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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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zwischen diesen die noch höhere Idee des gemein-
schaftlichen Vaterlandes, selbstthätig zu erzeugen.

Angenommen, es gäbe auf der ganzen Erde
nur einen einzigen Staat, so würde dieser ge-
wiß in sich vertrocknen und zu Stein werden.
Denn so wie in dem Bezirk eines bestimmten
Staates, die Grenzlinien zwischen den einzelnen
Administrations-Zweigen oder Departements mö-
gen auch noch so bestimmt und scharf gezogen wer-
den, dennoch bloß deshalb, weil es mehrere Depar-
tements sind, ein unaufhörliches Anziehen und
Abstoßen zwischen diesen, also ein lebendiger Ver-
kehr, eine Bewegung Statt finden muß: so
wird es -- ein einzelner Europäischer Staat
möge auch noch so sehr in sich erstarren -- bloß
dadurch, daß es mehrere Staaten giebt, unmög-
lich, daß der todte Begriff des Rechtes oder des
Nutzens je die Rolle in der Wirklichkeit spielen
könnte, welche die Theorie ihm zuschreibt. --
Jeder Staat wird von Nebenstaaten unaufhör-
lich berührt, gereitzt und erschüttert; kein steifer
Rechtsbegriff, kein trockner Nutzens-Calcul, kann
ihn gegen die Bewegungen der Nachbarstaaten
vertheidigen, die viel weniger aus dem Eigensinn
oder der Anmaßung der Cabinette (wie man es
sich gewöhnlich denkt), als aus der ewigen Natur
der Dinge hervor gehen. Die Natur fordert un-

zwiſchen dieſen die noch hoͤhere Idee des gemein-
ſchaftlichen Vaterlandes, ſelbſtthaͤtig zu erzeugen.

Angenommen, es gaͤbe auf der ganzen Erde
nur einen einzigen Staat, ſo wuͤrde dieſer ge-
wiß in ſich vertrocknen und zu Stein werden.
Denn ſo wie in dem Bezirk eines beſtimmten
Staates, die Grenzlinien zwiſchen den einzelnen
Adminiſtrations-Zweigen oder Departements moͤ-
gen auch noch ſo beſtimmt und ſcharf gezogen wer-
den, dennoch bloß deshalb, weil es mehrere Depar-
tements ſind, ein unaufhoͤrliches Anziehen und
Abſtoßen zwiſchen dieſen, alſo ein lebendiger Ver-
kehr, eine Bewegung Statt finden muß: ſo
wird es — ein einzelner Europaͤiſcher Staat
moͤge auch noch ſo ſehr in ſich erſtarren — bloß
dadurch, daß es mehrere Staaten giebt, unmoͤg-
lich, daß der todte Begriff des Rechtes oder des
Nutzens je die Rolle in der Wirklichkeit ſpielen
koͤnnte, welche die Theorie ihm zuſchreibt. —
Jeder Staat wird von Nebenſtaaten unaufhoͤr-
lich beruͤhrt, gereitzt und erſchuͤttert; kein ſteifer
Rechtsbegriff, kein trockner Nutzens-Calcul, kann
ihn gegen die Bewegungen der Nachbarſtaaten
vertheidigen, die viel weniger aus dem Eigenſinn
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der Dinge hervor gehen. Die Natur fordert un-

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[107/0141] zwiſchen dieſen die noch hoͤhere Idee des gemein- ſchaftlichen Vaterlandes, ſelbſtthaͤtig zu erzeugen. Angenommen, es gaͤbe auf der ganzen Erde nur einen einzigen Staat, ſo wuͤrde dieſer ge- wiß in ſich vertrocknen und zu Stein werden. Denn ſo wie in dem Bezirk eines beſtimmten Staates, die Grenzlinien zwiſchen den einzelnen Adminiſtrations-Zweigen oder Departements moͤ- gen auch noch ſo beſtimmt und ſcharf gezogen wer- den, dennoch bloß deshalb, weil es mehrere Depar- tements ſind, ein unaufhoͤrliches Anziehen und Abſtoßen zwiſchen dieſen, alſo ein lebendiger Ver- kehr, eine Bewegung Statt finden muß: ſo wird es — ein einzelner Europaͤiſcher Staat moͤge auch noch ſo ſehr in ſich erſtarren — bloß dadurch, daß es mehrere Staaten giebt, unmoͤg- lich, daß der todte Begriff des Rechtes oder des Nutzens je die Rolle in der Wirklichkeit ſpielen koͤnnte, welche die Theorie ihm zuſchreibt. — Jeder Staat wird von Nebenſtaaten unaufhoͤr- lich beruͤhrt, gereitzt und erſchuͤttert; kein ſteifer Rechtsbegriff, kein trockner Nutzens-Calcul, kann ihn gegen die Bewegungen der Nachbarſtaaten vertheidigen, die viel weniger aus dem Eigenſinn oder der Anmaßung der Cabinette (wie man es ſich gewoͤhnlich denkt), als aus der ewigen Natur der Dinge hervor gehen. Die Natur fordert un-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/141>, abgerufen am 22.11.2024.