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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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verstrickt in das Begehren des Metallgeldes,
und verloren die alte Oberherrschaft über das
Metall, die, wie ich neulich zeigte, sich in dem
monetagium, in der Münzabgabe, äußerte,
in einer Art von Tribut, den der Suverän des
physischen Lebens dem lebendigen Suverän zu
zahlen verpflichtet war, zum Zeichen der Lehns-
abhängigkeit, in der das gemeine Gold von
dem Golde der Krone immer bleiben soll.

Diesen Kampf der Könige mit dem Golde
werden sie in der Münzgeschichte aller Europäi-
schen Staaten etwa um die Mitte des sechzehn-
ten Jahrhunderts anfangen, und fast alle, frü-
her oder später, dem Metalle unterworfen sehen.
Wer das letzte Goldstück in der Tasche habe,
werde siegen -- war ein unter den Regierenden
des achtzehnten Jahrhunderts sehr gebräuchliches
bon-mot. Es kommt indeß hier nicht darauf
an, die Regierungen anzuklagen; meine Pflicht
ist nur, zu zeigen, daß der Zustand von Europa
in den drei letzten Jahrhunderten keinesweges,
wie der große Haufe glaubt, politischer Normal-
Zustand, sondern daß es eine Zeit ungeheurer
innerer Revolutionen gewesen ist, ein Zwischen-
zustand, ein Interregnum, während dessen die
Sphäre der Europäischen Wirksamkeit sich über
alle Meere und Welttheile ausgebreitet hat, Waa-

verſtrickt in das Begehren des Metallgeldes,
und verloren die alte Oberherrſchaft uͤber das
Metall, die, wie ich neulich zeigte, ſich in dem
monetagium, in der Muͤnzabgabe, aͤußerte,
in einer Art von Tribut, den der Suveraͤn des
phyſiſchen Lebens dem lebendigen Suveraͤn zu
zahlen verpflichtet war, zum Zeichen der Lehns-
abhaͤngigkeit, in der das gemeine Gold von
dem Golde der Krone immer bleiben ſoll.

Dieſen Kampf der Koͤnige mit dem Golde
werden ſie in der Muͤnzgeſchichte aller Europaͤi-
ſchen Staaten etwa um die Mitte des ſechzehn-
ten Jahrhunderts anfangen, und faſt alle, fruͤ-
her oder ſpaͤter, dem Metalle unterworfen ſehen.
Wer das letzte Goldſtuͤck in der Taſche habe,
werde ſiegen — war ein unter den Regierenden
des achtzehnten Jahrhunderts ſehr gebraͤuchliches
bon-mot. Es kommt indeß hier nicht darauf
an, die Regierungen anzuklagen; meine Pflicht
iſt nur, zu zeigen, daß der Zuſtand von Europa
in den drei letzten Jahrhunderten keinesweges,
wie der große Haufe glaubt, politiſcher Normal-
Zuſtand, ſondern daß es eine Zeit ungeheurer
innerer Revolutionen geweſen iſt, ein Zwiſchen-
zuſtand, ein Interregnum, waͤhrend deſſen die
Sphaͤre der Europaͤiſchen Wirkſamkeit ſich uͤber
alle Meere und Welttheile ausgebreitet hat, Waa-

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[328/0336] verſtrickt in das Begehren des Metallgeldes, und verloren die alte Oberherrſchaft uͤber das Metall, die, wie ich neulich zeigte, ſich in dem monetagium, in der Muͤnzabgabe, aͤußerte, in einer Art von Tribut, den der Suveraͤn des phyſiſchen Lebens dem lebendigen Suveraͤn zu zahlen verpflichtet war, zum Zeichen der Lehns- abhaͤngigkeit, in der das gemeine Gold von dem Golde der Krone immer bleiben ſoll. Dieſen Kampf der Koͤnige mit dem Golde werden ſie in der Muͤnzgeſchichte aller Europaͤi- ſchen Staaten etwa um die Mitte des ſechzehn- ten Jahrhunderts anfangen, und faſt alle, fruͤ- her oder ſpaͤter, dem Metalle unterworfen ſehen. Wer das letzte Goldſtuͤck in der Taſche habe, werde ſiegen — war ein unter den Regierenden des achtzehnten Jahrhunderts ſehr gebraͤuchliches bon-mot. Es kommt indeß hier nicht darauf an, die Regierungen anzuklagen; meine Pflicht iſt nur, zu zeigen, daß der Zuſtand von Europa in den drei letzten Jahrhunderten keinesweges, wie der große Haufe glaubt, politiſcher Normal- Zuſtand, ſondern daß es eine Zeit ungeheurer innerer Revolutionen geweſen iſt, ein Zwiſchen- zuſtand, ein Interregnum, waͤhrend deſſen die Sphaͤre der Europaͤiſchen Wirkſamkeit ſich uͤber alle Meere und Welttheile ausgebreitet hat, Waa-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/336>, abgerufen am 24.11.2024.