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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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daß er durch eine sehr unvollständige Jnduction, wobey
er sich auf Hallers Physiologie berufen wollte, sehr drin-
gende Gründe für seine Meynung glaubte gefunden zu
haben. Nachdem ich ihm hierauf durch Beyspiele die
Natur und Beweiskraft einer solchen Jnduction erläu-
tert hatte, erklärte er sich, er wolle seinen Satz für
nichts weiter als für eine Hypothese ausgeben: doch be-
hauptete er, er würde ihn zu einer andern Zeit und unter
andern Umständen unwidersprechlich haben demonstri-
ren können.

Es kam also nun zuförderst auf die Frage an,
ob auch der Satz, der Mensch ist eine Maschine, in sich
selbst oder andern ausgemachten Wahrheiten widerspre-
chend sey? Hier mußte der Begriff der Maschine zum
Grunde gelegt werden. Wir bildeten ihn mit einander,
und wurden darüber einig, eine Maschine sey eine Ver-
bindung verschiedener nicht willkührlich würkender Din-
ge, die so verknüpft seyn, daß immer eins die Bewegung
des andern bestimmte. Wollte ich nun gleich zugeben,
sagte ich hier, daß ihr Satz an sich selbst nicht widerspre-
chend sey, so müßten Sie doch gestehen, er streite mit
andern erwiesenen Wahrheiten. Der Mensch z. Ex.
kann ohne körperliche Bewegung würken. So ist ein
einfacher Gedanke, das Bewußtseyn seiner selbst, eine
Würkung, die von aller solcher Bewegung frey ist. Wäre
er eine Maschine, so müßte er das nicht können, denn
die Würkungen einer Maschine bestehen allein in der Be-
wegung. Ferner läugnen sie es selbst nicht, daß der
Mensch willkührliche und freye Handlungen hervorbringt.
Eine Maschine aber besteht ihrem Begriffe nach aus
lauter unwillkührlichen Theile, die also auch durch sich
selbst nicht willkührlich würken können. Soll nun der
Mensch eine bloße Maschine seyn, wie kann er denn will-
kührlich und frey handeln? --

Sie



daß er durch eine ſehr unvollſtaͤndige Jnduction, wobey
er ſich auf Hallers Phyſiologie berufen wollte, ſehr drin-
gende Gruͤnde fuͤr ſeine Meynung glaubte gefunden zu
haben. Nachdem ich ihm hierauf durch Beyſpiele die
Natur und Beweiskraft einer ſolchen Jnduction erlaͤu-
tert hatte, erklaͤrte er ſich, er wolle ſeinen Satz fuͤr
nichts weiter als fuͤr eine Hypotheſe ausgeben: doch be-
hauptete er, er wuͤrde ihn zu einer andern Zeit und unter
andern Umſtaͤnden unwiderſprechlich haben demonſtri-
ren koͤnnen.

Es kam alſo nun zufoͤrderſt auf die Frage an,
ob auch der Satz, der Menſch iſt eine Maſchine, in ſich
ſelbſt oder andern ausgemachten Wahrheiten widerſpre-
chend ſey? Hier mußte der Begriff der Maſchine zum
Grunde gelegt werden. Wir bildeten ihn mit einander,
und wurden daruͤber einig, eine Maſchine ſey eine Ver-
bindung verſchiedener nicht willkuͤhrlich wuͤrkender Din-
ge, die ſo verknuͤpft ſeyn, daß immer eins die Bewegung
des andern beſtimmte. Wollte ich nun gleich zugeben,
ſagte ich hier, daß ihr Satz an ſich ſelbſt nicht widerſpre-
chend ſey, ſo muͤßten Sie doch geſtehen, er ſtreite mit
andern erwieſenen Wahrheiten. Der Menſch z. Ex.
kann ohne koͤrperliche Bewegung wuͤrken. So iſt ein
einfacher Gedanke, das Bewußtſeyn ſeiner ſelbſt, eine
Wuͤrkung, die von aller ſolcher Bewegung frey iſt. Waͤre
er eine Maſchine, ſo muͤßte er das nicht koͤnnen, denn
die Wuͤrkungen einer Maſchine beſtehen allein in der Be-
wegung. Ferner laͤugnen ſie es ſelbſt nicht, daß der
Menſch willkuͤhrliche und freye Handlungen hervorbringt.
Eine Maſchine aber beſteht ihrem Begriffe nach aus
lauter unwillkuͤhrlichen Theile, die alſo auch durch ſich
ſelbſt nicht willkuͤhrlich wuͤrken koͤnnen. Soll nun der
Menſch eine bloße Maſchine ſeyn, wie kann er denn will-
kuͤhrlich und frey handeln? —

Sie
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[15/0027] daß er durch eine ſehr unvollſtaͤndige Jnduction, wobey er ſich auf Hallers Phyſiologie berufen wollte, ſehr drin- gende Gruͤnde fuͤr ſeine Meynung glaubte gefunden zu haben. Nachdem ich ihm hierauf durch Beyſpiele die Natur und Beweiskraft einer ſolchen Jnduction erlaͤu- tert hatte, erklaͤrte er ſich, er wolle ſeinen Satz fuͤr nichts weiter als fuͤr eine Hypotheſe ausgeben: doch be- hauptete er, er wuͤrde ihn zu einer andern Zeit und unter andern Umſtaͤnden unwiderſprechlich haben demonſtri- ren koͤnnen. Es kam alſo nun zufoͤrderſt auf die Frage an, ob auch der Satz, der Menſch iſt eine Maſchine, in ſich ſelbſt oder andern ausgemachten Wahrheiten widerſpre- chend ſey? Hier mußte der Begriff der Maſchine zum Grunde gelegt werden. Wir bildeten ihn mit einander, und wurden daruͤber einig, eine Maſchine ſey eine Ver- bindung verſchiedener nicht willkuͤhrlich wuͤrkender Din- ge, die ſo verknuͤpft ſeyn, daß immer eins die Bewegung des andern beſtimmte. Wollte ich nun gleich zugeben, ſagte ich hier, daß ihr Satz an ſich ſelbſt nicht widerſpre- chend ſey, ſo muͤßten Sie doch geſtehen, er ſtreite mit andern erwieſenen Wahrheiten. Der Menſch z. Ex. kann ohne koͤrperliche Bewegung wuͤrken. So iſt ein einfacher Gedanke, das Bewußtſeyn ſeiner ſelbſt, eine Wuͤrkung, die von aller ſolcher Bewegung frey iſt. Waͤre er eine Maſchine, ſo muͤßte er das nicht koͤnnen, denn die Wuͤrkungen einer Maſchine beſtehen allein in der Be- wegung. Ferner laͤugnen ſie es ſelbſt nicht, daß der Menſch willkuͤhrliche und freye Handlungen hervorbringt. Eine Maſchine aber beſteht ihrem Begriffe nach aus lauter unwillkuͤhrlichen Theile, die alſo auch durch ſich ſelbſt nicht willkuͤhrlich wuͤrken koͤnnen. Soll nun der Menſch eine bloße Maſchine ſeyn, wie kann er denn will- kuͤhrlich und frey handeln? — Sie

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/27>, abgerufen am 24.11.2024.