selbst, alle übrigen aber teilweise. Erstens drangen die Missionare darauf, zweitens strebten die Japaner selbst nach Unab- hängigkeit. Diesem Unabhängigkeitsstreben aber lag ein gewisser Gegensatz gegen die Fremden, geboren aus dem Rasseninstinkt, zu Grunde. Derselbe war seither mehr oder weniger glücklich überbrückt worden, insbesondere hatte die Osakakonferenz die Bande der Gemeinschaft zwischen beiden enger geknüpft. Gleichwohl aber lösten sich jetzt schon eine Anzahl von Gemeinden von den Missionsverbänden, um sich als völlig unabhängige Ge- meinden zu konstituieren. Möglich, daß die Missionare ihre einheimischen Hilfsarbeiter nicht immer zu nehmen wußten; sicher aber, daß die Japaner den Hauptanteil der Missionserfolge der achtziger Jahre für sich in An- spruch nahmen und dadurch in gewissem Grade an- maßend wurden. Eifersucht und Mißtrauen nahmen überhand, und schon am Ende der gesegneten Epoche (1882--89) begannen die Kumiaikirchen daran zu denken, die sich selbsterhaltenden Gemeinden und die Missions- schulen von dem gemeinsamen Board loszutrennen und unter ausschließlich japanische Verwaltung zu stellen, ein Bestreben, welches fortan beständige innere Kämpfe zur Folge hatte.
Als mit dem Jahre 1889/90 die Volksstimmung umschlug, womit auch für das Christentum eine neue Epoche, und zwar der Sichtung und Prüfung, eintrat, kam der Gegensatz scharf zu Tage. Die fremdenfeind- liche Stimmung ergriff auch die Christen. Die ja-
ſeelſorgeriſch unverſorgt geweſen waren, belief ſich am Schluſſe unſeres Zeitraums auf 145.
Überaus groß iſt die Zahl der ſich ſelbſt erhaltenden Gemeinden. Am Schluſſe des Jahres 1888 erhielten ſich von 249 Gemeinden 92 (alſo über ⅓) ſelbſt, alle übrigen aber teilweiſe. Erſtens drangen die Miſſionare darauf, zweitens ſtrebten die Japaner ſelbſt nach Unab- hängigkeit. Dieſem Unabhängigkeitsſtreben aber lag ein gewiſſer Gegenſatz gegen die Fremden, geboren aus dem Raſſeninſtinkt, zu Grunde. Derſelbe war ſeither mehr oder weniger glücklich überbrückt worden, insbeſondere hatte die Oſakakonferenz die Bande der Gemeinſchaft zwiſchen beiden enger geknüpft. Gleichwohl aber löſten ſich jetzt ſchon eine Anzahl von Gemeinden von den Miſſionsverbänden, um ſich als völlig unabhängige Ge- meinden zu konſtituieren. Möglich, daß die Miſſionare ihre einheimiſchen Hilfsarbeiter nicht immer zu nehmen wußten; ſicher aber, daß die Japaner den Hauptanteil der Miſſionserfolge der achtziger Jahre für ſich in An- ſpruch nahmen und dadurch in gewiſſem Grade an- maßend wurden. Eiferſucht und Mißtrauen nahmen überhand, und ſchon am Ende der geſegneten Epoche (1882—89) begannen die Kumiaikirchen daran zu denken, die ſich ſelbſterhaltenden Gemeinden und die Miſſions- ſchulen von dem gemeinſamen Board loszutrennen und unter ausſchließlich japaniſche Verwaltung zu ſtellen, ein Beſtreben, welches fortan beſtändige innere Kämpfe zur Folge hatte.
Als mit dem Jahre 1889/90 die Volksſtimmung umſchlug, womit auch für das Chriſtentum eine neue Epoche, und zwar der Sichtung und Prüfung, eintrat, kam der Gegenſatz ſcharf zu Tage. Die fremdenfeind- liche Stimmung ergriff auch die Chriſten. Die ja-
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ſeelſorgeriſch unverſorgt geweſen waren, belief ſich am
Schluſſe unſeres Zeitraums auf 145.
Überaus groß iſt die Zahl der ſich ſelbſt erhaltenden
Gemeinden. Am Schluſſe des Jahres 1888 erhielten
ſich von 249 Gemeinden 92 (alſo über ⅓) ſelbſt, alle
übrigen aber teilweiſe. Erſtens drangen die Miſſionare
darauf, zweitens ſtrebten die Japaner ſelbſt nach Unab-
hängigkeit. Dieſem Unabhängigkeitsſtreben aber lag ein
gewiſſer Gegenſatz gegen die Fremden, geboren aus dem
Raſſeninſtinkt, zu Grunde. Derſelbe war ſeither mehr
oder weniger glücklich überbrückt worden, insbeſondere
hatte die Oſakakonferenz die Bande der Gemeinſchaft
zwiſchen beiden enger geknüpft. Gleichwohl aber löſten
ſich jetzt ſchon eine Anzahl von Gemeinden von den
Miſſionsverbänden, um ſich als völlig unabhängige Ge-
meinden zu konſtituieren. Möglich, daß die Miſſionare
ihre einheimiſchen Hilfsarbeiter nicht immer zu nehmen
wußten; ſicher aber, daß die Japaner den Hauptanteil
der Miſſionserfolge der achtziger Jahre für ſich in An-
ſpruch nahmen und dadurch in gewiſſem Grade an-
maßend wurden. Eiferſucht und Mißtrauen nahmen
überhand, und ſchon am Ende der geſegneten Epoche
(1882—89) begannen die Kumiaikirchen daran zu denken,
die ſich ſelbſterhaltenden Gemeinden und die Miſſions-
ſchulen von dem gemeinſamen Board loszutrennen und
unter ausſchließlich japaniſche Verwaltung zu ſtellen,
ein Beſtreben, welches fortan beſtändige innere Kämpfe
zur Folge hatte.
Als mit dem Jahre 1889/90 die Volksſtimmung
umſchlug, womit auch für das Chriſtentum eine neue
Epoche, und zwar der Sichtung und Prüfung, eintrat,
kam der Gegenſatz ſcharf zu Tage. Die fremdenfeind-
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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