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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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verstärkt worden. Eine Hauptmacht der Propaganda
aber wurden die eingeborenen Pastoren und Evangelisten,
welche zum Teil schon mit Beginn dieser Periode in
die Arbeit eintraten, und deren Zahl Jahr für Jahr
durch neue Scharen vermehrt wurde. Nishima hatte
doch recht, als er meinte, daß Japan durch Japaner
evangelisiert werden müsse, wenn auch seinen Schülern,
welche riefen, nur Japaner sollten die Apostel ihres
Volkes sein, dieses kleine Wörtchen "nur" noch teuer
zu stehen kommen wird. Mit dem größten Erfolg
arbeiteten die Glieder von Janes' Kumamotoschar,
Yokoi und Kozaki, Miyagawa und Ichihara, Kanamori
und Ebina. Auch die Kirche Christi (presbyt.) besaß in
Uemura, Ibuka und Tamura tüchtige Kräfte, und die
Methodisten konnten Honda und andere gediegene Männer
ins Feld stellen. Und nicht nur die Predigt, sondern auch
die andere Missionsthätigkeit fand in japanischen Christen
bedeutende Vertreter. Ein junger Mann Namens Ishii,
welchen eine Predigt von Nishima besonders erregt
hatte, faßte im Jahre 1887 den Entschluß, sich ver-
wahrloster, zumal verwaister, Kinder anzunehmen. Er
begann mit noch weniger als August Hermann Francke,
nämlich mit nichts, aber gleich jenem hatte er ein christ-
liches Herz voll Glauben und Liebe. Sein erstes Kind
war ein Bettelknabe, welchen seine Mutter nicht ernähren
konnte. Ein zweiter Pestalozzi war er den Kindern alles
in allem, Vater und Mutter, Kindsmagd und Lehrer.
Als das große Erdbeben vom Oktober 1891 Kinder
massenhaft zu Waisen machte, nahm er auf einmal 41
derselben in sein Haus auf. Gottes Segen ruhte sicht-
bar auf seiner selbstlosen Arbeit, und am Anfang 1893,
also nur fünf Jahre nach der Gründung, betrug die
Zahl der Waisenkinder 233, während seine Anstalt

verſtärkt worden. Eine Hauptmacht der Propaganda
aber wurden die eingeborenen Paſtoren und Evangeliſten,
welche zum Teil ſchon mit Beginn dieſer Periode in
die Arbeit eintraten, und deren Zahl Jahr für Jahr
durch neue Scharen vermehrt wurde. Niſhima hatte
doch recht, als er meinte, daß Japan durch Japaner
evangeliſiert werden müſſe, wenn auch ſeinen Schülern,
welche riefen, nur Japaner ſollten die Apoſtel ihres
Volkes ſein, dieſes kleine Wörtchen „nur“ noch teuer
zu ſtehen kommen wird. Mit dem größten Erfolg
arbeiteten die Glieder von Janes’ Kumamotoſchar,
Yokoi und Kozaki, Miyagawa und Ichihara, Kanamori
und Ebina. Auch die Kirche Chriſti (presbyt.) beſaß in
Uemura, Ibuka und Tamura tüchtige Kräfte, und die
Methodiſten konnten Honda und andere gediegene Männer
ins Feld ſtellen. Und nicht nur die Predigt, ſondern auch
die andere Miſſionsthätigkeit fand in japaniſchen Chriſten
bedeutende Vertreter. Ein junger Mann Namens Iſhii,
welchen eine Predigt von Niſhima beſonders erregt
hatte, faßte im Jahre 1887 den Entſchluß, ſich ver-
wahrloſter, zumal verwaiſter, Kinder anzunehmen. Er
begann mit noch weniger als Auguſt Hermann Francke,
nämlich mit nichts, aber gleich jenem hatte er ein chriſt-
liches Herz voll Glauben und Liebe. Sein erſtes Kind
war ein Bettelknabe, welchen ſeine Mutter nicht ernähren
konnte. Ein zweiter Peſtalozzi war er den Kindern alles
in allem, Vater und Mutter, Kindsmagd und Lehrer.
Als das große Erdbeben vom Oktober 1891 Kinder
maſſenhaft zu Waiſen machte, nahm er auf einmal 41
derſelben in ſein Haus auf. Gottes Segen ruhte ſicht-
bar auf ſeiner ſelbſtloſen Arbeit, und am Anfang 1893,
alſo nur fünf Jahre nach der Gründung, betrug die
Zahl der Waiſenkinder 233, während ſeine Anſtalt

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[281/0295] verſtärkt worden. Eine Hauptmacht der Propaganda aber wurden die eingeborenen Paſtoren und Evangeliſten, welche zum Teil ſchon mit Beginn dieſer Periode in die Arbeit eintraten, und deren Zahl Jahr für Jahr durch neue Scharen vermehrt wurde. Niſhima hatte doch recht, als er meinte, daß Japan durch Japaner evangeliſiert werden müſſe, wenn auch ſeinen Schülern, welche riefen, nur Japaner ſollten die Apoſtel ihres Volkes ſein, dieſes kleine Wörtchen „nur“ noch teuer zu ſtehen kommen wird. Mit dem größten Erfolg arbeiteten die Glieder von Janes’ Kumamotoſchar, Yokoi und Kozaki, Miyagawa und Ichihara, Kanamori und Ebina. Auch die Kirche Chriſti (presbyt.) beſaß in Uemura, Ibuka und Tamura tüchtige Kräfte, und die Methodiſten konnten Honda und andere gediegene Männer ins Feld ſtellen. Und nicht nur die Predigt, ſondern auch die andere Miſſionsthätigkeit fand in japaniſchen Chriſten bedeutende Vertreter. Ein junger Mann Namens Iſhii, welchen eine Predigt von Niſhima beſonders erregt hatte, faßte im Jahre 1887 den Entſchluß, ſich ver- wahrloſter, zumal verwaiſter, Kinder anzunehmen. Er begann mit noch weniger als Auguſt Hermann Francke, nämlich mit nichts, aber gleich jenem hatte er ein chriſt- liches Herz voll Glauben und Liebe. Sein erſtes Kind war ein Bettelknabe, welchen ſeine Mutter nicht ernähren konnte. Ein zweiter Peſtalozzi war er den Kindern alles in allem, Vater und Mutter, Kindsmagd und Lehrer. Als das große Erdbeben vom Oktober 1891 Kinder maſſenhaft zu Waiſen machte, nahm er auf einmal 41 derſelben in ſein Haus auf. Gottes Segen ruhte ſicht- bar auf ſeiner ſelbſtloſen Arbeit, und am Anfang 1893, alſo nur fünf Jahre nach der Gründung, betrug die Zahl der Waiſenkinder 233, während ſeine Anſtalt

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/295>, abgerufen am 23.11.2024.