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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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sagen, wie Sie mich finden, und ihn in meinem Nah-
men bitten, daß er nun endlich ernsthafter werden möge?
Oder wollen Sie es ihm lieber schreiben? Beydes, ant-
wortete ich, hat seine Schwürigkeiten. Und denen
könnten wir ausweichen, wenn Sie selbst dem Geistli-
chen, der den Grafen Brandt besucht, diesen Auftrag
geben wollten. Haben Sie dazu Ueberzeugung gnug,
und können Sie sich dazu entschließen? Ja, sagte er,
bringen Sie den Herrn Probst Hee zu mir. Jch will
ihn in Jhrer Gegenwart darum bitten. Jch schäme mich
nicht, das zu bekennen, wovon ich überzeugt bin, und
wünschte, daß ich Gelegenheit hätte, es allen meinen
Bekannten zu sagen.

Er sagte hierin die Wahrheit, denn er fieng um
diese Zeit an mit den Officiers, die die Wache bey ihm
hatten, viel und gerne über Religion und Moralität zu
reden, an statt daß er sonst fast kein Wort mit ihnen
gesprochen hatte. Jch erfuhr von dem Herrn Commen-
danten, daß er seit meinem letzten Besuche eine lange
christliche Unterredung mit einem unter ihnen gehalten
habe. Jch erkundigte mich darnach bey dem Grafen
selbst. Er erzählte mir mit einer Art von Freude, er
habe einem Officier die Religion und ein tugendhaftes
Leben angepriesen. Dieser habe ihm geantwortet, daß
er zwar gegen die Religion nichts einzuwenden habe,
aber ihre Vorschriften, besonders die die körperliche
Wollust beträfen, zu erfüllen, das schiene ihm unmöglich
zu seyn. Er habe ihm hierauf sein eignes Beyspiel vor-
gehalten, wie sehr er selbst die Ausschweifungen für un-
entbehrliche Bedürfnisse gehalten habe, und wie unglück-
lich er durch sie geworden sey. Lesen Sie den Gellert
fleißig, hatte er ihm angerahten, Sie haben Zeit dazu,
und werden sie wenigstens finden, wenn Sie sie suchen.
Er wird Sie überzeugen, wie vortheilhaft es ist, diese

geliebten



ſagen, wie Sie mich finden, und ihn in meinem Nah-
men bitten, daß er nun endlich ernſthafter werden moͤge?
Oder wollen Sie es ihm lieber ſchreiben? Beydes, ant-
wortete ich, hat ſeine Schwuͤrigkeiten. Und denen
koͤnnten wir ausweichen, wenn Sie ſelbſt dem Geiſtli-
chen, der den Grafen Brandt beſucht, dieſen Auftrag
geben wollten. Haben Sie dazu Ueberzeugung gnug,
und koͤnnen Sie ſich dazu entſchließen? Ja, ſagte er,
bringen Sie den Herrn Probſt Hee zu mir. Jch will
ihn in Jhrer Gegenwart darum bitten. Jch ſchaͤme mich
nicht, das zu bekennen, wovon ich uͤberzeugt bin, und
wuͤnſchte, daß ich Gelegenheit haͤtte, es allen meinen
Bekannten zu ſagen.

Er ſagte hierin die Wahrheit, denn er fieng um
dieſe Zeit an mit den Officiers, die die Wache bey ihm
hatten, viel und gerne uͤber Religion und Moralitaͤt zu
reden, an ſtatt daß er ſonſt faſt kein Wort mit ihnen
geſprochen hatte. Jch erfuhr von dem Herrn Commen-
danten, daß er ſeit meinem letzten Beſuche eine lange
chriſtliche Unterredung mit einem unter ihnen gehalten
habe. Jch erkundigte mich darnach bey dem Grafen
ſelbſt. Er erzaͤhlte mir mit einer Art von Freude, er
habe einem Officier die Religion und ein tugendhaftes
Leben angeprieſen. Dieſer habe ihm geantwortet, daß
er zwar gegen die Religion nichts einzuwenden habe,
aber ihre Vorſchriften, beſonders die die koͤrperliche
Wolluſt betraͤfen, zu erfuͤllen, das ſchiene ihm unmoͤglich
zu ſeyn. Er habe ihm hierauf ſein eignes Beyſpiel vor-
gehalten, wie ſehr er ſelbſt die Ausſchweifungen fuͤr un-
entbehrliche Beduͤrfniſſe gehalten habe, und wie ungluͤck-
lich er durch ſie geworden ſey. Leſen Sie den Gellert
fleißig, hatte er ihm angerahten, Sie haben Zeit dazu,
und werden ſie wenigſtens finden, wenn Sie ſie ſuchen.
Er wird Sie uͤberzeugen, wie vortheilhaft es iſt, dieſe

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[123/0135] ſagen, wie Sie mich finden, und ihn in meinem Nah- men bitten, daß er nun endlich ernſthafter werden moͤge? Oder wollen Sie es ihm lieber ſchreiben? Beydes, ant- wortete ich, hat ſeine Schwuͤrigkeiten. Und denen koͤnnten wir ausweichen, wenn Sie ſelbſt dem Geiſtli- chen, der den Grafen Brandt beſucht, dieſen Auftrag geben wollten. Haben Sie dazu Ueberzeugung gnug, und koͤnnen Sie ſich dazu entſchließen? Ja, ſagte er, bringen Sie den Herrn Probſt Hee zu mir. Jch will ihn in Jhrer Gegenwart darum bitten. Jch ſchaͤme mich nicht, das zu bekennen, wovon ich uͤberzeugt bin, und wuͤnſchte, daß ich Gelegenheit haͤtte, es allen meinen Bekannten zu ſagen. Er ſagte hierin die Wahrheit, denn er fieng um dieſe Zeit an mit den Officiers, die die Wache bey ihm hatten, viel und gerne uͤber Religion und Moralitaͤt zu reden, an ſtatt daß er ſonſt faſt kein Wort mit ihnen geſprochen hatte. Jch erfuhr von dem Herrn Commen- danten, daß er ſeit meinem letzten Beſuche eine lange chriſtliche Unterredung mit einem unter ihnen gehalten habe. Jch erkundigte mich darnach bey dem Grafen ſelbſt. Er erzaͤhlte mir mit einer Art von Freude, er habe einem Officier die Religion und ein tugendhaftes Leben angeprieſen. Dieſer habe ihm geantwortet, daß er zwar gegen die Religion nichts einzuwenden habe, aber ihre Vorſchriften, beſonders die die koͤrperliche Wolluſt betraͤfen, zu erfuͤllen, das ſchiene ihm unmoͤglich zu ſeyn. Er habe ihm hierauf ſein eignes Beyſpiel vor- gehalten, wie ſehr er ſelbſt die Ausſchweifungen fuͤr un- entbehrliche Beduͤrfniſſe gehalten habe, und wie ungluͤck- lich er durch ſie geworden ſey. Leſen Sie den Gellert fleißig, hatte er ihm angerahten, Sie haben Zeit dazu, und werden ſie wenigſtens finden, wenn Sie ſie ſuchen. Er wird Sie uͤberzeugen, wie vortheilhaft es iſt, dieſe geliebten

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/135>, abgerufen am 24.11.2024.