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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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unterstützen und tragen müssen, existirten noch
nicht. Die Abgaben wurden dem Kaiser, und
nicht etwa, wie späterhin, einem unsichtbaren
Süzerän gezahlt, der allein die Wunder-Kraft
hat, Kupfer in Silber, oder Papier in Silber
und Gold zu verwandeln, welche kein Kaiser
der Welt, als solcher, haben wird, außer in so
fern ihm ein wirklich apostolischer Geist beisteht.

Erst die Germanischen Herren, unter andern
Pipin im Jahre 755, durften an eine Münz-
Revenüe (monetagium, seigneurage, wie sie
in England hieß) denken. Seitdem ist diese
Abgabe in allen Europäischen Staaten, auch in
England bis zum Jahre 1678, in Gebrauch ge-
wesen. Der Welthandel und die strenge Rück-
sicht auf den Real-Werth der edlen Metalle,
die er erfordert, bewirkte, daß man die Mün-
zen, welche zu einem Universal-Maßstabe die-
nen sollten, lieber unberührt lassen, und den
Verlust des Staates durch eine Papier-Circu-
lation ergänzen wollte, die seit 1678 in England
erst recht in Gang gekommen und jetzt so hoch
gestiegen ist, daß ein Londoner-Banquier bei sei-
non täglichen Zahlungen im Durchschnitt 30-,
40-, ja 140- und noch mehr-Mal so viel
Papier als baares Geld gebraucht, und daß in
der vierzig Jahren von 1760 bis 1800 in der

unterſtuͤtzen und tragen muͤſſen, exiſtirten noch
nicht. Die Abgaben wurden dem Kaiſer, und
nicht etwa, wie ſpaͤterhin, einem unſichtbaren
Suͤzeraͤn gezahlt, der allein die Wunder-Kraft
hat, Kupfer in Silber, oder Papier in Silber
und Gold zu verwandeln, welche kein Kaiſer
der Welt, als ſolcher, haben wird, außer in ſo
fern ihm ein wirklich apoſtoliſcher Geiſt beiſteht.

Erſt die Germaniſchen Herren, unter andern
Pipin im Jahre 755, durften an eine Muͤnz-
Revenuͤe (monetagium, seigneurage, wie ſie
in England hieß) denken. Seitdem iſt dieſe
Abgabe in allen Europaͤiſchen Staaten, auch in
England bis zum Jahre 1678, in Gebrauch ge-
weſen. Der Welthandel und die ſtrenge Ruͤck-
ſicht auf den Real-Werth der edlen Metalle,
die er erfordert, bewirkte, daß man die Muͤn-
zen, welche zu einem Univerſal-Maßſtabe die-
nen ſollten, lieber unberuͤhrt laſſen, und den
Verluſt des Staates durch eine Papier-Circu-
lation ergaͤnzen wollte, die ſeit 1678 in England
erſt recht in Gang gekommen und jetzt ſo hoch
geſtiegen iſt, daß ein Londoner-Banquier bei ſei-
non taͤglichen Zahlungen im Durchſchnitt 30-,
40-, ja 140- und noch mehr-Mal ſo viel
Papier als baares Geld gebraucht, und daß in
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[313/0321] unterſtuͤtzen und tragen muͤſſen, exiſtirten noch nicht. Die Abgaben wurden dem Kaiſer, und nicht etwa, wie ſpaͤterhin, einem unſichtbaren Suͤzeraͤn gezahlt, der allein die Wunder-Kraft hat, Kupfer in Silber, oder Papier in Silber und Gold zu verwandeln, welche kein Kaiſer der Welt, als ſolcher, haben wird, außer in ſo fern ihm ein wirklich apoſtoliſcher Geiſt beiſteht. Erſt die Germaniſchen Herren, unter andern Pipin im Jahre 755, durften an eine Muͤnz- Revenuͤe (monetagium, seigneurage, wie ſie in England hieß) denken. Seitdem iſt dieſe Abgabe in allen Europaͤiſchen Staaten, auch in England bis zum Jahre 1678, in Gebrauch ge- weſen. Der Welthandel und die ſtrenge Ruͤck- ſicht auf den Real-Werth der edlen Metalle, die er erfordert, bewirkte, daß man die Muͤn- zen, welche zu einem Univerſal-Maßſtabe die- nen ſollten, lieber unberuͤhrt laſſen, und den Verluſt des Staates durch eine Papier-Circu- lation ergaͤnzen wollte, die ſeit 1678 in England erſt recht in Gang gekommen und jetzt ſo hoch geſtiegen iſt, daß ein Londoner-Banquier bei ſei- non taͤglichen Zahlungen im Durchſchnitt 30-, 40-, ja 140- und noch mehr-Mal ſo viel Papier als baares Geld gebraucht, und daß in der vierzig Jahren von 1760 bis 1800 in der

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/321>, abgerufen am 24.11.2024.