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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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Meilen, die arithmetische Vermehrung der Volks-
menge, der Einkünfte, der Producte und vor-
züglich -- was Friedrich von allen Resultaten der
Administration am besten verstand -- des Geldes,
wie schon oben bemerkt worden ist, die Haupt-
Objecte seiner Verwaltung.

Der hier beschriebene Charakter war freilich zu
nichts weniger geeignet, als zum untergeordneten
Gliede einer Föderal-Verfassung, wie die des Deut-
schen Reiches. Undeutsch war Friedrich in seinen
Neigungen, wie im Privatleben überhaupt; un-
empfänglich für Deutsche Vorzeit, welche von de-
nen Geschichtschreibern, die er las, aus Unver-
stand am leichtsinnigsten und verächtlichsten behan-
delt war; unfähig, Glied eines Verhältnisses zu
seyn, welches auf irgend einer Art der Gegen-
seitigkeit beruhete, also unfähig zu dem freien Ge-
horsam, den eine Deutsche Verfassung verlangte,
weil er isolirt und einsam dastand. Ueberdies war
er in einer schneidenden, früh im Hause des Va-
ters angewöhnten, Opposition gegen alles, was
sich auf Alter und Glauben stützte, in angewöhn-
ter Geringschätzung der Religion, welche die alte
Gewährleisterin des Bundes von Deutschland
gewesen war, und welche er nur, Einerseits
durch den schwankenden Protestantismus seiner
Geistlichkeit, den sein Scharfsinn leicht zu ver-

Meilen, die arithmetiſche Vermehrung der Volks-
menge, der Einkuͤnfte, der Producte und vor-
zuͤglich — was Friedrich von allen Reſultaten der
Adminiſtration am beſten verſtand — des Geldes,
wie ſchon oben bemerkt worden iſt, die Haupt-
Objecte ſeiner Verwaltung.

Der hier beſchriebene Charakter war freilich zu
nichts weniger geeignet, als zum untergeordneten
Gliede einer Foͤderal-Verfaſſung, wie die des Deut-
ſchen Reiches. Undeutſch war Friedrich in ſeinen
Neigungen, wie im Privatleben uͤberhaupt; un-
empfaͤnglich fuͤr Deutſche Vorzeit, welche von de-
nen Geſchichtſchreibern, die er las, aus Unver-
ſtand am leichtſinnigſten und veraͤchtlichſten behan-
delt war; unfaͤhig, Glied eines Verhaͤltniſſes zu
ſeyn, welches auf irgend einer Art der Gegen-
ſeitigkeit beruhete, alſo unfaͤhig zu dem freien Ge-
horſam, den eine Deutſche Verfaſſung verlangte,
weil er iſolirt und einſam daſtand. Ueberdies war
er in einer ſchneidenden, fruͤh im Hauſe des Va-
ters angewoͤhnten, Oppoſition gegen alles, was
ſich auf Alter und Glauben ſtuͤtzte, in angewoͤhn-
ter Geringſchaͤtzung der Religion, welche die alte
Gewaͤhrleiſterin des Bundes von Deutſchland
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[169/0177] Meilen, die arithmetiſche Vermehrung der Volks- menge, der Einkuͤnfte, der Producte und vor- zuͤglich — was Friedrich von allen Reſultaten der Adminiſtration am beſten verſtand — des Geldes, wie ſchon oben bemerkt worden iſt, die Haupt- Objecte ſeiner Verwaltung. Der hier beſchriebene Charakter war freilich zu nichts weniger geeignet, als zum untergeordneten Gliede einer Foͤderal-Verfaſſung, wie die des Deut- ſchen Reiches. Undeutſch war Friedrich in ſeinen Neigungen, wie im Privatleben uͤberhaupt; un- empfaͤnglich fuͤr Deutſche Vorzeit, welche von de- nen Geſchichtſchreibern, die er las, aus Unver- ſtand am leichtſinnigſten und veraͤchtlichſten behan- delt war; unfaͤhig, Glied eines Verhaͤltniſſes zu ſeyn, welches auf irgend einer Art der Gegen- ſeitigkeit beruhete, alſo unfaͤhig zu dem freien Ge- horſam, den eine Deutſche Verfaſſung verlangte, weil er iſolirt und einſam daſtand. Ueberdies war er in einer ſchneidenden, fruͤh im Hauſe des Va- ters angewoͤhnten, Oppoſition gegen alles, was ſich auf Alter und Glauben ſtuͤtzte, in angewoͤhn- ter Geringſchaͤtzung der Religion, welche die alte Gewaͤhrleiſterin des Bundes von Deutſchland geweſen war, und welche er nur, Einerſeits durch den ſchwankenden Proteſtantismus ſeiner Geiſtlichkeit, den ſein Scharfſinn leicht zu ver-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/177>, abgerufen am 23.11.2024.