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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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Die Französische Schule des Quesnay, Leib-
arztes bei Ludwig XV, eines von den größten
Köpfen seiner Zeit, in welcher Nahmen, wie
Turgot, der ältere Mirabeau, Dupont von Ne-
mours, le Trosne, der jetzt regierende Markgraf
von Baden hervorragen, nahm in ihren ganzen
Betrachtungen die Existenz der uneingeschränk-
testen Suveränetät, oder der vollständig concen-
trirten National-Kraft, als ein Gegebenes an,
konnte also, indem sie den Reichthum in seiner,
Macht und Nationalität erzeugenden, Natur ganz
übersah, keinen unmittelbaren praktischen Ein-
fluß erhalten, wenn sie auch der Wissenschaft ein
neues Leben gab, dadurch, daß sie, der Colberti-
schen Schule zum Trotz, nachdem die Regierun-
gen ein volles Jahrhundert hindurch nach der
Production des Beweglichen, der Fabrication
und dem Metallgelde, ausschließend gestrebt hat-
te, nun einmal den Accent, zwar nicht auf die
Grundstücke, aber doch auf den Ackerbau setzte.
Diese Schule von der natürlichen Ordnung der
Gesellschaft, welche in Deutschland unter dem
Nahmen der Physiokraten, in Frankreich aber
mehr unter dem Nahmen der Oekonomisten be-
kannt ist, verhielt sich zur Wissenschaft der Oeko-
nomie, wie sich das Deutsche Naturrecht zu der
Wissenschaft des Rechtes verhält. --

Die Franzoͤſiſche Schule des Quesnay, Leib-
arztes bei Ludwig XV, eines von den groͤßten
Koͤpfen ſeiner Zeit, in welcher Nahmen, wie
Turgot, der aͤltere Mirabeau, Dupont von Ne-
mours, le Trosne, der jetzt regierende Markgraf
von Baden hervorragen, nahm in ihren ganzen
Betrachtungen die Exiſtenz der uneingeſchraͤnk-
teſten Suveraͤnetaͤt, oder der vollſtaͤndig concen-
trirten National-Kraft, als ein Gegebenes an,
konnte alſo, indem ſie den Reichthum in ſeiner,
Macht und Nationalitaͤt erzeugenden, Natur ganz
uͤberſah, keinen unmittelbaren praktiſchen Ein-
fluß erhalten, wenn ſie auch der Wiſſenſchaft ein
neues Leben gab, dadurch, daß ſie, der Colberti-
ſchen Schule zum Trotz, nachdem die Regierun-
gen ein volles Jahrhundert hindurch nach der
Production des Beweglichen, der Fabrication
und dem Metallgelde, ausſchließend geſtrebt hat-
te, nun einmal den Accent, zwar nicht auf die
Grundſtuͤcke, aber doch auf den Ackerbau ſetzte.
Dieſe Schule von der natuͤrlichen Ordnung der
Geſellſchaft, welche in Deutſchland unter dem
Nahmen der Phyſiokraten, in Frankreich aber
mehr unter dem Nahmen der Oekonomiſten be-
kannt iſt, verhielt ſich zur Wiſſenſchaft der Oeko-
nomie, wie ſich das Deutſche Naturrecht zu der
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[227/0235] Die Franzoͤſiſche Schule des Quesnay, Leib- arztes bei Ludwig XV, eines von den groͤßten Koͤpfen ſeiner Zeit, in welcher Nahmen, wie Turgot, der aͤltere Mirabeau, Dupont von Ne- mours, le Trosne, der jetzt regierende Markgraf von Baden hervorragen, nahm in ihren ganzen Betrachtungen die Exiſtenz der uneingeſchraͤnk- teſten Suveraͤnetaͤt, oder der vollſtaͤndig concen- trirten National-Kraft, als ein Gegebenes an, konnte alſo, indem ſie den Reichthum in ſeiner, Macht und Nationalitaͤt erzeugenden, Natur ganz uͤberſah, keinen unmittelbaren praktiſchen Ein- fluß erhalten, wenn ſie auch der Wiſſenſchaft ein neues Leben gab, dadurch, daß ſie, der Colberti- ſchen Schule zum Trotz, nachdem die Regierun- gen ein volles Jahrhundert hindurch nach der Production des Beweglichen, der Fabrication und dem Metallgelde, ausſchließend geſtrebt hat- te, nun einmal den Accent, zwar nicht auf die Grundſtuͤcke, aber doch auf den Ackerbau ſetzte. Dieſe Schule von der natuͤrlichen Ordnung der Geſellſchaft, welche in Deutſchland unter dem Nahmen der Phyſiokraten, in Frankreich aber mehr unter dem Nahmen der Oekonomiſten be- kannt iſt, verhielt ſich zur Wiſſenſchaft der Oeko- nomie, wie ſich das Deutſche Naturrecht zu der Wiſſenſchaft des Rechtes verhaͤlt. —

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/235>, abgerufen am 27.11.2024.