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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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deren Conflict und Balance den Staat und die
Familie ausmacht, sind von der Natur -- im
Staate und in der Familie -- schon wahrhaft
getheilt gegeben. -- Auf der Erkenntniß dieser,
von ewigen, göttlichen Gesetzen angeordneten,
Theilung beruhet alle Wissenschaft der Regierungs-
form; sie ist auch mit der Idee des Staates
verträglich, während alle Theilung der Functio-
nen
von dem Begriffe ausgeht, und die leben-
digen Glieder des Staates selbst in kalte und
todte Begriffe verwandelt.

Einheit soll die Staatsverfassung haben.
Ich habe gezeigt, wie die wahre lebendige Ein-
heit im Staate durch unendliche Opposition der
Freiheit der einzelnen Menschen und Generatio-
nen mit einander begründet, wie sie mächtig und
sowohl zur Entscheidung als zur Vermittelung
fähig wird. Theilung soll jede Staatsver-
fassung haben: ich habe gezeigt, wie durch die
unendliche Theilung des Interesse erst ein allge-
meines und einfaches Interesse möglich wird,
und wie die monarchische Einheit sowohl auf die
regelmäßige und rhythmische Bewegung des Gan-
zen, als auf die kräftige Ausbildung aller ein-
zelnen Freiheit segensreich zurückwirkt. -- Immer
ist es die Hauptaufgabe aller Staatskunst, die
vergangenen Generationen in lebendiger Gegen-

deren Conflict und Balance den Staat und die
Familie ausmacht, ſind von der Natur — im
Staate und in der Familie — ſchon wahrhaft
getheilt gegeben. — Auf der Erkenntniß dieſer,
von ewigen, goͤttlichen Geſetzen angeordneten,
Theilung beruhet alle Wiſſenſchaft der Regierungs-
form; ſie iſt auch mit der Idee des Staates
vertraͤglich, waͤhrend alle Theilung der Functio-
nen
von dem Begriffe ausgeht, und die leben-
digen Glieder des Staates ſelbſt in kalte und
todte Begriffe verwandelt.

Einheit ſoll die Staatsverfaſſung haben.
Ich habe gezeigt, wie die wahre lebendige Ein-
heit im Staate durch unendliche Oppoſition der
Freiheit der einzelnen Menſchen und Generatio-
nen mit einander begruͤndet, wie ſie maͤchtig und
ſowohl zur Entſcheidung als zur Vermittelung
faͤhig wird. Theilung ſoll jede Staatsver-
faſſung haben: ich habe gezeigt, wie durch die
unendliche Theilung des Intereſſe erſt ein allge-
meines und einfaches Intereſſe moͤglich wird,
und wie die monarchiſche Einheit ſowohl auf die
regelmaͤßige und rhythmiſche Bewegung des Gan-
zen, als auf die kraͤftige Ausbildung aller ein-
zelnen Freiheit ſegensreich zuruͤckwirkt. — Immer
iſt es die Hauptaufgabe aller Staatskunſt, die
vergangenen Generationen in lebendiger Gegen-

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[269/0303] deren Conflict und Balance den Staat und die Familie ausmacht, ſind von der Natur — im Staate und in der Familie — ſchon wahrhaft getheilt gegeben. — Auf der Erkenntniß dieſer, von ewigen, goͤttlichen Geſetzen angeordneten, Theilung beruhet alle Wiſſenſchaft der Regierungs- form; ſie iſt auch mit der Idee des Staates vertraͤglich, waͤhrend alle Theilung der Functio- nen von dem Begriffe ausgeht, und die leben- digen Glieder des Staates ſelbſt in kalte und todte Begriffe verwandelt. Einheit ſoll die Staatsverfaſſung haben. Ich habe gezeigt, wie die wahre lebendige Ein- heit im Staate durch unendliche Oppoſition der Freiheit der einzelnen Menſchen und Generatio- nen mit einander begruͤndet, wie ſie maͤchtig und ſowohl zur Entſcheidung als zur Vermittelung faͤhig wird. Theilung ſoll jede Staatsver- faſſung haben: ich habe gezeigt, wie durch die unendliche Theilung des Intereſſe erſt ein allge- meines und einfaches Intereſſe moͤglich wird, und wie die monarchiſche Einheit ſowohl auf die regelmaͤßige und rhythmiſche Bewegung des Gan- zen, als auf die kraͤftige Ausbildung aller ein- zelnen Freiheit ſegensreich zuruͤckwirkt. — Immer iſt es die Hauptaufgabe aller Staatskunſt, die vergangenen Generationen in lebendiger Gegen-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/303>, abgerufen am 28.04.2024.