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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Reichtums mit einem vollgefüllten Sack auf dem Rücken,
und Ebisu, der Gott der Nahrungsmittel, mit einem
Fisch auf dem Arm; das Geld und der Magen spielen
bei der Durchschnittsmenschheit halt doch die erste Rolle.
Ihre grotesken Figuren sind in den meisten Häusern
zu finden, und in den Häusern der Europäer sieht man
sie vielfach unter den Nippsachen.

Bei populären Tempeln sieht man schon am Ein-
gangsthor zu beiden Seiten der Thüröffnung hinter
einem Gitterwerk zwei große Holzfiguren, die Bildnisse
riesenhafter Männer. Sie sind dargestellt wie im Kampf
mit irgend einem unsichtbaren Feind, die Muskeln ihres
Körpers treten straff hervor, und ihre Gesichtszüge sind
verzerrt. Sie verdienen im besten Sinne des Wortes
greulich genannt zu werden, und könnten eigentlich die
Leute eher vom Eintritt in den Tempel abschrecken als
zu demselben anlocken. Bei solchem Aussehen ist es
schwer zu begreifen, wie sie zu dem schönen Namen
Nio-sama, d. h. ehrwürdige Könige, kommen, und die
weniger respektvolle Bezeichnung "rote und grüne
Teufel" (nach der Farbe ihres Anstrichs) erscheint zu-
treffender. Nach einer gelehrten Theorie sind es die
in den Buddhismus übernommenen Hindugötter Brahma
und Narayana 1), also mit die höchsten Götter des Brah-
manismus, die gegenüber der unendlichen Erhabenheit
eines Buddha gerade noch für gut genug befunden
wurden, um als Tempelwächter die bösen Geister abzu-
wehren. Bei näherem Hinschauen bemerkt man, daß
die Leiber dieser Riesen über und über mit kleinen
runden Papierklümpchen bedeckt sind. Wenn nämlich

1) Vergl. Rein "Japan". Reins Darstellung des japanischen
Buddhismus gehört zu dem Besten, was über diesen Gegenstand
geschrieben wurde.

Reichtums mit einem vollgefüllten Sack auf dem Rücken,
und Ebiſu, der Gott der Nahrungsmittel, mit einem
Fiſch auf dem Arm; das Geld und der Magen ſpielen
bei der Durchſchnittsmenſchheit halt doch die erſte Rolle.
Ihre grotesken Figuren ſind in den meiſten Häuſern
zu finden, und in den Häuſern der Europäer ſieht man
ſie vielfach unter den Nippſachen.

Bei populären Tempeln ſieht man ſchon am Ein-
gangsthor zu beiden Seiten der Thüröffnung hinter
einem Gitterwerk zwei große Holzfiguren, die Bildniſſe
rieſenhafter Männer. Sie ſind dargeſtellt wie im Kampf
mit irgend einem unſichtbaren Feind, die Muskeln ihres
Körpers treten ſtraff hervor, und ihre Geſichtszüge ſind
verzerrt. Sie verdienen im beſten Sinne des Wortes
greulich genannt zu werden, und könnten eigentlich die
Leute eher vom Eintritt in den Tempel abſchrecken als
zu demſelben anlocken. Bei ſolchem Ausſehen iſt es
ſchwer zu begreifen, wie ſie zu dem ſchönen Namen
Niō-sama, d. h. ehrwürdige Könige, kommen, und die
weniger reſpektvolle Bezeichnung „rote und grüne
Teufel“ (nach der Farbe ihres Anſtrichs) erſcheint zu-
treffender. Nach einer gelehrten Theorie ſind es die
in den Buddhismus übernommenen Hindugötter Brahma
und Narayana 1), alſo mit die höchſten Götter des Brah-
manismus, die gegenüber der unendlichen Erhabenheit
eines Buddha gerade noch für gut genug befunden
wurden, um als Tempelwächter die böſen Geiſter abzu-
wehren. Bei näherem Hinſchauen bemerkt man, daß
die Leiber dieſer Rieſen über und über mit kleinen
runden Papierklümpchen bedeckt ſind. Wenn nämlich

1) Vergl. Rein „Japan“. Reins Darſtellung des japaniſchen
Buddhismus gehört zu dem Beſten, was über dieſen Gegenſtand
geſchrieben wurde.
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[239/0253] Reichtums mit einem vollgefüllten Sack auf dem Rücken, und Ebiſu, der Gott der Nahrungsmittel, mit einem Fiſch auf dem Arm; das Geld und der Magen ſpielen bei der Durchſchnittsmenſchheit halt doch die erſte Rolle. Ihre grotesken Figuren ſind in den meiſten Häuſern zu finden, und in den Häuſern der Europäer ſieht man ſie vielfach unter den Nippſachen. Bei populären Tempeln ſieht man ſchon am Ein- gangsthor zu beiden Seiten der Thüröffnung hinter einem Gitterwerk zwei große Holzfiguren, die Bildniſſe rieſenhafter Männer. Sie ſind dargeſtellt wie im Kampf mit irgend einem unſichtbaren Feind, die Muskeln ihres Körpers treten ſtraff hervor, und ihre Geſichtszüge ſind verzerrt. Sie verdienen im beſten Sinne des Wortes greulich genannt zu werden, und könnten eigentlich die Leute eher vom Eintritt in den Tempel abſchrecken als zu demſelben anlocken. Bei ſolchem Ausſehen iſt es ſchwer zu begreifen, wie ſie zu dem ſchönen Namen Niō-sama, d. h. ehrwürdige Könige, kommen, und die weniger reſpektvolle Bezeichnung „rote und grüne Teufel“ (nach der Farbe ihres Anſtrichs) erſcheint zu- treffender. Nach einer gelehrten Theorie ſind es die in den Buddhismus übernommenen Hindugötter Brahma und Narayana 1), alſo mit die höchſten Götter des Brah- manismus, die gegenüber der unendlichen Erhabenheit eines Buddha gerade noch für gut genug befunden wurden, um als Tempelwächter die böſen Geiſter abzu- wehren. Bei näherem Hinſchauen bemerkt man, daß die Leiber dieſer Rieſen über und über mit kleinen runden Papierklümpchen bedeckt ſind. Wenn nämlich 1) Vergl. Rein „Japan“. Reins Darſtellung des japaniſchen Buddhismus gehört zu dem Beſten, was über dieſen Gegenſtand geſchrieben wurde.

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/253>, abgerufen am 22.11.2024.