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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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nicht bloß auf der Weltwage des Gleichgewichtes
ohne Ende abgewogen und entschieden, sondern
dadurch, daß zwischen ihrer gegenseitigen reich
gestalteten und kolossalischen Freiheit lebendig
vermittelt wird -- zeigen sich andre und größere
Resultate von dem Privat- und dem öffentlichen
Leben und von dem Umgange der Völker. An-
statt der in allen drei Rechten allgegenwärtigen,
bloß entscheidenden Wage, anstatt des todten
Friedens, anstatt des bloßen Streit-Abmachens,
anstatt der in allen drei Rechten allenthalben be-
zweckten * -- ein lebendiges, wirkliches Krie-
ges-Resultat, eine wachsende, sichtbare, die gan-
ze große Gemeinschaft durchdringende Idee des
Rechtes, und, durch die unendliche Vermittelung
zwischen der kleinsten und der größten Freiheit,
ein freies göttliches Leben des Ganzen. Wenn
durch ein ganzes Jahrhundert hindurch der Zweck
des Rechtes bloß negativ, oder vielmehr als *,
als Stillstand, als todter Friede gedacht, wenn
nichts Reales, kein wirkliches Lebensgut, allen
Rechtsanstalten zum Ziel ihres Strebens mehr
vorgehalten worden ist: dann darf man sich nicht
wundern, daß, nachdem jede große Macht in
Europa sich jenes *, ihrem Interesse gemäß,
insgeheim construirt hat, nun auch die Theorie

nicht bloß auf der Weltwage des Gleichgewichtes
ohne Ende abgewogen und entſchieden, ſondern
dadurch, daß zwiſchen ihrer gegenſeitigen reich
geſtalteten und koloſſaliſchen Freiheit lebendig
vermittelt wird — zeigen ſich andre und groͤßere
Reſultate von dem Privat- und dem oͤffentlichen
Leben und von dem Umgange der Voͤlker. An-
ſtatt der in allen drei Rechten allgegenwaͤrtigen,
bloß entſcheidenden Wage, anſtatt des todten
Friedens, anſtatt des bloßen Streit-Abmachens,
anſtatt der in allen drei Rechten allenthalben be-
zweckten ○ — ein lebendiges, wirkliches Krie-
ges-Reſultat, eine wachſende, ſichtbare, die gan-
ze große Gemeinſchaft durchdringende Idee des
Rechtes, und, durch die unendliche Vermittelung
zwiſchen der kleinſten und der groͤßten Freiheit,
ein freies goͤttliches Leben des Ganzen. Wenn
durch ein ganzes Jahrhundert hindurch der Zweck
des Rechtes bloß negativ, oder vielmehr als ○,
als Stillſtand, als todter Friede gedacht, wenn
nichts Reales, kein wirkliches Lebensgut, allen
Rechtsanſtalten zum Ziel ihres Strebens mehr
vorgehalten worden iſt: dann darf man ſich nicht
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[291/0325] nicht bloß auf der Weltwage des Gleichgewichtes ohne Ende abgewogen und entſchieden, ſondern dadurch, daß zwiſchen ihrer gegenſeitigen reich geſtalteten und koloſſaliſchen Freiheit lebendig vermittelt wird — zeigen ſich andre und groͤßere Reſultate von dem Privat- und dem oͤffentlichen Leben und von dem Umgange der Voͤlker. An- ſtatt der in allen drei Rechten allgegenwaͤrtigen, bloß entſcheidenden Wage, anſtatt des todten Friedens, anſtatt des bloßen Streit-Abmachens, anſtatt der in allen drei Rechten allenthalben be- zweckten ○ — ein lebendiges, wirkliches Krie- ges-Reſultat, eine wachſende, ſichtbare, die gan- ze große Gemeinſchaft durchdringende Idee des Rechtes, und, durch die unendliche Vermittelung zwiſchen der kleinſten und der groͤßten Freiheit, ein freies goͤttliches Leben des Ganzen. Wenn durch ein ganzes Jahrhundert hindurch der Zweck des Rechtes bloß negativ, oder vielmehr als ○, als Stillſtand, als todter Friede gedacht, wenn nichts Reales, kein wirkliches Lebensgut, allen Rechtsanſtalten zum Ziel ihres Strebens mehr vorgehalten worden iſt: dann darf man ſich nicht wundern, daß, nachdem jede große Macht in Europa ſich jenes ○, ihrem Intereſſe gemaͤß, insgeheim conſtruirt hat, nun auch die Theorie

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/325>, abgerufen am 28.04.2024.