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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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Beamten, welche von diesem überall selbst mit-
arbeitenden Monarchen so durchaus, und oft
im Kleinsten wie im Größten, abhingen, Vieles
übergehen. Ein gewisser mechanischer Gang der
Geschäftsführung mußte ihnen oft eine freie echt-
patriotische Verwaltung ihres Berufes erschwe-
ren. Auch das überwiegende Walten des Ancien-
nitäts-Gesetzes konnte keine andre Folge haben,
als daß die Beamten schon von den austrock-
nenden Geschäften aufgezehrt waren, ehe sie zu
den Stellen hinan kamen, worin es ihnen ver-
gönnt wurde, dem Willen des Monarchen eine
Art von freier Auslegung zu geben. Die Na-
tion war, nach Theilen, und Dieses und Jenes
respectirend, durch Friedrichs Nahmen, durch seine
Thaten, seine Schriften, seine Lakonismen, und
vor allem durch die sechs und vierzig-jährige Ge-
wohnheit, an sein Zepter gefesselt; konnte aber,
eben um dieser Verschiedenheit und ganzer Gear-
tung der Motive willen, kein fest und lebendig
verbundenes Ganze derselben darstellen. So
mild und wohlwollend sich des Königs Herz,
nach seiner innersten unverkennbaren Beschaffen-
heit, der Nation gegenüber, oft bewegt finden
mußte, und oft wirklich so zeigte: so waren
doch, nach dem Charakter und der Ansicht seiner
Zeit, die größte Summe beherrschter Quadrat-

Beamten, welche von dieſem uͤberall ſelbſt mit-
arbeitenden Monarchen ſo durchaus, und oft
im Kleinſten wie im Groͤßten, abhingen, Vieles
uͤbergehen. Ein gewiſſer mechaniſcher Gang der
Geſchaͤftsfuͤhrung mußte ihnen oft eine freie echt-
patriotiſche Verwaltung ihres Berufes erſchwe-
ren. Auch das uͤberwiegende Walten des Ancien-
nitaͤts-Geſetzes konnte keine andre Folge haben,
als daß die Beamten ſchon von den austrock-
nenden Geſchaͤften aufgezehrt waren, ehe ſie zu
den Stellen hinan kamen, worin es ihnen ver-
goͤnnt wurde, dem Willen des Monarchen eine
Art von freier Auslegung zu geben. Die Na-
tion war, nach Theilen, und Dieſes und Jenes
reſpectirend, durch Friedrichs Nahmen, durch ſeine
Thaten, ſeine Schriften, ſeine Lakonismen, und
vor allem durch die ſechs und vierzig-jaͤhrige Ge-
wohnheit, an ſein Zepter gefeſſelt; konnte aber,
eben um dieſer Verſchiedenheit und ganzer Gear-
tung der Motive willen, kein feſt und lebendig
verbundenes Ganze derſelben darſtellen. So
mild und wohlwollend ſich des Koͤnigs Herz,
nach ſeiner innerſten unverkennbaren Beſchaffen-
heit, der Nation gegenuͤber, oft bewegt finden
mußte, und oft wirklich ſo zeigte: ſo waren
doch, nach dem Charakter und der Anſicht ſeiner
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[168/0176] Beamten, welche von dieſem uͤberall ſelbſt mit- arbeitenden Monarchen ſo durchaus, und oft im Kleinſten wie im Groͤßten, abhingen, Vieles uͤbergehen. Ein gewiſſer mechaniſcher Gang der Geſchaͤftsfuͤhrung mußte ihnen oft eine freie echt- patriotiſche Verwaltung ihres Berufes erſchwe- ren. Auch das uͤberwiegende Walten des Ancien- nitaͤts-Geſetzes konnte keine andre Folge haben, als daß die Beamten ſchon von den austrock- nenden Geſchaͤften aufgezehrt waren, ehe ſie zu den Stellen hinan kamen, worin es ihnen ver- goͤnnt wurde, dem Willen des Monarchen eine Art von freier Auslegung zu geben. Die Na- tion war, nach Theilen, und Dieſes und Jenes reſpectirend, durch Friedrichs Nahmen, durch ſeine Thaten, ſeine Schriften, ſeine Lakonismen, und vor allem durch die ſechs und vierzig-jaͤhrige Ge- wohnheit, an ſein Zepter gefeſſelt; konnte aber, eben um dieſer Verſchiedenheit und ganzer Gear- tung der Motive willen, kein feſt und lebendig verbundenes Ganze derſelben darſtellen. So mild und wohlwollend ſich des Koͤnigs Herz, nach ſeiner innerſten unverkennbaren Beſchaffen- heit, der Nation gegenuͤber, oft bewegt finden mußte, und oft wirklich ſo zeigte: ſo waren doch, nach dem Charakter und der Anſicht ſeiner Zeit, die groͤßte Summe beherrſchter Quadrat-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/176>, abgerufen am 02.05.2024.