Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.findet man in der Arth der Verehrung nichtes §. 6. Zu denen Pfaffen erwehlen sie eigent- gen
findet man in der Arth der Verehrung nichtes §. 6. Zu denen Pfaffen erwehlen ſie eigent- gen
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findet man in der Arth der Verehrung nichtes
regulieres; Denn gleichwie bey denen Civiliſir-
ten Heydniſchen Voͤlckern gewiſſe Stunden des
Tages/ oder auch wohl gantze Tage denen Ab-
goͤttern zum Dienſte gewidmet waren, ſo rich-
ten hingegen dieſe Leute ihre Andacht nach eige-
nem Intereſſe ein/ wann die Noth es erfordert,
oder die Liebe zum Gewinſt ſie anſpornet/ als-
denn flehen ſie erſt die Goͤtzen an/ um Erhaltung
des Verlangten/ oder auch um Errettung aus
der obhandenen Gefahr; Gleichwohl treiben
auch die Pfaffen das Volck an zum Goͤtzendien-
ſte/ und beſtraffen mit hefftigen Worten ihre
Schlaͤffrigkeit und Unterlaſſung, wozu ſie dieſe
perſuaſion gebrauchen/ als haͤtten ſie von denen
Goͤttern den muͤndlichen Befehl erhalten/ daß
ſie ihre Verehr- und Anruffung fleißiger ver-
richteten, und die erzuͤrneten Goͤtzen mit etwas
Leinwand, Dammaſch und anderen Bekleidun-
gen wieder verſoͤhnen/ oder ein Thier zum Opf-
fer ſchlachten ſolten.
§. 6. Zu denen Pfaffen erwehlen ſie eigent-
lich keine gewiſſe Perſohnen/ ſondern ein jeder
Haußvater oder der Aelteſte von der Familie,
welcher ihm einen Klotz verfertiget/ nahm ihm
ſelber die Muͤhe, vor den Goͤtzendienſt zu ſorgen/
und die gewoͤhnliche Ceremonien zu verrichten:
geſtalt mit dem grauen Alter insgemein die Liebe
zur Heiligkeit und dem Geitze zu wachſen pflegt/
wann die wolluͤſtige Liebe auszutrocknen begin-
net/ im Fall aber dieſer ſolcher Unternehmun-
gen
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Zitationshilfe: | Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/62>, abgerufen am 16.07.2024. |