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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Begriff mehrerer Götter, oder kleiner Provin-
zial-Götzen nicht; eben so wenig, wie sich diese
kleinen Götzen oder Begriffe jemals unter ein-
ander vertragen.

Der uralte Hang des Volkes, welches Mo-
ses zu erziehen hatte, den Göttern seiner Nach-
barn zu vertrauen, ist bekannt. Die Idee eines
einzigen, unsichtbaren Gottes war von je her
von den Gesetzgebern dieses Volkes vor allen
andern in ihrer Reinheit erkannt worden. In
eigenthümlichen National-Ideen, wie bei den
Griechen, konnte sich bei den Juden diese Idee
nicht ausprägen; denn in der Zeit ihrer ersten
Ausbildung lebten sie unter den Aegyptern in
Knechtschaft. Also nur die auf ihre Eigenthüm-
lichkeit nicht passenden, auf ihrem Boden nicht
gewachsenen, National-Ideen (Götter) der Nach-
barn konnten sie begriffsweise und erstarrt bei
sich aufnehmen. Es wurden Götzen daraus;
und diese auszuschließen, war die erste von allen
Forderungen Mosis: denn diese Begriffe, diese
todten Götzen widersprachen ewig der Idee des
einzigen, lebendigen Gottes. -- Dies ist der
leicht zu entziffernde Sinn des Wortes: du
sollst nicht andre Götter haben neben
mir
.

2) Wir wollen nun Das, was wir in der

Müllers Elemente. I. [11]

Begriff mehrerer Goͤtter, oder kleiner Provin-
zial-Goͤtzen nicht; eben ſo wenig, wie ſich dieſe
kleinen Goͤtzen oder Begriffe jemals unter ein-
ander vertragen.

Der uralte Hang des Volkes, welches Mo-
ſes zu erziehen hatte, den Goͤttern ſeiner Nach-
barn zu vertrauen, iſt bekannt. Die Idee eines
einzigen, unſichtbaren Gottes war von je her
von den Geſetzgebern dieſes Volkes vor allen
andern in ihrer Reinheit erkannt worden. In
eigenthuͤmlichen National-Ideen, wie bei den
Griechen, konnte ſich bei den Juden dieſe Idee
nicht auspraͤgen; denn in der Zeit ihrer erſten
Ausbildung lebten ſie unter den Aegyptern in
Knechtſchaft. Alſo nur die auf ihre Eigenthuͤm-
lichkeit nicht paſſenden, auf ihrem Boden nicht
gewachſenen, National-Ideen (Goͤtter) der Nach-
barn konnten ſie begriffsweiſe und erſtarrt bei
ſich aufnehmen. Es wurden Goͤtzen daraus;
und dieſe auszuſchließen, war die erſte von allen
Forderungen Moſis: denn dieſe Begriffe, dieſe
todten Goͤtzen widerſprachen ewig der Idee des
einzigen, lebendigen Gottes. — Dies iſt der
leicht zu entziffernde Sinn des Wortes: du
ſollſt nicht andre Goͤtter haben neben
mir
.

2) Wir wollen nun Das, was wir in der

Müllers Elemente. I. [11]
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[161/0195] Begriff mehrerer Goͤtter, oder kleiner Provin- zial-Goͤtzen nicht; eben ſo wenig, wie ſich dieſe kleinen Goͤtzen oder Begriffe jemals unter ein- ander vertragen. Der uralte Hang des Volkes, welches Mo- ſes zu erziehen hatte, den Goͤttern ſeiner Nach- barn zu vertrauen, iſt bekannt. Die Idee eines einzigen, unſichtbaren Gottes war von je her von den Geſetzgebern dieſes Volkes vor allen andern in ihrer Reinheit erkannt worden. In eigenthuͤmlichen National-Ideen, wie bei den Griechen, konnte ſich bei den Juden dieſe Idee nicht auspraͤgen; denn in der Zeit ihrer erſten Ausbildung lebten ſie unter den Aegyptern in Knechtſchaft. Alſo nur die auf ihre Eigenthuͤm- lichkeit nicht paſſenden, auf ihrem Boden nicht gewachſenen, National-Ideen (Goͤtter) der Nach- barn konnten ſie begriffsweiſe und erſtarrt bei ſich aufnehmen. Es wurden Goͤtzen daraus; und dieſe auszuſchließen, war die erſte von allen Forderungen Moſis: denn dieſe Begriffe, dieſe todten Goͤtzen widerſprachen ewig der Idee des einzigen, lebendigen Gottes. — Dies iſt der leicht zu entziffernde Sinn des Wortes: du ſollſt nicht andre Goͤtter haben neben mir. 2) Wir wollen nun Das, was wir in der Müllers Elemente. I. [11]

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/195>, abgerufen am 23.11.2024.